Einmal Hochzeit und zurück
Und irgendwann kommt dann der Punkt, wo Partys auf einmal nur noch halb so viel Spaß machen, weil alle bloß noch über Immobilienpreise und Au-pair-Mädchen reden. Aber darüber kannst du dir Gedanken machen, wenn es so weit ist.«
»Ja?«, meinte Stanzi zweifelnd.
»Komm«, sagte ich, »gehen wir.«
Und damit öffnete ich das Tor und beinahe gleichzeitig ging die Haustür auf, und wir wurden hineingelassen, und der Qualm, die Hitze und der Krach waren fast schon einladend.
12. Kapitel
Das Erste, was ich beim Reinkommen sah, war ein Pärchen, das sich knutschend gegen die Wand presste. Na ja, anscheinend hätte ich mir in Bezug auf Pünktlichkeit keine Gedanken machen müssen. Überall waren Teenies: Sie hingen übers Geländer und tanzten im Wohnzimmer. Es war lange her, seit ich das letzte Mal hier gewesen war, aber das Haus von Clellands Eltern hatte sich kein bisschen verändert. Da ... o mein Gott, ein Bild von Clelland, das ich gleich wiedererkannte und immer ganz besonders gemocht hatte. Da war er achtzehn und hatte ein quirliges Krabbelkind auf dem Arm. Er guckt mürrisch und leicht verlegen, aber gleichzeitig total happy. Es war komisch zu sehen, wie es da im Rahmen vergilbte: Ich kann mich noch genau an den Tag erinnern, als wir es in der Drogerie abgeholt haben. Das ganze Haus war immer noch voller Krimskrams und Erinnerungsstücke, die wir damals so furchtbar spießig gefunden hatten. Heute dagegen fand ich sie irgendwie tröstlich, und es war schon ziemlich seltsam, sie nach dieser langen Zeit noch mal wiederzusehen.
Stanzi klammerte sich an meinen Mantel, und ich tätschelte ihr beruhigend die Hand. Ein älterer Junge, den ich nicht kannte - obwohl das unter den gegebenen Umständen gar nichts hieß -, kam auf mich zu.
»Hi, Flora. Toll, dass du da bist!«, begrüßte er mich. »Du siehst süß aus.«
Na, na, na! Mein Herz hüpfte einen doppelten Rittberger bei diesem Kompliment. Vielleicht würde der Abend ja doch nur halb so schlimm wie befürchtet.
»Hey!«, riefen ein paar andere Jungs. »Siehst gut aus, chica.«
Ich schenkte ihnen ein strahlendes Lächeln und schlenderte Richtung Küche. Irgendjemand pfiff anerkennend, als wir vorbeigingen.
In der Küche holte Stanzi mich ein.
»Irgendwas stimmt hier nicht«, bemerkte sie misstrauisch, während ich meinen ersten Alkopop zum Mund führte und gegen den Würgereiz ankämpfte, der bei so viel Zucker automatisch einsetzte.
»Wie meinst du das?«, fragte ich. »Wenn man sie erst mal außerhalb der Schule trifft, sind die meisten ganz nett.«
Ein Bauerntrampel von einem Kerl mit etlichen Pickeln im Gesicht kniff mir in den Po.
»Na, na, benimm dich«, tadelte ich kokett.
»Hmm«, machte Stanzi. Sie beugte sich zu mir rüber. »Bist du ganz sicher, dass alles in Ordnung ist?«
»Stell dich nicht so an!«, entgegnete ich. »Sei doch mal locker.«
Und damit nahm ich einen großen Schluck aus meiner Flasche, der diesmal schon viel besser schmeckte. Stanzi ihrerseits guckte mich unverwandt an.
Vielleicht war es ja, weil ich die letzten beiden Wochen eigentlich nonstop Stress gehabt hatte, vielleicht auch, weil die Welt für mich in sehr naher Zukunft untergehen würde, vielleicht, weil ich jung, verrückt und naiv war und mir so was erlauben konnte, vielleicht auch, weil ich es einfach satt hatte, immer das Mauerblümchen zu sein. Ich kann nicht genau sagen, woran es lag. Aber ich habe getrunken und getanzt und geflirtet und habe mit allen geredet und war laut und habe Justin zugewunken, der leicht verlegen zurückwinkte, und ich beschloss, ganz einfach meinen Spaß zu haben. Es konnte ihm ja wohl kaum peinlich sein, dass er uns eingeladen hatte, wo wir doch der quicklebendige Mittelpunkt seiner Party waren. Na ja, ich zumindest. Stanzi verlor ich immer wieder aus den Augen, vor allem deshalb, weil ich sie jedes Mal, wenn sie zu mir kam und den durchaus vernünftigen Vorschlag machte, wir sollten uns mal ein bisschen hinsetzen, einfach wegwedelte wie eine lästige Fliege.
Die letzte Party, auf der ich und Olly zusammen gewesen waren, war eine Dinnerparty. Zwei seiner Freunde hatten gerade ein Baby bekommen und haben total damit angegeben, als sei das eine ungeheuer beachtliche Leistung ihrerseits, und wären vor Stolz beinahe geplatzt. Dauernd sind sie aufgestanden und haben den Babysitter angerufen und, heiliger Himmel, Milch abgepumpt . Warum muss man den Leuten das denn auch noch unter die Nase reiben? Die Party war der totale
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