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Einmal Paradies und zurück

Einmal Paradies und zurück

Titel: Einmal Paradies und zurück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Carroll
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Nierenversagen liegt, kann man nur verwundert den Kopf schütteln. Aber Gegensätze ziehen sich bekanntlich an.
    Jedenfalls ist Robbie so etwas wie Pauls rechte Hand und mit Rose verheiratet, die Kate gern »das Dorngestrüpp« nennt, weil sie schrecklich kratzbürstig sein kann. Aber mehr davon später.
    Mit einem tiefen, nervenberuhigenden Luftholen lenkt Kate ihren Flitzer durch das Tor und auf den Kiesweg, holt ihr Handy heraus und ruft Paul an. Aber der Anruf landet sofort auf seiner Mailbox, und sie hinterlässt ihm eine kurze Nachricht, dass sie – Überraschung! – hier ist und er sie bitte möglichst bald anrufen soll. Nervös trommelt sie mit den Fingern aufs Lenkrad, und sie tut mir ein bisschen leid, denn jetzt ist klar, dass sie das Dorngestrüpp und ihre Brut allein begrüßen muss. Ehe sie Zeit hat, sich innerlich entsprechend zu wappnen, wird sie auch schon von einem ihrer Neffen entdeckt, einem Jungen von etwa sechs oder sieben Jahren. (Fragt mich bitte nicht, welcher Neffe es ist – bei den Familientreffen sind immer so viele Kinder, dass ich mir wünsche, sie würden Namensschildchen tragen.) Besagter Junge läuft zur Fahrertür, hämmert dagegen und will wissen, ob Kate Süßigkeiten mitgebracht hat.
    »Oh, hi!«, sagt Kate ein bisschen zu aufgekratzt und lässt das Autofenster herunter. »Äh, tut mir leid, aber ich hatte keine Zeit, was für euch zu kaufen … äh … Sean …«
    »Ich bin nicht Sean, ich bin Jack«, verbessert der Kleine sie empört. In diesem Moment erscheint auch schon, das Geschirrtuch in der Hand, das Dorngestrüpp an der Haustür, um nachzuschauen, wem der schicke Flitzer gehört, der da in ihrer Auffahrt parkt.
    »Es ist Tante Katie aus Dublin«, ruft Jack ihr zu. »Und sie hat überhaupt nichts mitgebracht. Nicht mal Chips.«
    Himmel, die arme Kate. Fünf Minuten später ist sie in der Küche, umringt von ungefähr acht Nichten und Neffen sowie allen drei Schwägerinnen. Eine stillt gerade ihr Baby, die andere ist im achten Monat schwanger und schreit durchs Fenster ständig einen Jungen namens Tommy an, er soll seinen Zwillingsbruder gefälligst nicht ärgern. Kate sieht völlig verloren aus, und obwohl sie sich redlich bemüht, kein Spielverderber zu sein und sich einzufügen, wollen ihre Schwägerinnen nichts davon wissen. Ich finde, es sieht aus, als hätten sie schon vor langer Zeit beschlossen, dass Kate eine eingebildete Stadtpflanze ist, die sich nur vor ihnen wichtig machen will. Und dieses Etikett wird Kate nun nicht mehr los. Was so absurd und unfair ist, dass ich schreien könnte.
    Okay. Eigentlich müsste das Gespräch so verlaufen:
    Kate: »Hi, Rose, du siehst aber gut aus! Hi, Melissa, hi Sue! Meine Güte, die Kinder sind aber groß geworden, seit wir uns das letzte Mal gesehen haben.«
    Rose: »Schön, dich zu sehen, Kate, nett dass du vorbeischaust. Du siehst super aus. Ist das ein neuer Mantel?«
    Kate: »Ich freu mich auch. Der Mantel ist von Marks & Spencer, spottbillig, ich bin nur schnell reingeschlüpft …«
    Rose: »Wir essen gerade eine Kleinigkeit, weil die Kinder nach der Schule immer so hungrig sind. Hast du Lust auf eine Tasse Tee und ein Schinkensandwich?«
    Kate: »Gern, das ist sehr lieb von dir. Bitte lass mich helfen, ich wische der Kleinen hier als Erstes mal die Matschbanane aus den Haaren.«
    Rose: »Wunderbar. Wenn du auch noch das Kabel von der Satellitenschüssel rausziehen könntest, damit der Krach im Fernsehzimmer aufhört, wäre ich dir auch sehr dankbar.« (
lacht
)
    Kate (
lacht mit
): »Hahaha. Ist mein Mann eigentlich zufällig in der Nähe?«
    Rose: »Der ist mit meinem Mann auf Auftragssuche. Die beiden schuften wie verrückt, damit wir Ladys unseren Lebensstandard halten können.« (
lacht wieder
)
    Kate: »Ja, so stimmen die Prioritäten, was? Ist es nicht super, dass wir hier gemütlich um den Tisch sitzen können, die ganze Schwägerinnenclique, und uns so gut verstehen?«
    Rose: »Da hast du wirklich recht. Ich spreche im Namen der ganzen Familie – wir freuen uns immer sehr, dich zu sehen, Kate, und wir wünschen uns, ihr würdet auch hier wohnen. Das würde bestimmt Spaß machen …«
    Und so weiter.
     
    Aber leider hört das Gespräch sich eher folgendermaßen an:
     
    Kate (nervös): »Äh … hi, ihr alle!«
    Rose, Melissa und Sue (
ohne dass eine von ihren richtig von der kreischenden Brut aufblickt
): »Hallo!«
    Rose (
taxiert Kate von oben bis unten
): »Neuer Mantel?«
    Kate (
verlegen
):

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