Einmal Paradies und zurück
fünfundzwanzigmal erfolglos versucht hast, Tim anzurufen, du alter Angsthase.«
»Ach so … äh … das.«
»Hab ich dich jemals enttäuscht? Seit du von mir träumst, hab ich dich da jemals falsch informiert?«
»Äh … na ja … nein … aber …«
»Was sollen dann die ganzen Scheinanrufe? Ehrlich, du verbringst dein halbes Leben damit, dich darüber zu beklagen, dass du Single bist, aber wenn ich dir dann eine richtig gute Chance präsentiere, stellst du dich an wie eine Zwölfjährige.«
»Besuchst du mich deshalb? Werden meine Träume jetzt so eine Art Kommandozentrale, bis ich ihn anrufe?«
»Äh … ja, so könnte man es ausdrücken.«
»Weil ich nämlich allmählich Angst kriege vor dem Einschlafen. Ich komme mir vor wie in
Nightmare on Elm Street
.«
»Es ist alles nur zu deinem Besten, weißt du.«
»Du hättest sehen sollen, wie ich gestern Abend Tims Mutter angerufen habe. Ich musste mir zwei große Gläser Wein reinkippen.«
»Ja, und es ärgert mich auch, dass ich das verpasst habe. Ich hätte zu gern dein Gesicht gesehen, als du rausgefunden hast, dass das, was ich dir schon die ganze Zeit in deinen Sturkopf hämmern wollte, tatsächlich stimmt, und dass Tim wirklich wieder allein ist. Aber gestern Abend war ich bei Kate, und hinter das Geheimnis, wie man gleichzeitig an zwei Orten sein kann, bin ich leider noch nicht gekommen.«
»Außerdem«, beharrt Fiona, »außerdem ist das Beste, was ich mir von Tim erhoffe, dass wir wieder Freunde werden. Ich meine, es ist Jahre her, dass wir zusammen waren. Deshalb finde ich es auch etwas vorschnell anzunehmen, dass er sagt: ›Oh, schön, so unerwartet von dir zu hören, Fiona, ich war ein Depp, als ich Selbstbräuner-Ayesha geheiratet habe, ich möchte dich zurück und von nun an glücklich und zufrieden mit dir zusammenleben.‹«
»Wie willst du das beurteilen können, ohne ihn anzurufen? Bist du vielleicht seit neuestem unter die Hellseher gegangen?«
Aber statt beim Thema zu bleiben, fängt sie an, mir vorzuspielen, wie sie sich das Gespräch vorstellt.
»›Oh, Fiona Wilson?‹«, beginnt sie in Tims Rolle. »›Ja, ich erinnere mich an dich, Exliebe meines Lebens. Und jetzt, wo sich herumgesprochen hat, dass ich mich getrennt habe, stürzt du dich gleich auf meine Mum und versuchst mich zu kontaktieren … sag mal, Fiona, ist die Lage für Singlefrauen in Dublin wirklich so hoffnungslos, dass uralte Exfreunde wieder auf die Speisekarte gesetzt werden? Hältst du uns für Prinz Charles und Camilla?‹«
»Ich verstehe ja, dass du nervös bist«, beschwichtige ich sie. »Du hast ihn dir einmal durch die Lappen gehen lassen, das kann noch als Pech durchgehen, aber ein zweites Mal wäre schlicht Fahrlässigkeit.«
»Das ist nicht fair! Was ist mit dem Tierarzttypen? Er hat mich zum Essen eingeladen!«
»Der Mann, der dich versetzt hat? Glaubst du vielleicht, der hat ein Problem damit, dich ein zweites Mal hängenzulassen? Wenn du dich mit dem verabredest, bist du ein noch größerer Idiot, als ich befürchtet habe. Denk an meine Worte, er wird dich wieder im Restaurant warten lassen, weil irgendwo in Carlow ein Kätzchen pupst und er ihm unbedingt das Pfötchen halten muss.«
»Was soll das eigentlich … macht es dir irgendwie Spaß, mich zu schikanieren?«
»Nein, das war ein ganz unerwartetes Extra. Aber jetzt nimm meine Hand, wir haben was zu erledigen.«
Inzwischen hat sie sich daran gewöhnt, denn sie folgt meiner Aufforderung, ohne dass ich sie dazu zwingen muss, und weg sind wir.
Sie öffnet die Augen … und merkt, dass wir wieder genau dort sind, wo wir am Anfang waren, in ihrem Haus, aber diesmal im Wohnzimmer. Allerdings hat es sich grundlegend verändert. Statt einen frischen, neuen, ikeamäßigen Eindruck zu machen, sieht es jetzt unbestreitbar schäbig aus, sogar mit feuchten Stellen an den Wänden. Nicht dass ich auf diesen Entwurf sonderlich stolz bin, aber es geht leider nicht anders. In der Ecke neben dem Kamin steht der traurigste Weihnachtsbaum, den die Welt je gesehen hat, behangen mit vergilbtem Schmuck. Der Fernseher läuft, Fiona sitzt auf dem Sofa, vor ihr steht eine offene Pralinenschachtel.
Dann entdeckt sie, was sie anhat. Okay, okay, vielleicht hab ich da auch ein bisschen übertrieben, aber wisst ihr, manchmal müssen wir Engel eben auch klotzen. Fiona trägt eine Omajacke, in der man sich eigentlich nur zum Marmeladeeinkochen bei den Irischen Landfrauen sehen lassen dürfte, dazu einen
Weitere Kostenlose Bücher