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Einmal rund ums Glück

Einmal rund ums Glück

Titel: Einmal rund ums Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paige Toon
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einen Schluck Kaffee.
    »Worum geht’s?«, fragt Nonna. Ich berichte ihr von Luis’ Versprechen, sich den Bart abzurasieren, und sie steht auf und eilt entschlossen aus dem Zimmer. Luis und ich schauen ihr neugierig nach. Eine Minute später kehrt sie mit einem kleinen Täschchen zurück und reicht es Luis. Er öffnet es und holt einen altmodischen Rasierer und einen Pinsel heraus.
    »Von Carlo«, erklärt mir Nonna. »Das gehörte meinem Mann«, sagt sie zu Luis.
    »Ähm, danke sehr«, erwidert er, nimmt die Rasierklinge in die Hand und untersucht sie. »Ich … ähm, ich weiß gar nicht genau, ob ich so was benutzen kann. Normalerweise nehme ich nämlich einen elektrischen Rasierer«, rechtfertigt er sich gegenüber Nonna. Ich übersetze.
    »Geben Sie mal!«, fordert sie ihn auf, und Luis tut, wie ihm geheißen. »Ich mache das für Sie.«
    »Was,
jetzt
?«, fragt er besorgt.
    »Ja, jetzt«, antwortet Nonna, steht auf und weist in Richtung Bad. »Zeit für einen Neuanfang. Du wartest hier!«, sagt sie zu mir. »Ist zu eng da. Kommen Sie!« Sie hält Luis die Hand hin, der sie zögernd nimmt und ihr folgt. Über die Schulter wirft er mir einen ängstlichen Blick zu. Ich unterdrücke ein Grinsen. Zehn Minuten später präsentiert Nonna mir einen glatt rasierten Luis.
    »Wow!«, staune ich, als er sich scherzhaft das Gesicht reibt. »Ohne Schnitte?«
    »Nicht ein einziger.« Zufrieden setzt er sich wieder aufs Sofa. »Danke«, sagt er zu Nonna.
    »Gern geschehen«, erwidert sie ironisch auf Englisch.
    Luis seufzt. »Ich denke, ich fahre jetzt besser.«
    »Wohin? Wo will er hin?«, fragt mich Nonna auf Italienisch.
    »Ich muss zurück nach Mailand«, erklärt Luis, und ich übersetze.
    »Bei diesem Wetter kann er nicht fahren. Nein. Er schläft hier auf dem Sofa«, bestimmt Nonna, und ich habe das Gefühl, ein Déjà-vu zu haben.
    »Nein, ehrlich, das geht schon«, versichert ihr Luis und will sich erheben.
    »Auf gar keinen Fall!«, beharrt sie. »Das Gewitter ist zu gefährlich.« Ein lautes Donnern unterstreicht ihre Behauptung im richtigen Moment.
    »Ich bin Rennfahrer«, grinst Luis. »Ich bin das gewöhnt.«
    »Sag ihm, er soll aufhören zu lachen«, schimpft Nonna. Böse funkelt sie Luis an. »Mein Mann ist auf diesen Straßen ums Leben gekommen!«
    Durch zusammengekniffene Augen sehe ich meine Großmutter an. Luis wird schamesrot. »Das tut mir furchtbar leid.«
    »Ich hole das Bettzeug.« Mit diesen Worten eilt sie davon.
    »Tut mir leid«, sage ich zu Luis. »Aber du kannst genauso gut hier schlafen und morgen früh fahren.«
    »Kommst du mit mir zurück nach Mailand?«, fragt er hoffnungsvoll.
    »Nein«, entgegne ich. »Ich möchte gerne ein bisschen bei meiner Nonna bleiben. Aber ich komme zurück. Versprochen.«
    Er lässt sich aufs Sofa sinken, und Nonna kehrt mit Laken und Decken ins Zimmer zurück.
    »Leg sie einfach da hin, Nonna, ich mach das schon«, sage ich.
    »Gut. Ich höre mir jetzt meine Radiosendung an«, erwidert sie. »Gute Nacht«, ruft sie uns im Weggehen zu.
    »Ich gehe auch gleich ins Bett«, sage ich und denke traurig an meinen Abend mit Will in diesem Häuschen.
    »Gut«, sagt Luis. Er hilft mir beim Bettenmachen und schlüpft dann unter die Decke.
    »Klasse, dass du unter die ersten drei gekommen bist«, sage ich in der Tür.
    »Danke, Zuckerschnecke.«
    Früh am nächsten Morgen bricht er auf, doch nicht ohne von Nonna überredet zu werden, bei ihr zu frühstücken. Das Gewitter ist weitergezogen, allerdings ist es noch bedeckt. Wir stehen in der Tür und winken ihm nach, und Luis biegt mit seinem Mietwagen von der Zufahrt auf die Hauptstraße. Zum Abschied drückt er auf die Hupe.
    Ich folge Nonna ins Haus, immer noch baff, dass Luis diese ganze Strecke für mich zurückgelegt hat. Wir sitzen am Küchentisch, und ich trinke meinen Kaffee.
    »Den mochte ich«, sagt Nonna nach einer Weile.
    »Luis?«
    »Ja.«
    »Mehr als Will?«, kann ich mir nicht verkneifen zu fragen.
    »Nicht mehr. Sie sind sehr verschieden. Der mag dich.«
    »Will mochte mich?«
    »Nein, dieser hier. Luis. Er mag dich.«
    Ich lache verächtlich. »Nee, der nicht.«
    Scharfsinnig beäugt sie mich über den Rand ihrer Kaffeetasse hinweg. »Doch, und ob.«
    Eine Weile sage ich nichts, dann fällt mir etwas ein.
    »Nonna …?«
    »Ja?«
    »Ich dachte, Nonno hätte einen Herzinfarkt gehabt.«
    Sie zuckt mit den Schultern. »Hatte er auch.«
    »Aber du hast Will und Luis erzählt, er wär auf der Straße

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