Einmal rund ums Glück
irgendwas mit ihm anfängst.«
Holly atmet tief durch und kaut an ihrem Daumennagel. »Schon gut, Mama. Was willst du anziehen?«, fragt sie nach einer Weile.
»Keinen blassen Schimmer. Ist anscheinend mit Abendgarderobe.«
»Guck mal in dem Laden unten in der Lobby nach. Als ich gestern dort auf dich gewartet habe, hingen da ein paar tolle Kleider.«
Als ich um halb sieben zurück ins Hotel komme, bin ich seltsam aufgeregt. Kurz werfe ich einen Blick in den von Holly erwähnten Laden, bevor ich nach oben gehe. Dort hängen wirklich wunderschöne Roben, doch ein kurzer Blick auf ein Preisschild sagt mir, dass ich die zehn Millionen meines Vaters anbrechen müsste, um mir hier auch nur eine einzelne Rüsche leisten zu können. Ich gehe auf mein Zimmer. Während ich mir die Haare mache und mich schminke, zerbreche ich mir den Kopf darüber, was ich anziehen könnte. Gerade überlege ich, ob ich vielleicht lieber einen Rückzieher mache, als es an der Tür klopft. Auf dem Flur steht der Concierge des Hotels.
»Guten Abend, Madam. Ich habe eine Sendung für Sie.«
Er reicht mir einen Karton, den ich verwirrt entgegennehme. Ich bedanke mich und schließe die Tür, dann lege ich den Karton aufs Bett und öffne ihn.
Ich ziehe den Inhalt heraus und halte die Luft an: ein bodenlanges Kleid breitet sich aus, besetzt mit schimmernden Goldperlen. Ein Zettel liegt dabei:
Nur für den Fall, dass Du nicht weißt, was Du anziehen sollst … Luis
Luis hat mir ein Kleid gekauft? Das ist ja wie im Film. Ich müsste lachen, wenn ich nicht so baff wäre.
Das kann ich auf gar keinen Fall annehmen. Es hat bestimmt ein Vermögen gekostet. Nein. Das ist zu viel. Was hat er sich dabei gedacht?
Aber … Es ist wunderschön. Ob ich es einfach mal anprobiere?
Es passt wie angegossen, umschmeichelt meine Figur und macht ein tolles Dekolleté. Ich stelle mich vor den Spiegel neben der Tür und betrachte mich. Mein Gott, das sieht umwerfend aus. Ich habe noch nie etwas so Wundervolles besessen, nicht mal damals, als ich im Penthouse meines Vaters wohnte.
Wieder klopft es an der Tür. Geistesabwesend öffne ich.
»Wow!«, sagt Luis mit großen Augen. Er trägt einen Smoking, die schwarze Krawatte hängt lässig um seinen Hals. Verflucht, er sieht echt heiß aus! »Ich hätte nie im Leben gedacht, dass du es anziehst«, sagt er.
»Ich … ähm … ich wollte auch nicht«, stammel ich und trete zurück, um ihn hereinzulassen. »Ich habe es nur anprobiert.«
»Du siehst einfach …« Er schüttelt den Kopf, findet keine Worte.
»Danke.« Ich erröte und lege die Hände auf die Wangen. »Ich bin noch nicht fertig.«
»Für mich siehst du perfekt aus.«
»Ich hab mir noch gar nicht das Haar gemacht und so.« Es fällt mir lang auf die Schultern.
»Lass es so.«
Ich komme wieder zu Verstand. »Entschuldigung, Luis, aber das kann ich nicht annehmen.«
»Sei nicht albern«, bügelt er mich ab.
»Nein, das geht nicht. Tut mir leid. Warte so lange draußen, dann ziehe ich mich um.«
»Ich bleibe hier. Wenn ich gehe, dann nur mit dir. Jetzt.«
»Hör auf, mich zu drängen«, fahre ich ihn an. »Ich muss mich umziehen.«
»Du ziehst dich nicht um. Ich kann das Kleid nicht mehr zurückbringen, ok? Kein Umtausch möglich, haben die gesagt. Du gehst jetzt mit mir zu diesem Wohltätigkeitsball. Und du lässt dieses Kleid an!«
»Nein.«
»Doch.«
»Nein!«
» DOCH !« Er nimmt meine Hand und zieht mich zur Tür. Widerwillig lasse ich mich mitschleifen. Na ja, wenn der Umtausch ausgeschlossen ist …
»Warte! Ich brauche meine Handtasche.«
Luis seufzt, und ich reiße mich los und laufe noch mal ins Zimmer, um sie zu holen. »Gut. Ich bin so weit.«
»Dem Himmel sei Dank!«, murmelt er, als wir Richtung Aufzug gehen.
»Was hast du eigentlich damit gemeint, als du gesagt hast, du hättest nie gedacht, dass ich es anziehe?«, frage ich am Fahrstuhl, wo Luis auf den Knopf drückt. »Und wenn du wusstest, dass du es nicht umtauschen kannst, war es dann nicht ein ziemlich großes Risiko?«
Luis wartet, bis die Tür aufgeht und wir hineintreten. Dann sagt er: »Ich gehe gerne Risiken ein.«
Die Wohltätigkeitsveranstaltung findet in einem nahe gelegenen Fünf-Sterne-Hotel statt. Hunderte von Kerzen flackern in der Dunkelheit, beleuchten die Bonsaibäume und den kunstvollen japanischen Garten, als wir dort vorfahren. Männer in Smoking und Frauen in Abendkleidern steigen vor uns die Stufen empor in die schimmernde Hotellobby.
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