Einmal rund ums Glück
vor mir sehen kann.
Kapitel 11
»Nonna!«
»La mia stellina! Vieni qui amore, che ti vuole abbracciare la Nonna!«
Das heißt: Mein kleiner Stern! Komm her, mein Liebling, damit die Oma dich umarmen kann! Sie spricht nicht viel Englisch, meine Oma, aber ich spreche fließend Italienisch, so dass wir uns immer in ihrer Sprache unterhalten. Keine Sorge, von jetzt an werde ich übersetzen.
»Lass dich ansehen! Gut siehst du aus, aber ach, so dünn!« Entsetzt kneift sie mir in die Wangen und will meine Haut zwischen den Fingern langziehen.
»Aua!« Ich klopfe ihr auf die Hand, und sie nimmt mich in die Arme und drückt mich fest. Ich muss mich zu ihr hinunterbeugen, weil sie nur ein Meter fünfzig groß ist, ich hingegen fast eins fünfundsiebzig.
»Wir müssen dich aufpäppeln. Die Pastasauce ist schon fertig!« Sie schiebt mich in ihre kleine Küche, wo es in einem Topf auf ihrem altmodischen Herd blubbert.
»Was rieche ich denn da?«
»Kaninchen.«
Hmm. Dachte ich mir schon. Bin kein großer Fan von Kaninchen.
»Lecker!«, bringe ich heraus. Nonna muss das ja nicht erfahren …
»Was hast du so gemacht, meine kleine Maus? Was macht die Arbeit?«
Wir sitzen am Tisch und trinken Kaffee, und ich berichte von meinem Job bei der Formel 1 . Es ist kalt in ihrem Häuschen aus dicken Steinmauern, aber draußen ist es mild, selbst hier in den Bergen.
Nonna wohnt in einem alten Steinhaus, das sich abseits der Hauptstraße in den Hang drückt. Im Garten hat sie ein Gemüsebeet, und auf einer kleinen, angrenzenden Wiese hält sie Ziegen und Hühner, doch das allerbeste an ihrem Haus ist die Aussicht: an einem klaren Tag kann man meilenweit blicken. Am liebsten sitze ich hier auf der Terrasse auf Nonnas Steinbank, blicke in die baumbedeckten Berge und trinke dazu ein Glas
acqua alla menta
– Minzwasser.
Doch ich habe einen langen Tag hinter mir, und der morgige wird noch länger werden, deshalb bringt mich Nonna nach dem Essen in mein Zimmer, eine kleine Kammer mit einem schmalen Bett unter dem Fenster und einem schlichten Holzschrank an der Wand gegenüber. Schnell mache ich mich bettfertig, denn die Kälte zieht überall hinein, dann schlüpfe ich unter die dicke Bettdecke mit Nonnas buntem selbstgenähten Quilt darüber, den ich noch von meinem allerersten Aufenthalt hier kenne. Bei Nonna fühle ich mich mehr zu Hause als irgendwo sonst auf der Welt, und auch wenn mich der Gedanke vorübergehend traurig macht, schlafe ich schließlich friedlich ein.
Am nächsten Tag bin ich im großen Zelt und bereite den Tee für die Filmcrew vor, als mich jemand von hinten anstupst. Ich drehe mich um, und Will steht vor mir.
»Hi! Wie geht’s?«, frage ich. Er sieht wieder ganz anders aus. Nicht besser, nicht schlechter, einfach nur anders.
»Gut.« Er lächelt. Er trägt eine dunkle Jeans und ein gelbes T-Shirt mit einem Aufdruck im Surferstil.
»Wurde schon was gedreht?«, frage ich.
Will dreht heute zusammen mit Luis einen Werbefilm für eine Ölgesellschaft. Sie müssen so tun, als würden sie sich gegenseitig auf den kurvigen Bergstraßen in schnellen Sportwagen jagen.
»Noch nicht«, erwidert er. »Bis jetzt haben sie nur Haare und Make-up gemacht.« Er wirft einen Blick zum Himmel. Ich sehe Will genauer an.
»Was ist?«, fragt er.
»Haben sie dir Make-up aufgetragen?«
»Ja, leider. Warum?«
»Da ist ein kleiner Fleck, direkt unter deinem Auge.« Ich beuge mich vor und wische ihn weg.
»Danke.« Befangen reibt er über die Stelle, wo ich ihn berührt habe. Luis schaut links von mir mit erhobener Augenbraue herüber und geht dann zu einem der Trailer. Als ich mich zu Will umdrehe, starrt Luis düster hinterher.
»Ist alles in Ordnung?«, frage ich vorsichtig.
»Ja klar«, versichert er mir.
»Auch mit Luis und dir?«
»Im Moment gibt er ein bisschen das Arschloch.«
»Ist ja nichts Neues.«
Will schmunzelt und schüttelt den Kopf. »Nee.«
»Ist er immer noch sauer, weil du das letzte Rennen gewonnen hast?«, frage ich. »Ich dachte, ihr Jungs würdet so etwas schnell vergessen?«
Will zuckt mit den Achseln und wischt einen Flusen von seinem nackten Arm. Dann sieht er mich grinsend an. »Hast du mir meine neugierigen Fragen von neulich vergeben?«
Ich lächle. »Ja. Aber du weißt schon, dass ich mich dafür revanchieren werde, oder?«
»Ich freu mich schon drauf.« Seine blauen Augen blicken in meine grünen, und das Herz in meiner Brust schlägt schneller.
»Will, wir sind startklar!«, ruft
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