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Einmal rund ums Glück

Einmal rund ums Glück

Titel: Einmal rund ums Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paige Toon
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Trauernden, die versuche der Lesung zu folgen. »Das verstehe ich nicht«, sage ich.
    »Vielleicht aus beruflichen Gründen«, flüstert Luis. »Ist sein Bruder nicht irgend so ein bekannter Banker?« Eine Frau vor uns rutscht auf ihrem Platz herum und schüttelt den Kopf.
    »Was ist mit seiner Schwester?«
    »Nobel-Anwältin.«
    »Würden Sie bitte leise sein?!«
, zischt die Frau vor uns und dreht sich wieder um. Empört starre ich auf ihren Hinterkopf. Wieder bin ich im Körper eines anderen Menschen. Sie kann mir nicht weh tun. Niemand kann mir weh tun.
    Gebete, Lesungen … Was soll ich heute Abend essen? Es kommt mir vor, als hätte ich seit Tagen nicht gegessen. Ich habe wirklich seit Tagen nichts gegessen! Eine Frau geht nach vorn. Wer ist das jetzt schon wieder?, frage ich mich gleichgültig. Dann dreht sie sich um, und obwohl ihr Gesicht halb von einem schwarzen Schleier bedeckt ist, weiß ich sofort, dass es sich um Laura handelt.
    »Ich kenne – Entschuldigung: Ich kannte William fast mein ganzes Leben lang …«
    Hat sie ihn William genannt?
    »… und er war der netteste, liebste, treueste Mann, den man sich vorstellen kann …«
    Meine Fingernägel graben sich in meine Hände. Ob ich mich blutig kratzen kann?
    »Ich habe den Rennsport gehasst. Immer schon. Und William wusste das. Deshalb hat er mir verziehen, dass ich bei so vielen Rennen fehlte. Aber für ihn war es alles. Er liebte das Rennfahren von ganzem Herzen, aus tiefster Seele, und ich liebte ihn. Ich liebe ihn noch immer. Ich werde ihn immer lieben.«
    Ihre Stimme bricht. Sie senkt den Kopf, und ihr Körper wird von lautlosem Schluchzen erschüttert.
    »Entschuldigung«, sagt sie mit brüchiger Stimme. »Er ist bei dem gestorben, was er am meisten liebte …« Sie schafft es nicht, den Satz zu beenden, sondern bricht schluchzend zusammen, so dass Wills Bruder zum Altar tritt und Laura hinunterführt. In der Kirche hallt das Weinen der Trauernden wider.
    Was habe ich hier zu suchen? Ich bin hier fehl am Platz. Ich halte es nicht mehr aus. Ich springe auf und stürze aus der Kirche. Mir ist egal, dass die Türen hinter mir zuschlagen. Ich laufe den Kiesweg hinunter zum Tor.
    »Daisy!«
    Luis packt mich am Arm, damit ich stehenbleibe. Er dreht mich zu sich um.
    »Nein, nein, nein!«, schreie ich. » NEIN !« Meine Knie geben nach, und ich breche zusammen, als Luis versucht, mich festzuhalten.
    »Was hast du zu ihm gesagt?«, weine ich. »Was hast du vor dem Rennen zu ihm gesagt?«
    »Daisy, das ist jetzt nicht –«
    »Sag es mir!« Ich klammer mich an seine Arme und wehre mich gleichzeitig dagegen, von ihm festgehalten zu werden. »Los, sag es mir!«
    Luis wirkt erschöpft. »Es war nicht meine Schuld! Ich wollte ihn nicht aufregen!«
    Ich sehe ihn an und atme tief durch, immer wieder. Als ich schließlich spreche, ist meine Stimme absolut ruhig. »Was – hast – du – gesagt?«
    »Ich war sauer auf ihn. Wegen der Art und Weise, wie er dich behandelt.«
    »Weiter!«
    »Ich war sauer, weil er Laura nichts von dir gesagt hatte.«
    »Warum?«, schnauze ich ihn an. »Ich war damit einverstanden!«
    »Wirklich?« Er sieht mir in die Augen.
    »Was hast du noch gesagt? Was genau hast du gesagt?«
    »Ich habe gesagt … dass ich fände, er sei ein … ein Schwein.«
    »Wie konntest du nur!«
Ich habe das Gefühl, als würde in meinem Kopf etwas platzen. Gleißender weißer Zorn erfüllt jede Pore meines Körpers. » DU HAST IHN UMGEBRACHT !«, schreie ich. » DU WARST DAS ! ES WAR DEINE SCHULD !« Es ist, als hätte ich ein außerkörperliche Erfahrung. Ich fange an, nach Luis zu schlagen, trommel auf seine Brust und seine Arme ein.
    »Hör auf!«, ruft er und versucht mich zu beruhigen.
    » LASS MICH IN RUHE !«, schreie ich und gehe rückwärts. » ICH WILL DICH NIE WIEDER SEHEN !«
    Dann renne ich davon. Ich weiß nicht, warum ich laufe, aber ich kann einfach nicht anders. Schmale Schaufensterscheiben huschen an mir vorbei, während ich durch enge Straßen haste, vorbei an Gebäuden aus Sandstein. Ich überquere eine Brücke und nehme aus den Augenwinkeln die Kahnfahrer auf dem Fluss unter mir wahr. So verlasse ich das Stadtzentrum und gelange auf den grünen Park eines der postkartenschönen Colleges. Erschöpft bleibe ich bei einer riesigen Eiche stehen und lasse mich zu Boden sinken. Und dann weine ich. Ich weine, bis ich das Gefühl habe, keine Tränen mehr in mir zu haben.
    »Ist alles in Ordnung, Miss?«
    Ich schaue auf und sehe

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