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Einmal rund ums Glück

Einmal rund ums Glück

Titel: Einmal rund ums Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paige Toon
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meine Mutter, anders als Julia Roberts, ihn nicht zu einem besseren Menschen gemacht hat.
    Ich weiß nicht, ob die beiden je glücklich gewesen sind, aber sie ist an seiner Seite geblieben, in Armut wie in Reichtum.
    Was rede ich da für einen Blödsinn? Natürlich nur in Reichtum.
    In meiner Kindheit hatte ich alles, was ich wollte – so würden es die meisten Menschen jedenfalls sehen. Nur dass ich nie etwas anderes wollte als eine liberale, glückliche Familie, aber davon waren wir so weit entfernt, dass ich jeden Abend mit einem eisigen Gefühl ins Bett ging, trotz der teuren Gänsedaunendecken und der Fußbodenheizung. So viel Geld mein Vater auch hatte, er machte nie mit uns einen Familienurlaub, wir fuhren nie nach Italien, um meine Großeltern zu besuchen. Ich sah sie alle paar Jahre, wenn sie nach England oder in die Staaten reisten, doch in erster Linie hatte ich nur Kontakt zu ihnen über Briefe und gelegentliche Anrufe. Als ich elf war, verbrachte ich die Sommerferien bei ihnen in den Bergen und erfuhr zum ersten Mal, wie es ist, in einem glücklichen Haus zu leben.
    Nach dieser Reise hasste ich meine Eltern nur noch mehr. Doch sosehr ich mich auch bemühte, ich konnte ihnen nicht entkommen. Ich hatte immer das Gefühl, mein Vater würde mich verachten, und ich sah nicht ein, warum er mich nicht auf ein College gehen ließ, das so weit fort wie möglich war – am anderen Ende Amerikas oder sogar im Ausland. Nein, ich musste Jura in New York studieren. Ohne eigenes Geld hatte ich das Gefühl, ihm gehorchen zu müssen. Natürlich hätte ich eine Wahl gehabt, doch inzwischen glaube ich, dass ich ihn tief in mir einfach nur zufriedenstellen wollte, damit er mich liebte.
    Ich machte einen guten Abschluss, und als eine Art Belohnung eröffnete mein Vater ein Bankkonto auf meinen Namen und überwies zehn Millionen Dollar darauf. Ich weiß nicht, warum, aber das beschleunigte meine Trennung von der Familie nur noch. Ich packte meine Koffer und ging nach Los Angeles. Vielleicht lag es an meinem Nachnamen, vielleicht an meinem Juraexamen, jedenfalls bekam ich über eine Agentur einen Job vermittelt und landete bei Johnny Jefferson. Der Rest ist bekannt.
    Was das Geld meines Vaters angeht, davon habe ich nicht einen Cent ausgegeben.
    Ich sage meiner Mutter, ich müsse mich ausruhen, und gehe auf die vage Hoffnung hin, mein Koffer könne noch am Eingang stehen, dort vorbei. Natürlich ist er nicht mehr da. Ganz im Gegenteil: als ich mein Zimmer betrete, sind die Schubladen bereits mit meinen Kleidungsstücken gefüllt, säuberlich gefaltet, und die Utensilien aus meinem Kosmetikkoffer stehen ordentlich aufgereiht in den Regalen im Badezimmer.
    Früher fand ich es toll, wenn unsere Angestellten meine Sachen auspackten, jetzt kann ich es nicht mehr leiden. Ich habe mich zu sehr an ein Leben ohne »Hilfen« gewöhnt, und mir gefällt die Vorstellung nicht, dass irgendjemand – bezahlt oder unbezahlt – in meinen Sachen herumwühlt. Aber ich kann nichts daran ändern. So ist es hier halt. Im Moment ist das mein Leben. Ich bin zurückgekommen, deshalb muss ich mich einfach damit abfinden.
    Ich gehe ins Bett, eine Kingsize-Wiese mit einem gewaltigen gepolsterten Kopfteil. Ich lege mich hin, drehe mich auf die Seite und schaue aus dem gegenüberliegenden Fenster auf die New Yorker Hochhäuser.
    Ich muss eingenickt sein, denn als ich aufwache, glitzert die Stadt vor Lichtern. Stöhnend berge ich den Kopf in den Händen. Ich habe furchtbare Kopfschmerzen, taumle ins Badezimmer, suche das Ibuprofen. Ich nehme zwei Tabletten und trinke das Wasser direkt aus dem Hahn, bevor mir einfällt, dass auf dem massiv silbernen Tablett daneben Kristallgläser stehen. Ach, egal. Ich betrachte mich im Spiegel. Wie ich aussehe: abgezehrt, müde, riesengroße Ränder unter den Augen. Schnell knipse ich das Badezimmerlicht aus und verlasse mein Zimmer.
    Die Beleuchtung der Wohnung ist überwältigend. Auf jeden meiner Schritte fällt Halogenlicht. Aus der Ferne höre ich das Geräusch von Messer und Gabeln auf Tellern. Ich sehe auf die Uhr. Es ist neun Uhr. Wahrscheinlich isst mein Vater jetzt erst zu Abend.
    Ich schiebe die Tür zum Esszimmer auf. Meine Mutter und mein Vater sitzen schweigend da, so wie sie es gewohnt sind, jeder an einem Ende des Esstisches für vierzehn Personen. So was hat man schon zigmal im Film gesehen, aber wer hätte geglaubt, dass es so was wirklich gibt?
    Als mein Vater aufschaut und mich in der Tür

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