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Einmal scheint die Sonne wieder

Einmal scheint die Sonne wieder

Titel: Einmal scheint die Sonne wieder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Betty McDonald
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Bett-Bad war schließlich sogar noch unzulänglicher, als ich erwartet hatte, denn die kleine Schwester war so neu und so ängstlich, daß sie mit dem Waschlappen nur reibende Bewegungen in Richtung meines Körpers machte und nicht ein einziges Mal den Mut aufbrachte, mich anzurühren. Nachdem sie mich nicht gewaschen hatte, betupfte sie mich zaghaft mit einem Handtuch, und ich bestreute mich mit ungeheuren Mengen von Nelken-Körperpuder und machte mein Haar naß, bis ich wie ein Seehund aussah.
    Als ich warm und vergnügt ins Bett zurückkam, wartete die Oberschwester mit einem Rollstuhl auf mich und fegte mit mir den Flur entlang zu einer Halsuntersuchung. Der Halsarzt, ein alter, unangenehmer Mann, steckte mir seine Lampe so tief in den Hals, daß ich schon dachte, er hätte sie fallen lassen. Er fragte mich, ob ich heiser gewesen sei. „Etwas,“ antwortete ich. Er schob die Lampe noch tiefer nach unten und behauptete: „Sie haben kranke Mandeln.“ Mittlerweile war er so weit an meinen Mandeln vorbei, als hätte er eine Magenpumpe benutzt, um Kopfschorf festzustellen. Ich erzählte ihm, daß mir die Mandeln heraus genommen worden seien; aber er grunzte nur, schrieb etwas auf eine Karteikarte und fragte mich, ob ich eine Brille trüge. Ich sagte ihm, wenn ich läse, trüge ich eine, und er entgegnete: „Datum der letzten Augenuntersuchung?“ – „Vor einem Monat.“ Er schrieb auf die Karte, schob mich beiseite und zwängte seine Lampe in den nächsten Patienten hinunter. Als die Oberschwester mich an der Tür von Sylvia und Maries Zelle vorbeischob, lächelte ich und winkte. Sie lasen beide, sahen aber auf, als wir vorbeiknarrten. Durch einen Blick gaben sie mir zu verstehen, daß sie mich erkannten; aber mehr wagten sie nicht.
    Als Charlie kam, um die Betten fürs Mittagessen hochzustellen, bestellte er, daß Evalee mich grüßen ließe. „Eine ist hier, die bleibt nicht mehr lange,“ sagte er, und ich: „Meinen Sie, daß sie entlassen wird?“ – „Ich meine, daß die Niggers nicht ’nen bißchen Widerstand gegen Tb haben.“ – „Seien Sie nicht so entmutigend, und nennen Sie Evalee nicht einen Nigger.“ – „Ich hab schon ’ne Menge Niggers hier draußen sterben sehen. Die haben nicht ’nen bißchen Widerstand gegen Tb.“ Eileen schaltete sich ein: „Ich würd nie im Leben mit ’nem Nigger baden. Nigger stinken.“ Charlie bestätigte: „Und ob!“ Ich hätte am liebsten geantwortet: „Fassen Sie sich mal an die eigene Nase,“ denn Charlies Körpergeruch zog ihm wie eine Fanfare voraus und folgte ihm wie ein Echo. Statt dessen sagte ich: „Zu behaupten, daß alle Nigger stinken, ist genau so lächerlich, als wenn man sagt, daß schwarze Katzen Unglück bringen.“ Eileen sagte: „Reden Sie, was Sie wollen, Nigger stinken.“ Und Kimi: „In Japan finden die Leute, daß die Weißen riechen.“ Eileen glaubte ihren Ohren nicht zu trauen: „Sie meinen, daß die Japse anders riechen als die Weißen?“ Kimi erklärte: „Wir sind der Ansicht, daß wir Japaner überhaupt nicht riechen.“ Da kamen die Schwestern mit den Tabletts fürs Mittagessen.
    Am Freitag wurde nach den Ruhestunden eine neue Patientin hereingerollt. Sie war vierundzwanzig Jahre alt, sehr dünn, sehr blond, sehr südlich und hieß Minna Harrison Walker. Sie hatte große, etwas vorstehende blaßblaue Augen, helle Wimpern, und wenn sie sprach, dann blinzelte sie. Als die Schwester sie ins Bett packte und ihr riet, sich schön an die Vorschriften zu halten, lächelte sie zu ihr auf: „Ich sag’s ja, Miß Swanson, so ’n süßes Ding wie Sie ist mir noch nie begegnet. Ich bin ja soo frooh, daß ich hiär bin. Ich ahrmes kleines Etwas wär doch bestimmt gestorben, wenn der nette Dokta mich nicht hier reingeholt hätte.“
    Eileen sah zu Kimi und mir hinüber und faßte sich an die Nase. Miß Swanson flüsterte mit Minna. Die sagte: „Natürlich sollen Sie ja keinen Ärger kriegen, Sie süüßes kleines Dingelchen, aber ich hab eben so scheußliches Bauchweh, und eine Wärmflasche wär gerad das richtige.“ Sie bekam sie.
    Als die Oberschwester an dem Abend durch die Zimmer ging, bat Minna: „Entschuldigen Sie, aber auf der Liste da hat doch keine Bettlampe gestanden, und hiär in der Ecke ist es soo duhster und soo eihnsam. Ich hab schon an mein süßes Dickerchen geschrieben, daß er mir eine Lampe bringen soll, aber die kann doch erst am nächsten Besuchstag hiär sein. Ich fühl mich soo verlassen, glauben Sie

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