Einmal scheint die Sonne wieder
sagte: „Herrgott, Betty, Sie sind ein Luder! Also, was wollen Sie machen, stricken, häkeln, Schiffchenarbeiten, sticken? Suchen Sie sich Ihr Gift selbst aus, Mädel!“
Sie packte ihren Koffer aus und breitete auf meiner Decke Vorlagen aus. Ein rundes Kissen aus changiertem grünem Garn, das zu Knoten verstickt und dann aufgeschnitten war, so daß man an ein Meer von alten Petersilienstengeln dachte; einen gehäkelten, wollenen Sofaschoner mit wellenförmigen Streifen in Türkis, das einem in den Augen brannte, und Magenta-Rot, das einem den Atem benahm; einen grauen, handgestrickten, ärmellosen Männerpullover mit riesigen Armlöchern, großen Beuteltaschen und einem V-förmigen Ausschnitt, der so klein war, daß man nicht mal einen Tennisball hätte durchzwängen können; gehäkelte Dessertservietten, Tischtücher und Läufer, alle aus dunkler, ungebleichter Baumwolle; einen prächtigen, weißen, sehr großen Spitzenkragen in Schiffchenarbeit; viele gehäkelte Beutel; zwei gehäkelte Krawatten, eine aus kastanienbrauner Baumwolle, eine aus schwarzer Seide; gehäkelte Topflappen in Form von Töpfen, Kesseln, Tassen und Schweinen; eine weiße, aus Schnur gestrickte Gemüsetasche; geflochtene Gürtel aus naturfarbener Schnur; eine khakifarbene gehäkelte Einkaufstasche mit grünen geflochtenen Henkeln und einen Strauß von wuchernden, unförmigen eingeweidefarbigen Garnblumen, „für den Mantelaufschlag“, wie Coranell erklärte, wobei sie ihn versuchsweise gegen ihren kastanienbraunen Tweedmantel hielt, auf dem die Blumen bleich die Köpfe hängen ließen.
Das Ganze sah aus wie die aus den Schreibtischschubfächern einer einsamen Jungfer ausgegrabene Sammlung und brachte mich fast zu Tränen, denn ich hatte gedacht, daß Beschäftigungstherapie nützliche Arbeit bedeute. Etwas, worin ich mir eine Fertigkeit erwerben konnte, während ich im Bett lag, und womit ich Anne, Joan und mich ernähren konnte, wenn ich aus dem Fichtenhain heraus und solange ich noch nicht kräftig genug für meinen Beruf war. Wenn ich lernte, alle die Dinge herzustellen, die da auf meinem Bett ausgebreitet waren, würde damit höchstens erreicht werden, daß ich als triefäugige alte Dame im Vorderzimmer meines kleinen, nach Kohl riechenden Häuschens in einem ärmlichen Viertel der Stadt meinen eigenen Geschenkartikel- und Andenkenladen betrieb.
Ich fragte Coranell, was die Männer als Beschäftigungstherapie bekämen, denn ich hoffte, daß man ihnen etwas gäbe, das auch ich machen konnte, das ein bißchen sinnvoller und ein wenig zeitgemäßer war als Garnkissen oder Schulterkragen in Schiffchenarbeit. Coranell sagte: „Ach, die Kerls machen die gleiche Arbeit wie die Mädels, außer daß die meisten gar nichts tun. Stricken finden sie weibisch, häkeln wollen sie nicht lernen, sie behaupten, daß die geknüpften Gürtel da nicht zu gebrauchen sind, und sticken wollen sie natürlich auch nicht. Ein paar machen kleine Lederarbeiten, einer oder zwei stricken, aber die meisten liegen bloß da.“
Das war eine höchst deprimierende Schilderung, und ich legte schweigend ein Gelübde ab, daß ich, sobald ich aus dem Fichtenhain herauskam, eine weltweite Bewegung zur Verbesserung der Beschäftigungstherapie bei den Bettlägerigen gründen wollte. Leider habe ich das Gelübde nicht gehalten, und anscheinend hat sich auch niemand anders dazu aufgerufen gefühlt, denn neulich erkundigte ich mich bei einer Frau, deren unglücklicher junger Mann in einem Tuberkulosesanatorium ist, nach der Beschäftigungstherapie und hörte die bekannte, alte Geschichte. Sie erzählte, daß in der Station ihres Mannes ein paar Männer strickten, einer häkelte, einer oder zwei Lederarbeiten machten, zwei oder drei kleine Anstecknadeln aus Röntgenfilmen herstellten. Der Rest „läge bloß da“.
Coranell sagte mir, es hätte gar keine Eile mit dem Aussuchen einer Arbeit, ich hätte massenhaft Zeit, haha, und sie würde morgen wiederkommen. Mit diesen Worten sammelte sie alle die scheußlichen Muster für Beschäftigungstherapie zusammen, stopfte sie in ihre umfangreiche Segeltuchtasche und verschwand. Ich lag im Bett und schnaubte. Ich wollte keines von diesen nutzlosen Dingen machen. Einen gestrickten Gemüsebeutel aus weißer Schnur, das fehlte noch! Ich hatte Handarbeiten nie gemocht. Ich sah nicht den geringsten Sinn darin und wollte auch nicht umlernen. Ich wollte mit meiner Beschäftigungstherapie-Zeit etwas Vernünftiges anfangen. Ich wollte
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