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Eins, zwei, drei und du bist frei

Eins, zwei, drei und du bist frei

Titel: Eins, zwei, drei und du bist frei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janet Evanovich
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sechs Jahren ist sie mehr oder weniger glücklich verheiratet mit Leonard Stankovic, von Stankovic und Söhne, Sanitär und Heizungsbau. Sie hat zwei Kinder, Schulden auf ihrem Haus und einen Halbtagsjob als Buchhalterin bei einem Oldsmobile-Händler.
    Ich hielt mich nicht mit irgendwelchen Formalitäten auf und klopfte nicht an ihre Tür. Ich spazierte einfach ins Haus und stand, von einem Fuß auf den anderen tretend und die Arme um meinen Körper schlingend, in ihrem Wohnzimmer und sagte: »Z-z-z-ziemlich k-k-k-kalt d-d-d-draußen.«
    Mary kroch auf allen vieren und sammelte kleine Plastikautos und Figuren ein, die wie Hydranten aussahen. »Wie wär’s, wenn du dir mal einen Mantel zulegst?«
    »Ich war bei meinen Eltern, und auf einmal kreuzt Morelli auf. Ich mußte mich durch den Hinterausgang davonstehlen.«
    »Du glaubst doch nicht, daß ich dir das abnehme«, sagte Mary Lou. »Wenn du von Morelli kämest, würden dir noch ein paar mehr Kleidungsstücke fehlen als nur der Mantel.«
    »Ich meine es ernst. Ich habe Angst, daß er mich verhaftet.«
    Mary Lous zweijähriger Sohn Mickey kam aus der Küche angewatschelt und klammerte sich wie ein Hündchen an Mary Lous Bein.
    Aus gewisser Entfernung fand ich Kinder ganz niedlich, aber wie sie aus der Nähe rochen, dafür konnte ich mich nicht begeistern. Wenn es die eigenen sind, sieht man das vermutlich anders.
    »Dann hör damit auf, Männer zu erschießen«, sagte Mary Lou. »Wenn man so viele Männer erschießt, muß sich ja die Polizei irgendwann gereizt fühlen.«
    »Ich habe diesen Mann gestern nicht erschossen. Jedenfalls mußte ich mich aus dem Haus schleichen, und deswegen habe ich meinen Mantel und alles andere dagelassen.«
    Lenny und der Vierjährige hockten vor dem Fernseher und sahen sich die Wiederholung irgendeiner Serie an. Lenny war eigentlich ganz in Ordnung, bloß irgendwie schlichten Gemüts. Mary Lou hatte schon immer auf diese Sorte gestanden, Muskelkraft der Geisteskraft vorgezogen. Lenny war nicht zurückgeblieben, das nicht, aber in die Fußstapfen eines Linus Pauling würde er wohl nicht treten.
    Mary Lou warf die Hydrantenfiguren in einen Wäschekorb, der schon randvoll mit Spielsachen war, und der Zweijährige ließ zuerst einen Schluchzer hören und fing dann richtig an zu heulen, preßte die Hände dabei zusammen, öffnete sie wieder und streckte sie nach wer weiß was oder wem aus, Mary Lou wahrscheinlich. Vielleicht auch nach seinen Spielsachen, die über Nacht weggeräumt wurden. Er brüllte mit weit aufgerissenem Mund, zugekniffenen Augen, und zwischen den Heulern schrie er: »Nein, nein, nein!«
    Mary Lou holte ein Plätzchen aus ihrer Tasche und gab es Mickey.
    Mickey stopfte sich das Plätzchen in den Mund und flennte weiter, kaute und fuhr sich mit den feisten Patschhänden durchs Gesicht. Matschige Plätzchenreste vermischten sich mit Tränen, und Rotz gelangte in Haare und Gesicht, bräunlicher Sabber floß die Wangen hinunter und tropfte aufs Hemd.
    Mary Lou sah Mickey mit dem vielsagenden ›Ah ja, verstehe‹-Blick an und erklärte: »Mickey ist müde.«
    Wie gesagt, aus der Ferne fand ich Kinder ganz niedlich, aber sie sind einfach kein Ersatz für Hamster.
    »Ich müßte mal zu Hause anrufen. Darf ich?« sagte ich zu Mary Lou.
    Sie wischte die Sauerei mit einem Blusenzipfel ab. »Mach nur.«
    Ich ging in die Küche zum Telefonieren. Ich mußte mir alle Mühe geben, bei dem Krach in Mary Lous Wohnzimmer etwas zu verstehen. »Ist Morelli noch da?« fragte ich meine Mutter.
    »Er ist gerade gegangen.«
    »Bestimmt? Er lungert auch nicht mehr irgendwo draußen herum?«
    »Ich habe gehört, wie er mit seinem Wagen weggefahren ist.«
    Ich lieh mir ein Sweatshirt von Mary Lou aus und lief zurück zum Haus meiner Eltern. Ich durchquerte den Garten und rannte die Einfahrt hinunter, um einen Blick auf die Straße zu werfen. Die Straße war leer, keine Spur von Morelli. Ich ging denselben Weg zurück und betrat das Haus durch die Küchentür.
    »Na?« sagte meine Mutter. »Was ist los?«
    »Mir würde nicht im Traum einfallen, so einen Prachtkerl wie Joe Morelli sitzenzulassen«, sagte Grandma. »Ich wüßte mich schon zu vergnügen mit so einem Mann.«
    Ich wüßte mich auch zu vergnügen mit ihm, aber wahrscheinlich war es strafbar, Bullen zu kastrieren. »Du hast ihm doch hoffentlich nichts von dem Gewürzkuchen mitgegeben, oder?« fragte ich meine Mutter.
    Meine Mutter reckte das Kinn einen Zentimeter vor. »Ich habe ihm das

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