Eins, zwei, drei und du bist frei
nutzen.«
Lula hielt ihr Portemonnaie schon in der Hand. »Genau das habe ich auch gerade gedacht.«
Ich blieb im Wagen sitzen und schaute durchs Fenster zu, wie Lula ein Dutzend Doughnuts auswählte.
Sie übergab mir die Schachtel mit den Doughnuts und den Kaffeebechern und nahm wieder Platz hinterm Steuer. Ich nahm mir einen mit Rahmfüllung, biß hinein und mampfte. Lula tat das gleiche und schob sofort einen zweiten hinterher.
»Hast du Jackie mal wiedergesehen?« fragte ich sie. »Macht sie noch die Entzugstherapie?«
»Sie geht regelmäßig zur Klinik. Das Problem ist nur – man kann jemanden zur Therapie schicken, aber man kann ihn nicht zwingen, sie auch ernst zu nehmen. Jackie hat nicht genug Selbstvertrauen, um die Therapie ernst zu nehmen.«
»Vielleicht ändert sich das ja noch.«
»Das hoffe ich sehr. Ich hatte Glück, weil ich von Geburt an mit einer positiven Persönlichkeit ausgestattet bin. Ich lasse mich nicht unterkriegen, auch wenn die Dinge mal nicht so rosig sind. Ich setze immer gleich Himmel und Hölle in Bewegung. Dann entfalte ich so eine Hektik um mich herum und rede so viel Scheiße zusammen, daß ich gar keine Zeit mehr fürs Ängstlichsein habe. Jackie ist nicht mit dieser positiven Persönlichkeit auf die Welt gekommen. Jackie ist eher negativ eingestellt. Sie frißt alles in sich rein.«
»Nicht immer«, sagte ich. »Als sie zum Beispiel Cameron Crown Löcher in den Bauch schoß, war sie ziemlich außer sich.«
Lula schaute in die Doughnutschachtel und visierte bereits ihren dritten an. »Ja. Das hat ihr Spaß gemacht. Ich weiß, daß es nicht richtig war, was sie dem Toten angetan hat, aber ich muß gestehen, es hat mir gefallen, wie sie Cameron zum Tanzen gebracht hat. Sie muß lernen, ihr Leben in die eigene Hand zu nehmen.
Jackie und ich, wir beide haben ziemlich viel Prügel im Leben bezogen. So ist das nun mal, wenn man keinen Daddy hat und deine Mutter sich die Birne mit Crack zudröhnt. Ständig kommen und gehen irgendwelche Onkel und nehmen ihr Zeug und werden high. Und wenn sie high sind, schlagen sie zu.
Das Ärgerliche ist nur, daß Jackie sich immer noch von anderen Leuten herumschubsen läßt. Sie kapiert nicht, daß sie das verhindern kann. Ich versuche ihr das beizubringen. Ich sage ihr immer, sie soll mich angucken. Ich habe Selbstvertrauen. Ich will etwas aus meinem Leben machen. Ich gehe vielleicht eines Tages sogar noch aufs College.«
»Warum nicht? Viele Leute drücken noch mal die Schulbank.«
»Genau«, sagte Lula.
Ich trank meinen Kaffee und sah aus dem regenverschleierten Fenster. Autos fuhren vorbei – abstrakte Bewegungen, verschwommene Bilder und verschmiertes Rot vom Aufleuchten der Hecklampen.
Aus der Tiefgarage gegenüber kam ein Auto. Es war eine beige Limousine, auf dessen Dach ein langes, dunkles Bündel festgezurrt war. Ich kurbelte mein Fenster herunter, um besser sehen zu können. Ein Teppich, dachte ich. Aufgerollt und in eine Plastikplane gewickelt.
Der Fahrer streckte eine Hand nach oben, um zu prüfen, ob seine Fracht auch gesichert war. Die Tür ging auf, und der Fahrer stieg aus, um sie besser zu befestigen.
Plötzlich rutschte ich auf meinem Sitz nach vorn. »Sieh mal das Auto da drüben mit dem Teppich auf dem Dach!« schrie ich und packte Lula dabei am Ärmel.
»Meinst du das Auto vor der Tiefgarage?« Sie schaltete die Scheibenwischer ein und beugte sich vor, um besser sehen zu können. »Ach du liebe Scheiße! Schwanznase persönlich!«
Lula sprang aus dem Wagen und rannte über die Straße, zu Mo hinüber. Sie hielt einen angebissenen Doughnut »Bostoner Creme« in der Hand, der Regen pladderte auf sie hernieder, und sie brüllte: »Stehenbleiben! Im Namen des Gesetzes, stehenbleiben!«
Mo fiel die Kinnlade herunter. Eine Mischung aus Unglauben und Schrecken zeichnete sich auf seinem Gesicht ab. Er klappte den Mund zu, sprang in seinen Wagen und raste mit quietschenden Reifen davon.
»Komm her!« rief ich Lula zu. »Er haut ab!«
Lula gab die Verfolgung auf und kam zurück zum Firebird. »Hast du das gesehen? Er hat einfach nicht auf mich gehört! Ich hätte gleich auf ihn schießen sollen! Ich hätte dem alten Trottel eine Kugel verpassen sollen.«
Gar nicht so leicht, wenn man gleichzeitig einen Doughnut verdrückt.
Sie warf den Gang ein, trat das Gaspedal durch und schoß wie eine Rakete hinter Mo her – bei Rot über die Ampel.
»Ich kann ihn sehen!« rief sie und schlug dabei mit dem Handballen aufs
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