Eins, zwei, drei und du bist frei
einen längeren Umweg in Kauf nehmen wollte, als mit Elliot hinten im Kofferraum durch die Innenstadt zu gondeln. Als wir die Hamilton Avenue erreichten, war es dunkel und wolkenverhangen, und die Straßenlampen waren eingeschaltet.
Eddie Gazarra wohnte in einem Bungalow am Rand von Burg. Das Haus war in den 60er Jahren erbaut worden, roter Backstein und weiße Aluminiumverkleidung, handtuchschmaler Garten, Jägerzaun. Bugs, das Kaninchen, hatte man aus dem Haus verbannt; nachdem es das Fernsehkabel angenagt hatte, fristete das Tierchen sein Dasein draußen in einer Holzhütte.
Lula blieb vor dem Haus stehen, und wir sahen schweigend hinüber zu den dunklen Fenstern.
»Sieht nicht so aus, als wäre jemand da«, stellte Lula fest.
Ich pflichtete ihr bei, aber ich ging trotzdem zur Tür. Ich klingelte und wartete eine Weile. Ich stiefelte durch die Azaleen und schaute unter vorgehaltener Hand durchs Wohnzimmerfenster. Es war keiner da.
Gus Balog, Eddies Nachbar, steckte den Kopf durch die Haustür. »Was machen Sie da? Sind Sie das, Stephanie Plum?«
»Ja. Ich suche Eddie.«
»Der ist nicht da. Der hat seine Familie zum Essen in die neue Hähnchenbraterei eingeladen. Ist das Ihr Auto, das rote?«
»Es gehört einer Kollegin.«
»Was ragt denn da aus dem Kofferraum heraus? Sieht aus wie Beine.«
»Ist nur eine Kleiderpuppe. So eine aus dem Kaufhaus.«
»Sieht mir gar nicht nach einer Puppe aus«, sagte Gus. »Sieht aus wie ein Toter. Ich habe gehört, Sie sind hinter Mo her. Das sind doch nicht Mos Beine, oder?«
Ich kam aus den Azaleenbüschen hervor und trat den Rückzug zum Wagen an. »Nein, nein. Das sind nicht Mos Beine.« Ich sprang in den Wagen und knallte die Tür zu. »Wird Zeit, daß wir die Biege machen«, sagte ich zu Lula.
Lula fuhr ziellos durch die Gegend. »Was jetzt?« fragte sie.
»Ich denke gerade scharf darüber nach.« Mir fiel nur eine andere Person ein, die mir aus meinem Dilemma helfen konnte. Joe Morelli. Nicht gerade jemand, dem ich in meinem gegenwärtigen ungepflegten Zustand vor die Augen treten wollte. Auch nicht jemand, dem ich schon wieder einen Gefallen schuldig sein wollte. Und schon gar nicht jemand, dem ich zutraute, daß er meine Person den Kollegen von der Trentoner Polizei vorzog.
»Ich friere. Ich bin naß bis auf die Knochen. Und meinen Durchfall kann ich auch nicht länger halten«, sagte Lula. »Jetzt entscheide dich mal, sonst gibt’s einen Riesenstunk hier im Auto.«
Morelli war vor kurzem aus seiner Wohnung in ein Reihenhaus in der Slater Street gezogen. Ich kannte die Umstände nicht genauer, aber der Umzug schien mir untypisch für Morelli. Seine alte Wohnung war spärlich möbliert gewesen, gemütlich, aber zweckmäßig. Sie verlangte minimale Pflege. Ein ganzes Haus wirkte irgendwie zu bürgerlich für Morelli. Wer würde es sauber halten? Und was war mit den Gardinen? Wer würde die Gardinen aussuchen?
»Fahr in die Chambers und bieg an der Slater links ab«, sagte ich.
Die Slater Street lag etwas über einen halben Kilometer außerhalb der Stadtgrenze von Burg. Es war ein ethnisch gemischtes Viertel, mit bescheidenen Häuschen und Leuten, die sich abrackerten, um ihren Lebensstandard zu halten.
Mir fiel die Nummer nicht mehr ein, aber ich würde das Haus auf jeden Fall wiedererkennen. Vor vier Wochen war ich meiner brennenden Neugier nachgegangen und vorbeigefahren, um es mir einmal anzusehen. Das Haus stand in der Mitte der Reihe und war mit braunen Schindeln verkleidet, es war zweigeschossig und hatte vorne eine kleine Veranda aus Beton. Das Heim eines Bastlers.
Wir fuhren auf der Slater noch zwei Straßen weiter, bis ich ein Stück vor uns, am Straßenrand, Morellis Wagen parken sah. Mein Magen zuckte nervös, und ich ging noch einmal hektisch alle Alternativen durch.
»Was soll dieses komische Winseln?« fragte Lula.
»Ich gehe noch mal die Alternativen durch.«
»Und?«
»Wir haben keine.«
Lula ließ den Wagen im Leerlauf ausrollen und stieß sanft an Morellis Stoßstange. »Sieht aus wie ein Bullenauto, riecht wie ein Bullenauto…«
»Joe Morelli.«
»Wohnt der hier?«
»Ja«, sagte ich. »Nun halt schon an. Es dauert nur eine Minute.«
Ich sah Lichter im Erdgeschoß, nach hinten raus, wahrscheinlich von der Küche. Ich klopfte an die Tür und wartete. Ich fragte mich, was für ein Empfang mir wohl bevorstand und betete, Morelli möge allein sein. Wenn eine Frau bei ihm war, konnte ich meine Koffer packen.
Ich hörte Schritte auf
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