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Einsame Klasse.

Einsame Klasse.

Titel: Einsame Klasse. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond Chandler , Robert B. Parker
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machen.
    «Vielleicht können Sie mir helfen», sagte ich.
    Sie sah nicht auf. «Nicht, solange Sie mir nicht Ihren Strafzettel geben.»
    Ich schob ihr ein Papier über den Tresen zu. Darauf stand die Nummer von Les Valentines’
    Strafzettel aus L.A.
    «Können Sie mir sagen, wo dieses Vergehen passiert ist?» fragte ich.
    «Falls Sie eine Beschwerde vorzubringen haben oder Widerspruch einlegen möchten, gehen Sie bitte hinter das Geländer und warten dort auf den für die Anhörung zuständigen Beamten.»
    «Ich will mich nicht beschweren», sagte ich. «Ich versuche die Adresse herauszufinden, an der dieser Strafzettel ausgestellt wurde. Ich versuche, einen Vermissten zu finden.»
    In der Schlange hinter mir begannen die Leute ärgerlich zu murmeln.
    Die Frau sah zu mir auf. Sie hatte kleine Augen und eine kleine Hakennase, genau wie ein Huhn.
    «Wollen Sie einen Strafzettel bezahlen oder nicht?» fragte sie. «Da warten noch mehr Leute.»
    «Na prima», sagte ich. «Zwei Möglichkeiten? Ich habe die Wahl?»
    «Wollen Sie mir etwa komisch kommen, Freundchen?»
    «Himmel, nein! Das wäre Zeitverschwendung.»
    Ich wandte mich ab und schob mich durch die Menge nach draußen. In einer Ecke neben der Eingangstür stand eine Reihe von Telefonkabinen. Ich betrat eine, warf eine Münze ein und rief die Strafzettelabteilung des Ordnungsamtes an. Eine ältliche, weibliche Stimme war am Apparat.
    «Jaa», sagte ich. «Hier spricht Marlowe, Büro des Sheriffs in Encino. Ich brauche eine Information über einen Strafzettel.»
    «Wir sind beschäftigt», erwiderte die ältliche Stimme. «Fordern Sie es auf dem Dienstweg an.»
    «Hör mal, Schwester», knurrte ich, «glaubst du, du redest hier mit irgendeinem Arschkeks aus Fresno? Das hier ist dienstlich, also beweg dein breitestes Körperteil und besorg mir die Adresse.»
    Am anderen Ende der Leitung war ein kurzes Japsen zu hören. Dann sagte die Stimme: «Welche Nummer hat der Vorgang?»
    Ich las ihr die Strafzettelnummer vor und sagte: «Hopp, hopp, Schwester. Ich hab nicht den ganzen Tag Zeit.»
    Für einige Minuten war die Leitung tot, dann war sie wieder dran, jetzt sehr distanziert. «Der Verstoß wurde vor dem Haus Western Road 1254 aufgenommen. Allerdings muss ich sagen, dass ich für Ihr Benehmen kein Verständnis aufbringe.»
    Ich sagte: «Warum erzählst du das nicht deinen Parkuhren, Schwester», und hängte ein.
    Western Avenue 1254 lag auf der Westseite des Häuserblocks zwischen dem Hollywood und dem Sunset Boulevard, genau neben einem Tortilla-Imbiss. Es war eines dieser dreistöckigen Häuser, die man direkt nach dem Krieg gebaut hatte, bevor irgendjemand ahnen konnte, dass Hollywood sich in ein schäbiges Nest verwandeln würde, und alle noch dachten, sie seien die Vorreiter moderner Architektur. Das Haus war eckig und voller Fenster, die eine Wäsche gebrauchen konnten. Die Verblendung bestand aus großen Quadraten aus einer Art aufgerautem Aluminium, so dass das Haus wirkte wie eine hässliche Frühstücksdose, die schon bessere Zeiten gesehen hatte. Im Erdgeschoß befand sich hinter einer dicken Glasscheibe ein Büro, das Immobilien und Versicherungen anbot. Ein alter Mann, der der Bruder der Dame im Strafzettelamt hätte sein können, saß mit hochgekrempelten Ärmeln über ein altmodisches Hauptbuch gebeugt. Eine Rothaarige, die vielleicht in zehn Jahren wie die Schwester der Strafzetteldame aussehen würde, saß an ihrem Schreibtisch und lackierte sich die Nägel.
    Die Eingangshalle lag links von dem Immobilienbüro, und das Treppenhaus führte an der linken Seite nach oben. Es gab keinen Fahrstuhl. An der neben dem Immobilienbüro gelegenen Wand hing ein Verzeichnis, eins dieser schwarzen Filzdinger mit Schlitzen, in die man weiße Buchstaben hineinschiebt. Die darüberliegende Scheibe war von Fliegen verdreckt und fleckig von jahrealtem Rauch. Es war kein Les Valentine aufgeführt. Von den zehn Mietern in den drei Stockwerken war nur einer Fotograf. Larry Victor, stand da, Porträtfotograf. Die gleichen Initialen, dachte ich. Warum nicht?
    Ich stieg zwei Treppenabsätze hinauf. Das ganze Gebäude roch, als lebten Katzen in den Treppenschächten. Larry Victors Büro war im zweiten Stock, auf der Rückseite des Hauses. Durch die rauhe Glasscheibe seines Büros schimmerte etwas Licht. Es hatte den weißen Glanz von Tageslicht, als befände sich an der gegenüberliegenden Seite ein Fenster oder ein Oberlicht. Die Beschriftung lautete Larry Victor,

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