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Einsame Klasse.

Einsame Klasse.

Titel: Einsame Klasse. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond Chandler , Robert B. Parker
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fielen ihr zunehmend schwerer. «Ich mache ’ne Menge Piratensachen.
    Spiele ’ne Schlampe. Verstehen Sie? Ich trage tief ausgeschnittene Kleider und verbeuge mich dauernd vor der Kamera. Der Regisseur sagt zu mir, mach jetzt deinen Diener, Süße. Weiß jeder, dass ich das kann.»
    «Jetzt weiß ich’s auch», sagte ich. Sie lehnte sich nicht aus Leidenschaft an mich, sie brauchte nur eine Stütze.
    «Sind Sie mit jemandem hier?» fragte ich.
    «Klar, Mr. Steele hat mich hergebracht. Ich würde nie in so’n feines Haus wie das hier kommen, wenn mich nicht Mr. Steele oder sonst irgendjemand mitbringen würde.»
    «Ach, ich wette, Sie kommen überall rein», sagte ich.
    Sie lächelte mich an und stieß auf und begann zu Boden zu sinken. Ich packte sie unter den Armen und stellte sie wieder aufrecht hin, legte meinen linken Arm um ihren Rücken, meinen rechten unter ihre Knie und hievte sie in genau dem Moment in meine Arme, als sie die Kräfte verließen und sie bewusstlos wurde.
    Tino kam hinter der Bar hervor.
    «Sir?»
    «Sagen Sie Mr. Steele, dass ich ihn sprechen möchte, Tino.»
    Tino nickte, glitt durch den Raum und durchquerte die Menge ohne erkennbare Mühe, ohne irgendjemanden anzustoßen. Ich sah ihn mit Steele sprechen, der sich umdrehte und mich anstarrte.
    Sein Gesichtsausdruck veränderte sich nicht, aber er nickte kurz, sah hinüber zur Haustür und zuckte mit dem Kopf in meine Richtung.
    Ein lustloser blonder Mann mit halblangen Haaren löste sich von der Wand, an der er gelehnt hatte, und näherte sich mir.
    «Ich nehme sie», sagte er.
    «Sie ist ziemlich schwer», entgegnete ich. «Kommen Sie mit ihr klar?»
    Er grinste und streckte die Arme aus. Ich übergab sie ihm, und er schlenderte weg, durch die Haustür nach draußen in die Dunkelheit. Nach etwa zwei Minuten war er wieder zurück.
    «Im Wagen», sagte er, «Rücksitz, auf der Seite. Hab sie auf den Rücken gelegt, und jetzt pennt sie.»
    «Danke», sagte ich. Er nickte und bezog wieder Posten neben der Haustür. Steele würdigte weder ihn noch mich eines weiteren Blickes.
    «Ist die Dame in Ordnung, Mr. Marlowe?»
    «Sie schläft ihren Rausch im Wagen aus, Tino.»
    «Die Dame hat vielleicht mehr Glück als Sie, Sir.»
    «Denken Sie an all die spannenden Dinge, die sie verpasst», erwiderte ich.
    «Ja, Sir», sagte Tino.

12
    Ich war unterwegs, bevor die Hitze unerträglich wurde, und fuhr westwärts nach Los Angeles.
    Marlowe, der pendelnde Schnüffler. Arbeitet in L.A., wohnt in Poodle Springs. Ist täglich zwanzig Stunden auf Achse.
    So früh am Morgen war die Wüste leer, abgesehen von Steppenläufern, Kakteen und gelegentlich auftauchenden Falken, die im Luftstrom schwebten und nach ihrem Frühstück Ausschau hielten. Ich fuhr an einem Laden vorbei, der Dattel-Shakes anbot. Es gelang mir nicht, mir einen Dattel-Shake vorzustellen. Meine einzige Gesellschaft auf dem Weg nach L. A. waren die großen fünfachsigen Laster, die bei Gefälle in einer Staubwolke an einem vorbeirauschten und an den Steigungen beim Runterschalten die Straße blockierten.
    Der Himmel war klar und blau, als ich in L. A. eintraf. Ich bog vom Freeway in die Spring Street ein und parkte. Im Rathaus fand ich neben dem Ordnungsamt ein kleines Zimmer unter der großen Haupttreppe. Auf der trostlosen Glastür stand in schwarzen Buchstaben Ordnungsamt, Abteilung Verkehrsstrafen. Ich ging hinein. Entlang der Vorderseite des Raums stand ein langer Tresen, hinter einem Geländer saßen drei ältliche Beamtinnen, rechts hinter dem Geländer waren drei enge Sprechkabinen. Vor jeder stand eine Schlange. Ich stellte mich vor dem Tresen an. Die Schlange bewegte sich langsam vorwärts; alte Menschen in abgetragener Kleidung bezahlten ihre Strafzettel mit Postanweisungen, todschicke Burschen in auffälligen Anzügen zahlten in bar und versuchten so auszusehen, als sei all dies nur eine lästige Störung, die einen Tag voller wichtiger Besprechungen unterbrach. Die Beamtin, die meine Schlange abfertigte, war ausgesprochen fett, so dass ihr Kopf unmittelbar auf ihren Schultern zu ruhen schien und ihr Doppelkinn direkt ins Brustbein überging. Sie hatte weiße Haare mit einem ausgeprägt blauen Ton, und sie atmete pfeifend, während sie sehr langsam die Strafzettel bearbeitete.
    Als ich an der Reihe war, fragte sie: «Zahlen Sie Ihren Strafzettel bar? Als Scheck? Oder als Bankanweisung?»
    Ich lächelte sie an wie jemand, der im Begriff ist, einen Heiratsantrag zu

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