Einsame Klasse.
Dann blätterte ich die restlichen Bilder durch, ohne weitere bekannte Gesichter zu entdecken, stand auf und legte den Umschlag wieder in die Schublade im Aktenschrank. Ich ging zurück, setzte mich in den Drehstuhl, legte meine Füße hoch und machte mir meine Gedanken über die ganze Geschichte. Die Zufälle häuften sich: Fotograf, gleiche Initialen, ein Bild von Sondra Lee.
Während ich über diese Dinge nachdachte, hörte ich einen Schlüssel am Schloss kratzen und dann ins Schlüsselloch gleiten. Es gab keine Möglichkeit, sich zu verstecken. Also blieb ich sitzen, die Füße auf den Schreibtisch gelegt. Der Schlüssel drehte sich, die Tür ging auf, und herein kam ein Kerl, der aussah wie einer der Finalteilnehmer des Mr.-Süd-Kalifornien-Wettbewerbs. Er hatte halblanges, blondes Haar, das glatt zurückgekämmt war. Sein Gesicht war sonnengebräunt, sein Körper schlank, mittelgroß und durchschnittlich gebaut. Er trug ein beiges, legeres Jackett, eine weiße Hose und ein schwarzes Hemd mit einer großen Krawatte, die über den Kragen hinausragte.
Als er mich entdeckte, blieb er stehen, legte seinen Kopf leicht in den Nacken, hob die Augenbrauen und starrte mich an.
«Nur nicht verwirrt sein», sagte ich. «Ich bin nicht Sie.»
«Das sehe ich selbst, Freundchen», erwiderte er, «Aber wer zum Teufel sind Sie?»
«Sie zuerst.»
«Ich zuerst? Das hier ist mein Büro.»
«Ah-ha», sagte ich, «Sie müssen Larry Victor sein.»
«Ja, muss ich wohl. Aber ich weiß noch immer nicht, wer Sie sind. Oder warum Sie auf meinem Stuhl sitzen, oder wie Sie hier reingekommen sind.»
«Klingt irgendwie nach Kinderreim, finden Sie nicht?»
Victor stand für den Fall, dass er flüchten müsse, in der noch immer geöffneten Tür.
«Erzählen Sie’s mir?»
«Marlowe», sagte ich. «Ich suche nach einem Kerl namens Les Valentine.»
«Sind Sie Bulle?»
«Nein. Ich habe Valentine bei einem Kartenspiel getroffen und mit zwei Pärchen mitgehalten. Er hatte einen Flush. Er hat einen Schuldschein über einen halben Riesen von mir angenommen und mir diese Adresse gegeben.»
«Und die Tür?» fragte Victor. «Die war wohl offen, was?»
«Ja», sagte ich, «genaugenommen war sie das.»
Victor nickte. «Stört’s Sie, wenn ich mich an meinen Schreibtisch setze, Marlowe?»
Ich erhob mich, trat zur Seite, und er setzte sich.
«Schätze, ich könnte einen Schnaps vertragen», sagte Victor. «Sie auch?»
«Klar», sagte ich. Er kramte den billigen Scotch aus der Schublade und goss etwas davon in zwei Pappbecher. Ich nahm einen Schluck. Es schmeckte wie das Zeug, das man gegen Räude anwendet.
Victor kippte es runter und goss sich den Pappbecher wieder ein paar Zentimeter hoch voll. Dann lehnte er sich in seinem Drehstuhl zurück und versuchte, locker auszusehen. Während er locker aussah, riskierte er einen kurzen Blick auf den Aktenschrank. Dann sah er mich wieder an.
«Komische Geschichte», begann Victor. «Ich kenne Les Valentine.»
«Erstaunlich», sagte ich.
«Nein, eigentlich nicht. Wir sitzen im gleichen Boot. Wir machen beide eine Menge Pressefotos für Filme, Publicity halt, dieses ganze Zeug. Und eine Menge Modesachen.»
Ich ließ einen Blick durch das Büro wandern.
«Hey», sagte er, «vergeuden Sie Ihr Geld nicht für aufgeputzte Fassaden, kapiert? Sie haben etwas anzubieten, da brauchen Sie all diesen todschicken, halbseidenen Kram nicht, Sie wissen schon, dieses Hollywoodgeglitzer.»
«Ich sehe jedenfalls, dass Sie damit keine Zeit verschwenden.» Ich spülte mir mit einem weiteren Schluck seines Scotch den Mund aus. Wenn ich das Zeug schon trinken musste, konnte ich wenigstens versuchen, zukünftige Zahnfüllungen im Voraus zu verhindern. Victor schien es überhaupt keine Probleme zu bereiten. Er schenkte sich bereits zum dritten Mal einen Schluck ein. Vielleicht war er härter, als er aussah.
«Ich kenne Les jedenfalls, wie ich schon sagte. Guter Fotograf.»
«Wo ist er im Moment?» fragte ich.
«Ich habe gehört, er war außer Landes.»
Ich glaubte das genauso wie ich glaubte, dass ich Chivas Regal trank.
«Irgendein Job für die Regierung. China, glaube ich.»
Er lehnte sich zurück und genoss seinen Scotch, ganz der fröhliche Bursche, der die Zeit Zeit sein lässt und einen Drink mit dem Kerl nimmt, der in sein Büro eingebrochen ist. Er war so echt wie das Lächeln eines Starlets.
«Schon mal von einem Model namens Sondra Lee gehört?» fragte ich.
«Sonny? Natürlich, jeder Fotograf
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