Einsame Klasse.
Glück zu machen. Der alte Kerl in der Nische kam fast zu gut bei seiner Verabredung voran. Sie war bereits betrunken und betatschte ihn. Ein mexikanischer Junge, vielleicht zehn Jahre alt, betrat die Bar.
«Schuheputzen, Mister?» fragte er.
«Nein, danke», erwiderte ich.
«Hey, Chico!» rief der Barkeeper. «Raus hier! Wie oft soll ich dir das noch sagen?» Er machte sich auf den Weg um die Bar herum.
«Fotos?» sagte der Kleine zu mir.
Ich schüttelte den Kopf.
«Einen Joint vielleicht? Koks?»
Der Barkeeper kam und schlug mit seinem Handtuch nach dem Jungen.
«Na los, Junge, zisch ab!»
Ich nahm einen Dollar aus der Tasche und gab ihn dem Kleinen.
«Hier», sagte ich. «Als Dank für die Fragen.»
Der Junge nahm den Schein und stürzte auf die Tür zu.
«Wenn du weiter hierherkommst, Junge, wirst du noch im Besserungsheim enden, verdammt noch mal.»
Der Barkeeper ging kopfschüttelnd zurück hinter seinen Tresen.
«Bohnenfresser», murmelte er.
Ich nippte an meinem Whiskey. Der Barkeeper zerschnitt einige Limonen und Zitronen und verstaute sie in einem großmäuligen Behälter.
Das alte Pärchen in der Nische bestellte eine weitere Runde. Sie hatte jetzt den Kopf auf seiner Schulter, die Augen halb geschlossen, den Mund aufgeklappt. Eine Fliege setzte langsam zur Landung in dem feuchten Fleck an, den mein Glas hinterlassen hatte. Sie schwirrte mit verschwommenen, durchsichtigen Flügeln in der Nähe des Flecks herum, landete dann, nahm eine Kostprobe und rieb anerkennend ihre Vorderfüße aneinander. Ich nahm einen weiteren Schluck Whiskey.
Eine Rothaarige betrat die Bar, sah sich um, entdeckte mich und setzte sich zwei Stühle von mir entfernt an die Theke. Es war dieselbe Frau, die während Lolas Auseinandersetzung mit Victor die Jukebox in Gang gehalten hatte.
«Weißwein, Willie», sagte sie.
Der Barkeeper nahm einen großen Weinkrug aus dem Kühlschrank unter der Bar, goss etwas in ein Glas und stellte es auf einer Serviette vor ihr ab. Den Krug tat er in ein mit Eis gefülltes Becken, um ihn in Reichweite zu haben, tippte den Betrag in die Kasse ein und legte die Rechnung dicht neben ihr auf die Bar. Sie hob das Glas, sah den Wein einen Moment lang an und trank dann behutsam ungefähr die Hälfte aus. Danach stellte sie das Glas zurück auf die Bar, ohne den Stiel loszulassen, und sah den Barkeeper an.
«Ach, Willie», sagte sie, «auf dich kann man sich immer verlassen, nicht wahr?»
«Klar, Val.»
Sie lächelte, holte eine lange dünne Zigarette mit braunem Blättchen heraus und sah in ihre Handtasche. Dann wandte sie sich mit der von zwei Fingern in Position gehaltenen Zigarette im Mund mir zu.
«Haben Sie Feuer?» fragte sie.
Ich holte ein Streichholz aus meiner Manteltasche und schaffte es, es gleich beim ersten Versuch an meinem Daumennagel zu entzünden. Ich hielt es für einen Moment hoch, während sie sich vorbeugte und die Spitze der Zigarette in die Flamme hielt. Sie nahm einen tiefen Zug und atmete den Rauch langsam wieder aus, während sie sich aufrichtete.
Ihre Haare waren rot, strahlender als irgendein Gott es jemals hinbekommen hätte, aber vermutlich eine Variation des ursprünglichen Farbtons. Ihr Gesicht war sanft, und aus den Falten in ihren Mundwinkeln waren mit den Jahren tiefe Einkerbungen geworden. Sie hatte sämtliches bekannte Make-up aufgelegt, und vielleicht noch etwas anderes, von dem niemand sonst etwas wusste.
Außerdem hatte sie falsche Wimpern und grünen Lidschatten, und ihr Mund war durch einige dicke Lippenstiftstriche über die Lippen hinaus verbreitert. Am Kragen ihrer Bluse, dort, wo das Make-up aufhörte, befand sich eine Linie, und die zarte Haut unter ihrem Kinn ließ ihre Halslinie mit der Kinnlinie verschmelzen. Sie trug eine weiße Bluse mit Rüschenkragen und einen schwarzen Rock, der bis über die Knie reichte. Ihre Fingernägel waren sehr lang und spitz und in dem gleichen grellen Rot bemalt wie ihre Lippen. An ihren Ohrläppchen baumelten zwei goldene Ohrringe. Sogar in der düsteren Bar konnte ich die feinen, senkrechten Linien auf ihrer Oberlippe und die feine Linienschraffur um ihre Augen herum erkennen.
«Wein, Zigaretten und ein guter Mann», sagte sie. «Mehr kann man vom Leben nicht verlangen.»
Sie trank den restlichen Wein aus und bedeutete dem Barkeeper mit dem Kopf, ihr nachzuschenken.
«Die ersten beiden klingen annehmbar», sagte ich.
«Sie wollen keinen guten Mann?» Sie lachte ein heiseres, kratzendes, männliches
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