Einsame Klasse.
verstehe ich sowieso nicht, wie man deinen Job machen und seine Selbstachtung behalten kann.»
«Weil es dazugehört, ab und zu einige Zeit im Gefängnis zu verbringen? Weil man mit den unteren Schichten zusammenkommt?» fragte ich.
«Verdammt, Phil, das ist nicht fair. Es ist nicht mein Fehler, dass mein Vater reich ist.»
«Nein», sagte ich, «ist es nicht. Und es ist auch nicht mein Fehler. Aber auf eins kannst du dich verlassen, man wird in diesem Land nicht so reich wie Harlan Potter, ohne einige Abkürzungen zu nehmen, ein paar Regeln zu brechen und Zeit mit Leuten zu verbringen, mit denen du dein Brot bestimmt nicht brechen wolltest.»
Linda schüttelte mehrmals heftig den Kopf. «Davon weiß ich nichts. Es interessiert mich auch nicht.
Aber ich weiß, dass dies hier nicht das ist, was ich unter einer Ehe verstehe. Du bleibst nächtelang weg. Ich weiß nicht, wo du bist oder was du tust. Du könntest umgebracht werden. Ich wache morgens auf und bekomme einen Anruf, dass du im Gefängnis bist. Mein Mann? Hier? In Springs? Im Gefängnis?»
«Was wird man beim Essen reden?» fragte ich.
«Verdammt, sei nicht so kleinkariert und arrogant, Marlowe. Das sind meine Freunde. Mir liegt etwas an ihnen. Und ich möchte, dass ihnen etwas an mir liegt. Ich möchte nicht wissen, dass sie hinter meinem Rücken über meinen Mann lachen.»
«Das werden sie sowieso tun», sagte ich. «Nicht, weil ich ein Schnüffler bin. Nicht, weil ich die Nacht im Gefängnis verbringe. Sie werden über mich lachen, weil ich ein Versager bin. Ich habe kein Geld. Danach wird in dieser großartigen Republik geurteilt, Darling.»
«Aber ich habe Geld, ich habe genug Geld für uns beide.»
«Was, wie ich gerade zu erklären versuche, der Grund dafür ist, dass ich es nicht annehmen kann.
Der einzige Weg, der mich davor bewahrt, ein Versager zu werden, ist frei zu sein. Vollständig mein eigener Herr zu sein. Ich, Marlowe, der Galahad der Gosse. Ich entscheide selbst, was ich tue. Ich werde mich nicht kaufen oder drängen lassen, nicht einmal durch Liebe. Man ist fein raus, wenn man Geld hat, aber man gibt zuviel dafür auf.»
Für meine Verhältnisse war das eine lange Rede. Ich spülte sie mit etwas Gimlet runter. Es half nicht. Gimlets eigneten sich für frühe Nachmittage in ruhigen Bars, in denen die Tische vor Politur glänzten, das Licht durch die Flaschen gefiltert wurde und der Barkeeper ein gestärktes Hemd mit Stulpen trug. Gimlets eigneten sich dazu, quer über den Tisch Händchen zu halten, nichts zu sagen und doch alles zu wissen. Ich stellte den Drink auf den Tisch. Linda hatte ihren nicht angerührt; sie benutzte ihn, um hineinzustarren.
«Wenn du zu Hause bist», sagte Linda mit ausdrucksloser Stimme, «und wir ins Bett gehen, liegt eine Waffe auf der Kommode, neben deiner Brieftasche und den Autoschlüsseln.»
«Früher hatte ich das Ding im Schlaf zwischen den Zähnen. Aber ich habe herausgefunden, dass es hier draußen in der Wüste sicherer ist.»
Linda sah von ihrem Drink auf und starrte mich einen Moment lang an.
«So funktioniert es nicht», sagte sie schließlich. Dann erhob sie sich, das Glas noch immer in beiden Händen. «Ich sage nicht, dass es an dir liegt... aber es funktioniert nicht.»
Sie machte kehrt und ging zurück ins Haus.
Ich nahm den noch beinahe vollen doppelten Gimlet, starrte ihn einen Augenblick lang an, ohne zu trinken, drehte dann mein Handgelenk und ließ den Inhalt in einem leichten Bogen auf den Boden rinnen. Dann stellte ich das leere Glas verkehrt herum auf den Tisch, lehnte mich in der Liege zurück und lauschte dem Schmelzen des Eises in dem Beutel auf meinem Knie.
29
Ich verbrachte die Nacht im Gästezimmer. Am nächsten Morgen war ich schon sehr früh unterwegs. Ich trank meinen Kaffee in einem Laden in Riverside, in dem außerdem ausgestopfte Maultiere und kleine Schlüsselketten mit daran befestigten echten Goldnuggets angeboten wurden.
Die Wüste wirkte rauher denn je, als ich zu Muriel Valentines Haus fuhr. Die Erde sah so hart und verwaschen aus wie eine wütende adlige Witwe, und die Kakteen machten eine rüpelhafteren Eindruck auf mich als am Vortag. Der harte, desinteressierte Himmel war wolkenlos und die Hitze trocken und unnachgiebig, als ich ausstieg und erneut den Weg zu Muriels Haus hinaufwanderte. Der Hausboy öffnete auf mein Klingeln hin und ließ mich im Flur stehen, während er Mrs. Valentine holte.
Als sie auftauchte, wirkte sie so trostlos wie die
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