Einsame Klasse.
machte sich in meinem Magen breit, als ich den Kaffee trank. Ich hatte ungefähr zwei Stunden geschlafen.
Um zehn Uhr dreißig kam ein Wärter den Korridor entlang und blieb vor meiner Zelle stehen.
«Okay, Marlowe», sagte er. «Man hat Sie rausgeholt.»
Ich richtete mich mühsam auf und humpelte ihm durch den Korridor und über drei Stufen hinterher bis ins Vorzimmer des Polizeireviers. Linda war da, außerdem ein Kerl in weißem Anzug und grellem Hemd.
Der Kerl in dem grellen Hemd sagte: «Mr. Marlowe, Harry Simpson. Entschuldigen Sie, dass wir so lange gebraucht haben. Ich musste bis zur Öffnung des Gerichts heute Morgen warten, um eine Verfügung zu bekommen.»
Er war tiefbraun und trug glänzende schwarze Halbschuhe mit kleinen, über die Laschen gelegten Goldkettchen. Sein Hemd stand bis halb zum Nabel offen, und seine entblößte Brust sah aus wie ein ledernes Waschbrett. Die Haare auf seiner Brust waren grau. Er hatte einen kleinen dichten Schnurrbart, und seine borstigen Haare waren von grauen Strähnen durchzogen. Er trug einen Ring am kleinen Finger. Ein Poodle-Springs-Anwalt. Binnen kurzer Zeit würde er anfangen, mich «Baby»
zu nennen.
Linda stand hinter ihm; sie sagte nichts. Ihre Augen ruhten so schwer auf mir, dass ich das Gewicht ihres Blicks beinahe spüren konnte. Ich bekam meine Sachen zurück, unterschrieb eine Quittung, und wir gingen durch die Eingangstür nach draußen, ohne dadurch einen Alarm auszulösen.
Lindas Fleetwood stand auf dem Parken verboten, Nur für Polizeifahrzeuge-Parkplatz neben einem Mercedes-Cabrio mit heruntergeklapptem Dach, von dem ich wusste, dass es nur meinem Anwalt gehören konnte.
«Wo ist dein Wagen?» fragte Linda.
«Hinten rum.»
«Ich fahre dich nach Hause und schicke Tino zurück, um ihn zu holen. Du siehst grauenhaft aus.»
Aber besser, als ich mich fühlte.
Simpson sagte: «Sie werden möglicherweise eine Vorladung bekommen, Mr. Marlowe. Ich werde versuchen, das abzuwenden, und offen gesagt hat Mr. Potters Name natürlich ein gewisses Gewicht, aber garantieren kann ich Ihnen nichts.»
«Hat jedenfalls mehr als meiner», erwiderte ich.
Linda öffnete die Beifahrertür des Fleetwood.
«Steig ein, Darling.»
«Noch irgendetwas, das ich Ihrem Vater ausrichten soll?» fragte Simpson.
«Richten Sie ihm meinen Dank aus», bat Linda. «Ich rufe ihn später an.»
Dann ging sie um den Wagen herum, stieg ein, und wir fuhren schweigend nach Hause.
Als wir angekommen waren, sagte Linda: «Ich denke, du solltest erst mal duschen und ein bisschen schlafen. Wir können nachher reden.»
Ich war zu müde, um darüber zu diskutieren oder sonst etwas zu tun. Ich folgte ihrem Rat, allerdings in umgekehrter Reihenfolge.
Um sechs Uhr am Abend war ich wieder annähernd menschlich. Ich hatte geduscht, mich rasiert und saß in einem Seidenbademantel und mit einem Eisbeutel auf meinem geschwollenen Knie am Pool. Tino brachte mir einen doppelten Wodka-Gimlet mit Eis und Linda einen einfachen. Der Gimlet wirkte strohfarben und klar, als ich in das dicke, eckige Glas blickte. Das Wasser im Pool bewegte sich sanft in der leichten Brise, die mit dem Abend aufgekommen war. Ich tauchte in den Gimlet ein und fühlte ihn beruhigend in mich hinein- und an meinen Nervenbahnen entlanggleiten. Ich sah Linda an.
Sie saß auf der Liege, die Füße auf dem Boden, die Knie geschlossen, leicht nach vorn gebeugt und beide Hände im Schoß um ihr Glas verschränkt.
«Daddy ist wütend.»
«Soll sich zum Teufel scheren.»
«Er hat dich rausgeholt.»
«Sol sich trotzdem zum Teufel scheren», sagte ich. «Wie geht’s dir?»
Sie schüttelte langsam den Kopf und starrte in ihr Glas, als läge dort, auf dem Boden, eine Antwort, die sie nicht hatte.
«Ich war früher schon mal im Knast, Linda. Das ist ein Berufsrisiko, genauso wie Langeweile und wunde Füße.»
«Die Polizei sagt, du hättest die Ermittlungen behindert.»
«Die Polizei sagt, was sie sagen muss», erklärte ich. «Sie wollten, dass ich ihnen etwas erzähle, von dem ich nicht glaube, dass sie es wissen sollten.»
«Und haben dich ins Gefängnis gesteckt? Ist das legal?»
«Wahrscheinlich nicht, aber es passiert ständig. Nach einer Weile findet man sich damit ab.»
«Ist es legal, ihnen nicht zu erzählen, was sie wissen wollen?»
«Gleiche Antwort, schätze ich. Man kann nicht meinen Job machen und seine Selbstachtung behalten, wenn man die Bullen entscheiden lässt, was man zu tun hat.»
«Offen gesagt
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