Einsame Spur (German Edition)
kann.«
Bos Augen wurden zu Schlitzen. »Oh verdammt.«
»Allerdings. Ob der Chip sie aufgehalten hätte, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen, da er kein natürlicher Schild, sondern eine technologische Barriere ist«, sagte Riaz, »doch sie scheint in beinahe jeden Kopf hineinzugelangen, ohne dabei größeren Schaden anzurichten.«
»Weniger Narben, die man verschleiern muss«, sagte Adria, und Riaz nahm das Mitgefühl wahr, das weiche Herz in der harten Schale der Soldatin.
»Aber«, fügte er hinzu und legte die Hand sanft auf ihren Nacken. »Tatianas ungewöhnliche Fähigkeiten schmälern ja nicht die Wirksamkeit des Chips. Deine Leute sollten sich nur nicht zu sicher fühlen.«
»Merk ich mir.«
»Sobald man ihnen die Vorteile aufgrund ihrer geistigen Überlegenheit nimmt, sind Mediale verwundbar«, sagte Adria in das Schweigen nach Bos kurzem Kopfnicken hinein.
Wie Bowen ja auch mit tödlicher Effizienz auf der Jacht bewiesen hatte, dachte Riaz im Stillen.
»Sie verlassen sich zu leicht und zu sehr auf diese Fähigkeiten«, stimmte der Mensch zu. »Die Leute auf dem Schiff waren zwar bewaffnet, kümmerten sich aber so wenig um mich, dass die Aktion kinderleicht war. Nur eine einzige Wache vor der Tür, wo gibt’s denn so etwas?« Er schnaubte. »Sobald ich seine Waffe in der Hand hatte, war es auch schon vorbei. Keiner war auf der Hut, weil sie annahmen, sie würden jeden Eindringling schon telepathisch im Voraus erahnen.«
»Warum haben Sie denn alle getötet?« Adrias Frage verriet erneut ein natürliches Mitgefühl. »Hätten Sie die Leute nicht einfach außer Gefecht setzen können?«
»Eine Nachricht«, antwortete Riaz, das Raubtier in ihm erkannte auch das Raubtier im anderen. »Bo hat den Medialen eine Nachricht zukommen lassen. Wenn sich jemand mit dem Menschenbund anlegt, gibt es keine Gefangenen.«
Ein kurzes Achselzucken von Bowen, die pechschwarzen Augen hatten einen stahlharten, tödlichen Blick. »Es wäre ein Zeichen von Schwäche gewesen, sie am Leben zu lassen, genau das, was Tatiana von den ›Gattungen mit Gefühlen‹ erwartet. Sie begreift nur nicht, dass Wut auch ein Gefühl ist.«
40
Nachdem sie zwei Stunden lang die Vorteile erörtert hatten, die künstliche Schilde für die Menschen im SnowDancer-Rudel und den Rudeln anderer Verbündeter haben konnten, erstattete Riaz Hawke Bericht über eine absolut sichere Satellitenverbindung aus dem kleinen Büro des Rudels in Venedig. Obwohl das Büro nur besetzt war, wenn Pierce sich in der Stadt aufhielt, verfügte es über Sicherheitsstufen, die nicht einmal ein Teleporter überwinden konnte, ohne stillen Alarm auszulösen. Finden würden sie außer der sehr teuren Ausrüstung allerdings nichts – die Anruflisten wurden gelöscht, sobald sich der Benutzer abmeldete.
»Bo sagte, er habe Ashaya den Chip heute früh per Kurier geschickt, nachdem er sich entschlossen hatte, uns einzuweihen«, erzählte Riaz Hawke. »Sie soll ihn testen, soweit es ihr möglich ist.« Riaz wusste nicht, was die Wissenschaftlerin herausfinden würde, ohne den Chip jemandem einzusetzen, aber es war einen Versuch wert. »Ich will mich nicht nur auf Bos Wort verlassen, wenn es um die Wirksamkeit geht.«
Hawke nickte, Riaz konnte fast sehen, wie er sämtliche Möglichkeiten abwog. »Ich werde Judd zu euch schicken, damit er sich den eingesetzten Chip von Bo ansieht.«
»Ich nehme an, dass Bo mit so etwas rechnet.«
Hawke sah zur Seite und legte den Kopf schief, als lausche er. Nach ein paar Sekunden wandte er sich erneut an Riaz. »Judd kann frühestens morgen Abend da sein. Könnt ihr solange bleiben?«
»Ich schon.« Riaz drehte den Kopf zu der Frau neben ihm. »Du auch?«
Adria nickte und wandte sich direkt an Hawke. »Ich habe mir zur Sicherheit zwei Tage freigenommen.«
»Selbst wenn nicht, würde Riley dir sofort freigeben, weil er im Augenblick so glücklich ist«, sagte Hawke, und in seinen Augen lachte der Wolf. »Ich habe fast Angst, mich umzudrehen und festzustellen, dass das ganze Rudel Urlaub bekommen hat und auf die Bahamas geflogen ist.«
Alle drei grinsten, als sie sich vorstellten, wie der grundsolide Riley vor Freude verrücktspielte. Riaz war der Ansicht, es hätte keinen Besseren treffen können. »Hat er Mercy schon zur Weißglut getrieben?«
»Noch nicht, aber ich habe mir schon Popcorn für die Show bereitgestellt.«
Nach weiterem Gelächter schaltete Riaz die Verbindung ab, stellte mit Adria zusammen diverse Sicherungen
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