Einsame Spur (German Edition)
einem weniger dominanten Mann traf.
»Und da wolltest du mich mit dem konfrontieren, was bei einer solchen Wahl herauskommt.«
»Tut mir wahnsinnig leid.« Das musste gesagt werden, denn Drew war nicht mit Martin zu vergleichen, er bewunderte die Stärke seiner »Indy« ganz offen.
»Hab’s kapiert«, sagte Indigo scharf. »Mit Riaz wirst du keine solchen Probleme haben. Er ist stark genug, um sich nicht vor deinem Hunger zu fürchten, und –«, in ihren Augen glomm ein Lächeln auf, »– er ist wild genug, dich auf Abwege zu führen.«
Das waren die meisten einsamen Wölfe. Als junge Frau hatte sich Adria immer von ihnen ferngehalten, denn sie hatte gewusst, dass ein solcher Mann ein guter Liebhaber sein konnte, sich wahrscheinlich aber schon am nächsten Morgen in die Berge verzog. Sie hatte immer jemanden gebraucht, auf den Verlass war, der mit beiden Beinen fest auf der Erde stand. Doch die Situation hatte sich geändert. Sie hatte sich geändert. »Du verschweigst mir doch etwas.« Adria kannte Indigo zu gut, um ihr leichtes Zögern zu übersehen.
Ihre Nichte sah sie besorgt an und brauchte geraume Zeit, ehe sie sich zu einer Antwort durchrang. »Riaz hat mir etwas unter dem Siegel der Verschwiegenheit erzählt, und ich will sein Vertrauen nicht enttäuschen. Aber du solltest wissen, dass … eine Beziehung zu ihm noch weniger als bei anderen einsamen Wölfen etwas Dauerhaftes werden kann.«
Riaz war nicht mit einer anderen zusammen, sonst hätte ihr Indigo gleich abgeraten. Es konnte also sein, dass er sich keine Gelegenheit entgehen ließ – was den Gerüchten nach nicht der Fall war – oder er es auf eine Frau abgesehen hatte, die er nicht haben konnte. Indigo hatte das nicht voraussehen können, aber diese Erkenntnis löste den Knoten in Adrias Brust; plötzlich konnte sie wieder atmen und traf eine Entscheidung.
»Ich muss mit ihm reden.« Wölfin und Frau waren sich einig, Adria erhob sich. »Wir haben uns nicht im Guten getrennt.« Ganz egal, was passiert war, ihre Arbeitsbeziehung sollte nicht darunter leiden, erst recht nicht das Rudel.
Indigo wartete, bis Adria ihren Zopf wieder gerichtet hatte, und ging dann mit ihr hinaus. »Gefällt es dir, wieder in der Höhle zu sein?«, fragte sie und zog auch ihren Pferdeschwanz zurecht.
»Und wie.« Adria kniff die Augen zusammen, als Tai, der junge Soldat mit leicht schräg gestellten grünen Augen und breiten Schultern, an ihnen vorbeiging.
»Gott hat was gegen mich«, hörten sie ihn grummeln. »Nun gibt es schon zwei von der Sorte.«
Weder Adria noch Indigo sagten etwas, bis er außerhalb ihrer Hörweite war. Dann zuckten Indigos Lippen. »Der arme Junge.« Man hörte die Zuneigung in ihrer Stimme.
»Kann man ihm trauen?«
»Er liebt Evie.« Die Wölfin in Indigo amüsierte sich. »Was nicht heißt, dass wir uns nicht mit ihm anlegen sollten.«
Da Evie weder dominant noch angriffslustig war, konnte Adria dem nur zustimmen. »Versteh mich jetzt nicht falsch«, sagte sie und kam auf Indigos Frage nach ihrem Umzug zurück. »Matthias ist ein guter Offizier, mit dem man wunderbar arbeiten kann.« Der dunkle, gut aussehende Matthias mit Augen, die schon so manche Frau schwach gemacht hatten, war sowohl ein Vorgesetzter als auch Freund für sie.
Er hatte sie seit ihrer Rückkehr zur Höhle ein paarmal angerufen, um sich zu erkundigen, wie es ihr ginge. Wie viel Vertrauen und Respekt sie ihm gegenüber empfand, zeigte sich schon in der Tatsache, dass sie sich darüber nicht aufgeregt hatte. »Doch die Gegend dort birgt zu viele schlechte Erinnerungen, die Höhle ist ein neuer Anfang für mich.« Und sie würde es keinem Umstand und keinem Wesen gestatten, nicht einmal einer schockierend heißen Begierde, ihr das zu verderben.
»Hier verlasse ich dich.« Indigo blieb vor einem Aufenthaltsraum stehen. »Muss mich mit ein paar Rekruten und Neuzugängen unterhalten.« Sie hob fragend die Augenbraue, als sich eine junge Frau mühsam auf sie zuschleppte. »Was ist denn passiert?«
»Der Sadist Riaz nutzt die Neuanordnung des Trainingsparcours, um uns hinterlistig zu foltern«, beschwerte sich Sienna, bevor sie Adria grüßte und humpelnd im Aufenthaltsraum verschwand – wo ein vielstimmiges mitleidiges Stöhnen derer sie empfing, die offensichtlich denselben Torturen ausgesetzt gewesen waren.
Indigo blieb noch einen Augenblick bei Adria. »Vergiss nicht, was ich dir gesagt habe.« Ihr Blick war besorgt … allerdings steckte auch ein wenig
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