Einsame Spur (German Edition)
Anthony Kyriakus hatten sicher eigene Interessen verfolgt, als sie San Francisco beigestanden hatten, doch man hörte immer mehr Geschichten von Medialen, die ihren Nächsten unabhängig von der Gattungszugehörigkeit geholfen hatten.
Einen verletzten Soldaten hatten zwei ältere Medialenfrauen in ihr Haus gezogen und die Angreifer mit vereinten telepathischen Kräften zurückgehalten. Und ein Mensch, den die Leoparden gut kannten, hatte berichtet, dass sein kleiner Sohn, neugierig wie er war, sich nach draußen geschlichen hatte, um sich die Hubschrauber anzusehen, die mediale Kämpfer absetzten.
Außer sich vor Sorge hatte der Vater gerade unter Lebensgefahr nach seinem Kind suchen wollen, als ein medialer Nachbar – einer von drei Studenten einer Wohngemeinschaft – anrief und mitteilte, der Junge sei in Sicherheit. Sie hatten ihn auf der Straße aufgegriffen, bei sich zu Hause versteckt und seinen Geist vor den psychischen Angriffen geschützt, die angreifende Mediale bei der Landung abfeuerten.
Es wäre sowohl für die Studenten als auch für die beiden älteren Damen gefahrloser gewesen, im Haus zu bleiben. Weder ein verletzter Soldat noch ein kleines Kind hätten ihnen irgendwelche Vorteile verschaffen können. Aber sie waren nicht zu ihrer eigenen Sicherheit hinter verschlossenen Türen geblieben. Sie hatten einfach deswegen geholfen, weil es das Richtige war.
Fell strich an ihren Beinen vorbei, ein Wolf war aus dem Wald gekommen.
Hawke hatte im Augenblick nicht sehr viel Zeit, doch er suchte sie immer während ihrer Schichten auf, selbst wenn es nur für ein paar Minuten war.
Sie beugte sich über den stolzen Kopf und strich durch den silbrig goldenen Pelz. »Wenn ich an die Geschichten denke, die nach der Schlacht erzählt werden, bin ich richtig stolz, eine Mediale zu sein.« Sie ließ sich neben ihm nieder.
Der Wolf legte den Kopf schief, seine Augen leuchteten im Dunkeln. Sie lachte, denn sie sah den beleidigten Ausdruck so deutlich, als hätte er mit ihr gesprochen. »Ja, ich bin eine SnowDancer-Wölfin«, sagte sie, denn die Wölfe waren ihre Familie, ihr Rudel und ihre Heimat. »Aber ich bin eine mediale Wölfin.«
Der Wolf überlegte, dann beugte er sich vor und biss ihr vorsichtig in die Wange; die scharfen Zähne hinterließen nicht einen Kratzer. Sie lachte wieder und rieb ihre Nase an seiner Schnauze. »Vielen Dank, Eure Wolfshoheit«, sagte sie, denn sie wusste, dass es seine Art war, ihr mitzuteilen, dass er mit ihrem Entschluss, sich so zu bezeichnen, einverstanden war.
Er knurrte, und sie wusste sofort, dass es kein spielerisches Knurren war. Es war ausgesprochen ernst gemeint. Höchst alarmiert stand sie auf und überprüfte die Gegend mit ihren telepathischen Sinnen.
»Eindringlinge«, sagte sie kurz darauf und folgte so leise wie möglich dem Wolf, der sich an die Beute heranpirschte. »Medialenschilde.«
»Warte.« Sie ging in die Hocke und teilte ihm beinahe unhörbar mit, was sie wahrgenommen hatte. »Sie tasten die Gegend ab. Sie müssen mitbekommen haben, dass ich hier bin.« Nicht genau sie, aber jemand mit einem medialen Fingerabdruck. »Ich weiß aber nicht, ob sie auch dich erfasst haben.« Sienna konnte den feinen, aber wichtigen Unterschied zwischen einem wilden Wolf und einem Gestaltwandler erspüren, denn sie war schon jahrelang bei den Wölfen – ein Vorteil, den die meisten Medialen nicht hatten.
Die blassblauen Augen eines Huskys oder Raubvogels sahen sie an, beschützend und unnachgiebig. Sie waren noch nicht lange Gefährten und wussten noch nicht alles voneinander, doch sie verstand, was er ihr damit sagen wollte. Und sie war nicht einverstanden. »Wer immer das auch ist, er wird wissen, dass ich ihn zerstören kann, sobald er mich zu Gesicht bekommt. Ich bin vorbereitet.«
Hawke bleckte die Zähne.
»Auf diesem Gebiet bin ich Expertin«, sagte sie und hielt seinem Blick stand, er sollte ihr nicht mit seiner Dominanz seinen Willen aufzwingen.
Diesmal biss er fester zu, um ihr deutlich zu machen, dass sie sich Ärger einhandeln würde, wenn ihr etwas zustieße. Sie strich noch einmal über sein Fell und sah ihm dann nach, wie er als Schatten zwischen den Bäumen verschwand, während sie auf die Lichtung zuging, auf der sich drei Mediale befanden. Sie waren mit Schilden geschützt, doch sie spürte, wer gekommen war, um sie zu holen, noch bevor sie ihn sehen konnte.
Das Muttermal auf der linken Gesichtshälfte war ein großer roter Fleck. Er hatte ihr
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