Einsame Spur (German Edition)
Unterlippe, bevor er sie ihrem neuen Partner übergab, »der Tanz um Mitternacht gehört mir.«
Immer, flüsterte es über das Band zwischen ihnen. Laut fragte sie: »Wo warst du nur?« und strich das Haar ihres Bruders glatt.
Er verzog das Gesicht. Erstaunt stellt sie fest, dass er einige Zentimeter gewachsen war, ohne dass sie es bemerkt hatte. Kein Wunder, dass er wie eine Bohnenstange aussah, wenn es so schnell ging.
»Oh nein, Sienna. Das kannst du doch hier nicht machen.«
»Tut mir leid.« Manchmal vergaß sie, dass er bald dreizehn wurde, dann meldete sich der Teenager in ihm. »Du siehst sehr hübsch aus.«
Er lächelte schüchtern und unglaublich süß, ihr empathischer Bruder würde ein faszinierender Mann werden. »Danke. Ich habe mit Lara im Internet eingekauft.« Er drehte sie gekonnt im Kreis und lächelte über ihr Erstaunen. »Das hat mir Drew beigebracht.
»Warum wundert mich das nicht?«
Das Lächeln auf Tobys Gesicht wurde tiefer. »Dich so glücklich zu sehen ist fast schmerzhaft schön für mich.«
»Ach, Toby.« Sie hatte ihren Bruder immer geliebt, obwohl es ihr nicht gestattet gewesen war, ihn schon als kleines Kind kennenzulernen, aber sie hatte ihn nie vor den seelischen Belastungen bewahren können, die seine Gabe ihm abverlangten. »Du bist der beste kleine Bruder, den sich ein Mädchen nur wünschen kann.«
Ich liebe dich. Er schwenkte sie erneut im Tanz, und ihr Rock flog.
Schließlich übergab er sie einem anderen Familienmitglied. Walker führte sie so ruhig, wie Toby überschäumend mit ihr getanzt hatte, die blassgrünen Augen sahen sie durchdringend an. »Er ist dein Gefährte«, sagte Walker gleichmütig, dennoch war die Warnung deutlich zu spüren. »Aber wenn er dich jemals verletzt, sag mir Bescheid.«
»Sind alle Männer so blutdürstig?«
»Laras Vater hat mir einmal seine Werkstatt gezeigt – worauf ein sehr erhellendes Gespräch darüber folgte, wie leicht man mit einem Laser jemanden in Stücke schneiden kann. Sehr zivilisiert, das muss ich zugeben.«
Sienna musste ein Lachen unterdrücken, als sie sich vorstellte, dass der sanfte Mack Walker gedroht hatte. Sie warf den Kopf zurück und sah in das Gesicht, auf dem sie noch nie einen Ausdruck heftiger Gefühle gesehen hatte. Was aber nichts hieß. Walker würde ohne Zögern für sie sterben, liebte sie so sehr, dass sie es selbst im tiefsten Silentium noch gespürt hatte.
»Ich danke dir«, flüsterte sie, »dass du mein Vater warst und bist.« In allem, was zählte.
Walkers Gesichtsausdruck veränderte sich kaum merklich, aber Sienna sah trotzdem kurz einen Sturm von Gefühlen in dem Grün seiner Augen aufblitzen, bevor er ihr über das Haar strich und sie sanft auf die Stirn küsste. »Jeden einzelnen Tag erfüllt mich dein Anblick mit Stolz.«
Tränen brannten in ihren Augen. Sienna schluckte und barg ihr Gesicht an der breiten Brust des Mannes, der stets einen Weg gefunden hatte, ihr zu vermitteln, dass sie nicht nur eine X-Mediale war, sondern zur Familie gehörte.
Cooper wartete, bis es auf der Tanzfläche etwas ruhiger geworden war und er sich mit Riaz und ein paar Bieren auf die Seite setzen konnte, bevor er sagte: »Sie ist weg.«
»Was?«
»Du hältst doch Ausschau nach der großen Soldatin mit den wunderbaren Augen – Adria heißt sie, stimmt’s?« Cooper rückte den Holzbottich, den er als Sitz benutzte, zurecht. »Sie ist vor ein paar Minuten mit Sam weggegangen.«
Riaz packte seine Flasche fester. Er hätte die zwanghafte Begierde zu Adria gerne verleugnet, aber Coop kannte ihn zu gut, er würde es nicht auf sich beruhen lassen. »Amüsierst du dich?«
»Steht außer Frage.« Dunkle Augen blickten mit unerschütterlicher Geduld. »Willst du freiwillig darüber reden, oder muss ich dich erst daran erinnern, dass ich größer und stärker bin als du?«
»Davon träumst du wohl.«
Coop setzte die Flasche an, die Halsmuskeln bewegten sich deutlich beim Schlucken. Dann schüttelte er den Kopf. »Mit dir stimmt doch was nicht, Mann. Hätte es schon eher merken sollen, aber Grace hat meine Birne weich gemacht.«
Riaz sah auf eine wohl geformte Frau mit ebenholzfarbenen Locken und Haut wie flüssiger Sahne, die mit Alexei tanzte. Die Gefährtin des großen, bösen Cooper war eine süße, unterwürfige Wölfin, die aber mit allen männlichen Offizieren gut zurechtkam – die es ihrerseits als ihr Recht ansahen, mit Grace zu tanzen. »Kann’s mir vorstellen«, sagte Riaz, der bereits mit ihr
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