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Einsamen

Einsamen

Titel: Einsamen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Nesser
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spekulieren«, beschloss Backman.

37
    D er Spatz auf Reisen. August 1972.
    Seit vierzehn Tagen heute, wenn ich richtig gerechnet habe. Heute Morgen haben wir die Grenze nach Rumänien passiert. Es dauerte eine Stunde, aber langsam lernen wir dazu. Die Zöllner halten uns gern zurück, sie überprüfen unsere Pässe mit der Lupe und suchen nach allem Möglichen, aber eigentlich wollen sie nur Zigaretten und ein bisschen Westvaluta haben. Das ist an jeder Grenzstation das Gleiche. Dieses Mal beschlagnahmten sie die Zeitung Expressen , die im Bus liegen geblieben war, seit wir Schweden verlassen hatten. Behaupteten, es sei pornographische Literatur, es nützte nichts, dass Tomas erklärte, dass es sich um die größte Tageszeitung unseres Landes handele. Aber wir gaben das Käseblatt natürlich problemlos auf, wenn sie irgendeinen Nutzen aus den diversen nackten Brüsten ziehen können, dann sei es ihnen gegönnt.
    Es ist etwas anstrengend, die ganze Zeit Menschen so eng um sich herum zu haben, und das empfinden offenbar nicht nur Germund und ich so. Man muss zusehen, dass man sich sein eigenes Revier, so gut es geht, verschafft. Ich sitze am liebsten einfach am Fenster und lasse die Landschaft vorbeigleiten. Oder ich lese. Unsere gesammelte Bibliothek umfasst dreißig Bücher, ich habe bereits die Hälfte davon durch. In der nächsten großen Stadt wollen wir sehen, ob wir einen richtigen Buchladen finden, um unser Sortiment etwas aufzufrischen. Es müsste zumindest Bücher auf Englisch oder Französisch geben, selbst hier in Rumänien, die Frage ist eher, ob es irgendwelche größeren Städte gibt. Seit wir die Grenze hinter uns gelassen haben, waren da nur Dörfer, ein paar Bauernhöfe und die eine oder andere Kleinstadt. Wir fahren direkt auf Transsylvanien zu. Tomas liest über Dracula oder über den Fürsten Vlad Tepes, wie er eigentlich hieß. Er behauptet, dieser wäre ein Volksheld gewesen und dass er von der gesamten westlichen Welt missverstanden wurde. Ich weiß nicht so recht, genau solche Behauptungen stellt mein Goldbruder gerne auf.
    Langsam habe ich keine Lust mehr zu trinken. Wir schütten jeden Tag Bier und Wein in uns hinein. Germund hat in Österreich Stroh Rum gekauft, der ist so verdammt stark, dass man schon nach wenigen Schlucken blau ist. Man kann ihn gar nicht pur trinken, wir verdünnen ihn im Tee, aber das nützt nichts. Besonders die beiden anderen Damen sind fast jeden Abend angesäuselt, sie vertragen nicht viel, aber ich glaube, es gefällt ihnen, leicht beschwipst zu sein. Rickard und Tomas gefällt es auch, diesen Zustand zu erreichen, sie entspannen sich unter dem Einfluss des Alkohols irgendwie, daran besteht kein Zweifel.
    Wir haben davon gesprochen, uns bald ein paar Hotelnächte zu gönnen. Es wäre zweifellos schön mit einer heißen Dusche, einem richtigen Bett und etwas Abgeschiedenheit. Aber ob dieses Land uns so etwas tatsächlich bieten kann, das ist natürlich eine andere Frage. Laut Kapitän Tomas’ Berechnungen sind wir auf dem Weg zu einer Stadt namens Timisoara; wir sollten sie vor dem Abend erreichen, wie er sagt, aber die Straßen sind eng und schlecht. Wir landen immer wieder hinter Treckern und allen möglichen landwirtschaftlichen Maschinen, man kann sie schwer überholen, und ich glaube nicht, dass wir im Schnitt mehr als vierzig, fünfzig Kilometer die Stunde fahren.
    Sollten wir tatsächlich irgendwo ein Hotel finden, dann hätte ich nichts gegen ein Einzelzimmer. Ich bin mir nicht sicher, ob ich das Germund erklären kann, aber es ist gut möglich, dass er auch so denkt. In den letzten Tagen hat er die meiste Zeit nur dagehockt und in einem dicken Buch gelesen mit dem Titel
Husserl, Lobatschewski and the Hundred-and-one Rabbits , irgend so einem mathematisch-philosophischen Meisterwerk, wie er behauptet, was immer das auch bedeuten mag. Auf jeden Fall ist er noch weniger zugänglich als sonst, aber wie gesagt, das stört mich nicht. Im Gegenteil.
    Was die übrigen Mitreisenden betrifft, so scheint es, als würde Gunilla auftauen. Auf jeden Fall habe ich mitgekriegt, dass sie nachts vorn im Bus vögeln, das ist ja zweifellos ein gutes Zeichen. Wenn man daran interessiert ist, dass es den Mitmenschen gut geht, was ich nicht immer bin. Aber es ist einfacher, mit Leuten zu reisen, die nicht deprimiert sind, das ist natürlich logisch.
    Anna und Rickard sind kein bisschen deprimiert, sie schreiben beide Tagebuch und scheinen alles, was passiert, in einer Art

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