Einsamen
die Leute die besten Absichten haben. Nicht wahr? Dann klappt es einfach nicht. Wir hatten uns auseinandergelebt, uns unterschiedlich entwickelt, so etwas kommt vor.«
Eva Backman dachte nach. Sollte es tatsächlich so sein, dass er etwas verbarg, dann war er sehr geschickt darin. Andererseits war es vielleicht auch nicht besonders schwierig, einen leichten Schleier der Lüge über etwas zu betten, das so lange zurücklag. Und wenn tatsächlich am Tag nach diesem Essen auf dem Pfarrhof ein Mord stattgefunden hatte, dann war er so oder so verjährt. Bereits seit zehn Jahren.
»Was haben Sie am Samstag, dem 25. September, gemacht?«, fragte sie. Zeit, den freundlichen Plauderton zu beenden. »Also vor zehn Tagen.«
Tomas Winckler breitete die Arme aus. »Und wenn ich nun frage, warum Sie das wissen wollen, dann werden Sie natürlich antworten, dass es sich um eine Routinefrage handelt?«
»Natürlich«, antwortete Eva Backman. »Also?«
»Morgens habe ich Golf gespielt. Dann bin ich nach Göteborg gefahren. Ich war wohl so ungefähr gegen zehn Uhr abends wieder zu Hause in Lindås.«
»Ich nehme an, dass Sie Leute getroffen haben, die das bestätigen können?«
»Ja und nein.«
»Was heißt das?«
»Ich habe mit einem guten alten Freund Golf gespielt. Im Vassunda Golfclub, ich bin Mitglied dort. Wir waren wohl so gegen elf Uhr fertig. Und was Göteborg betrifft, so könnte ich auch eine Person nennen, die für mich bürgt, aber ich ziehe es vor, das nicht zu tun. Zumindest bis auf Weiteres.«
»Und warum nicht?«, wollte Eva Backman wissen und begriff im selben Moment, worum es ging.
»Es handelt sich um eine Frau«, sagte Tomas Winckler. »Das ist etwas heikel. Ich möchte nicht, dass sie Probleme kriegt.«
»Sie haben nicht vielmehr eher Angst, dass Sie selbst Probleme kriegen?«
Tomas Winckler schüttelte abwehrend den Kopf. »Meine Frau weiß, dass sie existiert. Sie akzeptiert es. Wir sind moderne Menschen. Aber diese Frau in Göteborg ist leider mit einem … einem unmodernen Menschen verheiratet.«
Verdammt elegant formuliert, dachte Eva Backman wütend. Bis hin zu der kleinen Kunstpause. Er muss das im Auto auf dem Weg hierher geübt haben.
Ein unmoderner Mensch.
»Ich notiere mir das«, sagte sie. »Ich nehme an, dass sie Sie decken würde, wenn es notwendig wäre? Auch wenn Sie gar nicht zusammen gewesen sind.«
Tomas Winckler holte tief Luft und betrachtete Inspektorin Backman mit einem traurigen Gesichtsausdruck.
»Ich habe Germund Grooth nicht getötet«, sagte er. »Ich glaube, dass niemand das getan hat. Aber zugegeben, ich kann mich in der Beziehung irren.«
Eva Backman nickte verärgert.
»Warum hat er Sie im Juni besucht? Das muss doch eine Überraschung gewesen sein. Mit Frau und allem?«
»Natürlich kam es überraschend«, stimmte Winckler zu. »Ich hatte es nur so dahingesagt, als wir uns in Göteborg über den Weg gelaufen waren. Wie man das so macht. Komm doch mal vorbei … es war natürlich gar nicht so gemeint gewesen.«
»Aber er nahm es ernst?«
»Ja, das hat er gemacht. Aber ich habe doch schon mit Inspektor Barbarotti über diesen Besuch gesprochen. Und meine Frau hat mit Ihnen gesprochen. Ich bin mir sicher, dass keiner von uns dem noch etwas hinzuzufügen hat.«
Eva Backman nickte. »Das akzeptiere ich erst einmal so. Ich habe auch eigentlich nur noch zwei Fragen. Zum einen, warum um alles in der Welt sind Sie damals so weit auseinander durch den Wald gegangen? Sie hatten ja nicht einmal Augenkontakt zueinander. Finden Sie nicht auch, dass das merkwürdig erscheint?«
»Nein«, antwortete Tomas Winckler.
»War es vielleicht so, dass Sie das abgesprochen hatten?«
»Abgesprochen?«
Er schien die Frage nicht zu verstehen.
»Nein, wirklich nicht«, fuhr er dann fort, nachdem er zuvor sein Handy aus der Jackentasche geholt und es einen kurzen Moment lang angestarrt hatte. »Aber ich kann mich erinnern, dass Sandlin das auch etwas merkwürdig fand. Am Anfang habe ich gedacht, er hätte da wirklich einen Punkt. Aber je mehr ich darüber nachgedacht habe, umso weniger merkwürdig fand ich es. Wenn man Pilze sammeln will, ist es doch idiotisch, gemeinsam zu gehen und an derselben Stelle zu suchen. Meistens fängt man in kleinen Gruppen von zwei oder drei Leuten an, aber wenn man dann weiter im Wald herumstreift, sorgt man irgendwie automatisch dafür, sich sein eigenes Revier zu verschaffen. Man löst sich voneinander, und nach zehn oder fünfzehn Minuten ist man
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