Einsamen
Barbarotti.
»Mhm?«
»Alles ist gut, sagen sie, aber ich kann nicht verstehen, wieso sie so müde sein kann. Auf jeden Fall lässt sie grüßen und hat gesagt, sie möchte dich gern sehen. Irgendwann am Wochenende, wenn du Zeit hast. Ich habe ihr auch das mit Grooth erklärt … sie ist vollkommen einverstanden, mit dir über ihn zu sprechen.«
»Ausgezeichnet«, sagte Backman. »Dann gehe ich am Sonntagnachmittag zu ihr, nachdem ich die Jungs Ville übergeben habe. Wie ist es eigentlich gestern bei dem Pfarrer gelaufen, du hast bisher nur gesagt, dass nichts dabei herausgekommen ist?«
Gunnar Barbarotti berichtete kurz von seinem Gespräch mit Rickard Berglund. Oder er versuchte zumindest, umfassend zu berichten, er selbst fand es schwierig, irgendeine Form von Struktur in dem Gespräch zu finden.
»Wir haben über alles Mögliche gesprochen«, erklärte er. »Vielleicht spielten die Umstände eine gewisse Rolle. Mariannes Gehirnblutung und seine Ehefrau, die gerade gestorben ist. Das war … es war irgendwie einfach nicht die Situation für eine ordentliche Vernehmung. Vielleicht habe ich es auch nur vermasselt.«
»Was hättest du denn vermasseln sollen?«
Barbarotti zuckte mit den Schultern. »Ich weiß es nicht. Nein, es gab wahrscheinlich nichts, was man hätte vermasseln können. Aber es ist mir nicht einmal gelungen, sein Alibi zu überprüfen, was man wohl zumindest hätte erwarten können … aber ich denke, ich werde es noch mal im Hospiz gegenchecken.«
»Er war an diesem Samstag bei seiner Frau?«
»Wahrscheinlich. Aber er kann sich nicht mehr genau erinnern, schließlich hat er mehr als einen Monat so gut wie immer bei ihr gesessen.«
»All right«, sagte Eva Backman. »Dann überprüfe das. Beide Wincklers haben ein schwaches Alibi, Elisabeth Martinsson auch. Verdammt, ist es nicht merkwürdig, dass keiner von ihnen ausfällt?«
»Und vor fünfunddreißig Jahren hat es auch keiner getan«, sagte Barbarotti. »Ja, das ist schon merkwürdig, man kann sich fragen, ob das wirklich nur eine Frage des Zufalls ist. Was willst du heute Nachmittag machen?«
»Ich werde die restlichen Unterlagen der Kollegen in Skåne durchgehen«, sagte Eva Backman seufzend. »Wahrscheinlich werde ich mehr über Germund Grooth wissen als Marianne, wenn ich sie Sonntag besuche.«
Gunnar Barbarotti nickte, hatte aber keinen Kommentar dazu auf Lager.
Ich verliere meinen Biss, dachte er, als er wieder in seinem Büro war. Ich erkenne mich selbst nicht mehr.
Vielleicht hatte das etwas mit Marianne zu tun. Doktor Berngren hatte mit ihm darüber gesprochen. Passen Sie auch auf sich auf, hatte er ihn ermahnt. Ein verzögerter Schock ist in solchen Situationen nicht ungewöhnlich.
Aber er fühlte sich eher abgestumpft. Vielleicht äußerte der Schock sich in dieser Form? Lars hatte es auf jeden Fall heute Morgen am Frühstückstisch bemerkt, oder war es Martin gewesen: Guten Morgen, Papa, ist heute jemand bei dir im Kopf zu Hause?
Er konnte sich nicht mehr erinnern, was er darauf geantwortet hatte, ob er überhaupt etwas geantwortet hatte. Aber das war bezeichnend, oder? Er fühlte sich nicht anwesend, und das war ihm offensichtlich auch anzumerken. Wenn er an Mariannes Bett im Krankenhaus saß, dann war er zwar an Ort und Stelle, zumindest solange sie wach war. Vielleicht sollte er sich lieber die ganze Zeit dort aufhalten? Genau wie Rickard Berglund es getan hatte.
Aber er war ja dort von keinem Nutzen. Zumindest den größten Teil der Zeit nicht. Wenn er irgendwo gebraucht wurde, dann war das zu Hause. Marianne und er hatten die Verantwortung für fünf Kinder, und da war es nur bedauerlich, dass er nicht häufiger anwesend sein konnte. In einer Situation wie dieser.
Bis heute Abend werde ich mich zusammengerissen haben, beschloss Inspektor Barbarotti. Jetzt muss es ja wohl genug sein mit diesen schockartigen Flusen. Meine wichtigste Aufgabe … meine wichtigste Aufgabe ist es, die Familie zusammenzuhalten und mich um sie zu kümmern. Dafür zu sorgen, dass sie spüren, dass sie mir auch wichtig sind. Dass es vorangeht. Sie werden diese Zeit für den Rest ihres Lebens nicht mehr vergessen.
Er schaute auf die Uhr. Halb zwei. Er gähnte. Es gab die Papiere von vier verschiedenen Ermittlungen durchzusehen. Die Gåsaklyftangeschichte nicht mitgerechnet, aber dafür hatte er keine neuen Berichte einzusehen. Er blätterte eine Weile die Stapel durch, ohne wirklich Enthusiasmus zu empfinden.
Gähnte erneut. Schaute aus
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