Einsamen
trotzdem deutlich spürbar.«
»Immer nur für eine Nacht?«, fragte Barbarotti.
Marianne trank ihr Weinglas leer und stellte es auf den Tisch.
»Weißt du was, Gunnar«, sagte sie, »ich mache dir einen Vorschlag. Wenn ihr noch mehr über Germund Grooth wissen müsst, dann denke ich, ist es besser, wenn ich mit Eva Backman darüber spreche.«
»Mit Eva?«, fragte Barbarotti nach. »Nie im Leben. Das hier … das bleibt unter uns.«
»Manchmal«, bemerkte Marianne, »manchmal bist du unglaublich primitiv, weißt du das?«
Gunnar Barbarotti antwortete nicht. Du auch, dachte er. Unglaublich, zumindest bevor du mich kennengelernt hast. Lass mich jetzt in Ruhe. Ich muss ungestört ein bisschen mit Unserem Herrgott reden.
Und da sie offenbar seine Gedanken lesen konnte, stand sie auf und ging ins Schlafzimmer.
23
D er Spatz hier.
April 1971. Bin einundzwanzig geworden. Mündig, merke aber keinen Unterschied.
Dieses Mal haben Mama und Papa darauf bestanden, herzukommen. Tomas hatte einen Tisch bei Taddis bestellt, wir haben etwas gegessen, das »Indonesisches Festmahl« hieß, die üblichen sechs plus Mama und Papa. Acht Leute um einen Tisch herum mit mindestens zwanzig Gerichten, es war das erste Mal, dass sie Germund gesehen haben, aber nicht das erste Mal, dass sie Gunilla sahen. Ich glaube, sie geben mich langsam auf, zumindest Papa, er findet es ganz schön, mich nicht mehr unter seinem Dach zu haben, hat uns aber trotzdem gedrängt, doch in ihr Haus in Spanien zu fahren. Tomas und Gunilla waren im Januar dort, laut Tomas hat es dort mehr oder weniger die ganze Zeit geregnet.
Ich wohne bei Germund, es ist jetzt fast fünf Monate her, seit ich zu ihm gezogen bin. Ich finde, er hält seinen Stil, er ist jedenfalls nicht so verflucht perfekt, wie die anderen zu sein versuchen. Oder so verdammt politisch. Er ist einfach nur. Und verdammt begabt natürlich, wir reden nicht viel, aber ich habe das Gefühl, dass wir uns dennoch verstehen. Wenn es denn tatsächlich etwas zu verstehen gibt, und wir haben immer noch guten Sex.
Richtig guten Sex, es ist tatsächlich gar nicht so dumm, sich aneinander zu gewöhnen, ich kann ihn schon damit reizen, nur einen Strumpf auszuziehen, wenn ich will. Ich glaube, ich wäre gern mal mit einem Mädchen zusammen, nur um zu sehen, wie das ist. Habe mich aber noch nicht entschieden, ob ich das bei Germund zur Sprache bringen soll, vielleicht verläuft ja da die Grenze. Bei den Typen ist es so einfach. Sie sind leicht zu lenken und zu durchschauen, aber bei ihm will ich es so. Es gefällt mir, die Kontrolle zu haben, man weiß, was man hat, aber nie, was man kriegt, noch so eine Platitüde von Papa.
Auf jeden Fall habe ich das Gefühl, es ist ein Schritt in die richtige Richtung. Besonders für eine junge, böse Frau wie mich, die das Normale so leicht leid wird. Ich weiß nicht, was ich aus meinem Leben machen soll, ich weiß es wirklich nicht.
Das beunruhigt mich nicht, aber manchmal kommt mir der Gedanke, dass es das eines Tages tun wird. Mich beunruhigen. Dass ich so wie die anderen werde.
Ich glaube, Gunilla ist wieder schwanger, aber sie haben nichts gesagt. Vielleicht haben sie Angst, dass es genauso sein wird wie beim letzten Mal, ich verstehe nicht, was sie da treiben. Rickard und Anna dagegen kriegen definitiv kein Kind, die sind viel zu vorsichtig für diese Art von Waghalsigkeit. Rickard und Papa haben sich während dieses indonesischen Festmahls ziemlich tiefsinnig miteinander unterhalten, zumindest sah es so aus. Ich weiß nicht, worum es sich gedreht haben mag, und es war natürlich ein wenig verwunderlich. Statt sich dem eigenen Sohn oder der eigenen Tochter und deren Anhang zu widmen, war es der junge Theologe, der Gefallen erweckte. Vielleicht waren es ja gerade Religion und Glauben, die auf der Tagesordnung standen. Papa hat schon immer ein Interesse in dieser Richtung gehabt, auch wenn er nie Nägel mit Köpfen gemacht hat. Im Gegenteil. Er hat immer alles nur zur Hälfte gemacht, so dass er auf jeden Fall noch eine Hälfte zur Verfügung hat. Ich glaube, er denkt wirklich so. Das ist genauso verabscheuenswert wie unantastbar, er hat wirklich nicht begriffen, worüber Ibsen in Brand geschrieben hat.
Oder worum es eigentlich geht. Mama auch nicht.
Ich bin fertig mit dem Französischen. Drei Prüfungen in drei Semestern müssen reichen. Die ersten beiden mit Auszeichnung, die dritte nicht, aber das liegt nur an mir. Es hat mich nicht so interessiert, ich habe
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