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Einsamen

Einsamen

Titel: Einsamen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Nesser
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Jahr an der Schule zu Ende gemacht …wenn ich mich recht erinnere. Ja, er hat wohl bis zum Halbjahresende durchgehalten, mir ist so, als hätte er bei einer Lehreraufführung mitgemacht. Nur so eine Nebensache, ein kleiner, alberner Chor, aber deshalb kann ich mich noch an ihn erinnern. Er war auch auf einigen Lehrerfesten mit dabei. Nachdem sie gestorben ist, meine ich.«
    Eva Backman trank einen Schluck Kaffee. Dachte, dass er etwas zurückhielt, das war ihm anzumerken. Dass er eine Erinnerung an Germund Grooth hatte, die er aus irgendeinem Grund nur sehr ungern preisgab. Aber vielleicht bildete sie sich das auch nur ein. Aus einer Art Berufskrankheit heraus.
    »Können Sie die beiden beschreiben?«
    Er schob seine Brille zurecht und dachte nach.
    »Ihn vielleicht, aber sie kaum. Sie war ja nicht einmal einen Monat bei uns, als sie umkam, ich glaube, ich habe nicht ein einziges Mal mit ihr gesprochen. Obwohl, sie war hübsch, daran erinnere ich mich noch.«
    »Ja, davon habe ich auch gehört«, sagte Backman.
    »Sie waren ja gerade erst hergezogen. Es war damals ein ziemlich junges Kollegium … das Durchschnittsalter lag bei gut dreißig, denke ich. Das ist heutzutage anders, es sind mindestens sechs Leute, die im Sommer in Pension gehen. Auf jeden Fall war damals ein bisschen mehr Schwung drin … aber auch ziemlich viel Pfusch, wie ich fürchte. Die schwedische Grundschule hat ja in den Siebzigern nicht besonders viele Nobelpreisträger hervorgebracht.«
    »Ich weiß«, nickte Eva Backman. »Ich bin 1980 da raus und habe nie einen Preis auch nur am Horizont winken sehen. Aber wie würden Sie ihn nun beschreiben? Germund Grooth?«
    Alf Ringgren zögerte eine ganze Weile mit seiner Antwort. »Ich glaube nicht, dass ich ihn beschreiben kann«, erklärte er dann. »Es gibt da eigentlich nur einen Zwischenfall, an den ich mich erinnere.«
    »Einen Zwischenfall?« Habe ich mir doch gedacht, durchfuhr es sie.
    »Oder wie Sie es nennen wollen. Er ist mit einem Kollegen aneinandergeraten, ich glaube, das war irgendwann im Frühling.«
    »Was meinen Sie mit ›aneinandergeraten‹?«
    »Na, es gab Krach. Er hieß Svantesson, der andere Kollege, ich kannte ihn ganz gut, aber leider ist er jetzt tot. Magenkrebs, ist nur fünfundfünfzig geworden. Ist jetzt sieben, acht Jahre her. Auf jeden Fall hat er Germund Grooth eine gelangt. Und zwar nach so einem zähen Elternabend, wir haben noch mit einigen Kollegen im Lehrerzimmer ein Bier getrunken, bevor wir nach Hause gegangen sind. Ja, ich glaube, es war im März oder April.«
    »Und dieser Svantesson hat also Germund Grooth eine gelangt?«
    »Ja.«
    »Und warum?«
    »Ich habe es nicht gesehen, und ich bin mir nicht sicher. Ich glaube, es war draußen in der Garderobe, und hinterher wollte Svantesson nicht darüber reden. Aber ich habe von einem anderen Kollegen gehört, dass Grooth mit dessen Frau was gehabt haben soll.«
    »Grooth war zusammen mit …?«
    »Mit Svantessons Frau, ja. Ich weiß natürlich nicht, wie viel Wahrheit dahintersteckt, man will ja in so einer Wunde nicht herumbohren, und nach diesem Zwischenfall ist nichts mehr passiert. Wir haben auch nie darüber gesprochen, obwohl ich mit Svantesson häufiger zu tun hatte. Aber es war natürlich peinlich.«
    »Und nachdem Grooth weggezogen war, verlief sich das im Sande?«
    »Könnte man so sagen, ja.«
    »Wissen Sie, ob Frau Svantesson noch am Leben ist?«
    »Nein, sie ist letztes Jahr gestorben. Oder war es vorletztes?«
    Eva Backman seufzte. »Glauben Sie, dass es noch andere Lehrer aus der Zeit gibt, die möglicherweise Grooth etwas besser gekannt haben?«
    Alf Ringgren lehnte sich zurück und dachte erneut nach. Fuhr sich mit der Hand über das Kinn und die Wangen, als wollte er seine Rasur überprüfen. »Mir fällt keiner ein«, sagte er schließlich. »Aber es ist klar, dass man das herauskriegt, wenn man in die Akten der Schule guckt. Zwei der Kollegen, die mit mir zusammen in Pension gehen, waren 1975 auch schon dabei, wenn ich mich nicht irre. Ein Naturwissenschaftler beispielsweise. Aber ich glaube kaum, dass einer von denen ein guter Freund von Germund Grooth war. Oder sonst einer.«
    »Wieso nicht?«
    »Weil … weil er nicht gerade zur Freundschaft eingeladen hat.«
    »Klingt ein wenig hart«, sagte Eva Backman.
    »Ja, das merke ich auch gerade«, sagte Alf Ringgren. »Aber so war es nun einmal, auch wenn ich natürlich meinem Gedächtnis nach so langer Zeit nicht mehr hundertprozentig vertrauen

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