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Einsatzort Vergangenheit (German Edition)

Einsatzort Vergangenheit (German Edition)

Titel: Einsatzort Vergangenheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Neumann
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allen Dingen für mich,
wäre es ein herber Verlust, ginget Ihr zurück in Eure Heimat!“ Hatte Raleigh
etwa tiefer gehende Gefühle für mich? Ich hoffte doch nicht. Sicherlich mochte ich
ihn, sehr sogar, aber das durfte einfach nicht passieren. Hatte ich mir vor
einigen Tagen noch Sorgen gemacht, dass Bess Throckmorton sich in Phil
verlieben konnte, musste ich wohl eher aufpassen, dass ich Raleigh nicht zu
sehr ans Herz wuchs. Warum musste das Ganze so kompliziert sein? Warum konnte
ich nicht einfach hingehen und sagen:
    „Walter,
weißt du was? Tu mir einen Gefallen: sammel‘ ein wenig Geld und organisiere ein
paar Schiffe, die sich nach Amerika aufmachen! Und du Francis? Bleib einfach hier,
wo du bist. Deine Zeit ist später!“ Dieser Eiertanz wurde langsam zur
Zerreißprobe für mich. Ich bevorzugte klare Worte und das hier war das absolute
Gegenteil.
    „Das
kommt ganz drauf an, Sir Walter, ich kann leider nicht in die Zukunft sehen,
von daher ist mein Verbleib ungewiss“, erwiderte ich mit einem schüchternen
Lächeln. Um auch Drake in unsere Unterhaltung mit einzubeziehen, wandte ich
mich an ihn:
    „Sagt
Sir Francis, würde es Euch etwas ausmachen mir von Eurer Weltumseglung zu
erzählen. Ich habe davon gehört und muss zugeben, der Gedanke allein ist so
unglaublich. Seid so gut und erzählt mir von Euren Abenteuern.“ Dieser
Aufforderung kam Drake nur allzu gerne nach und er begann mit schillernden
Farben von seiner Weltumsegelung zu erzählen. Seinen berühmt berüchtigten
Kapernzug gegen die Spanier ließ er selbstverständlich nicht unerwähnt.
Immerhin war er mit unermesslichen Reichtümern nach England zurückgekehrt und
war deshalb von der Königin in den Ritterstand erhoben werden. Bescheiden
konnte man Drake nicht nennen, aber er war auch eine einzigartige
Persönlichkeit, da sah ich es ihm gerne nach, dass er sich einem Pfau ähnlich
aufplusterte. Immerhin musste er sich nicht mit fremden Federn schmücken und
seine Erzählungen waren mehr als unterhaltsam.
    „Erlaubt
mir, dass ich Euch eine Frage stelle: Warum hat England noch keine Kolonien in
der neuen Welt gegründet? Ihr seid schon einmal um die ganze Welt gesegelt,
doch trotz allem habt Ihr keine neuen Ländereien in Anspruch genommen. Die
Spanier und Portugiesen erobern Amerika und England lässt sich das entgehen?“
Wie gesagt, ich war eine Frau der klaren Worte und ich war zu dem Entschluss
gekommen, dass es an der Zeit war, langsam vorwärts zu preschen. Blieb nur zu
hoffen, dass sie meine Frage ernst nahmen und nicht als Geschwätz einer
einfältigen Frau abtaten. Auch wenn das Staatsoberhaupt eine Frau war, galt
auch hier die traditionelle Rollenverteilung und Frauen hatten in der Regel
nichts zu melden. Ich würde nie erfahren, ob die beiden mir eine Antwort
gegeben hätten, denn in diesem Moment ertönten Fanfaren, die uns darauf
aufmerksam machten, dass die Königin sich nun zur Ruhe begab. Ein Zeichen für
uns, dass der Abend auch für uns beendet war.
     
    Phil,
der zum wiederholten Male den ganzen Abend der Königin Gesellschaft geleistet
hatte, gesellte sich zu uns und rief mich zum Aufbruch auf. Vielleicht war es
ganz gut so, dass das Thema nicht mehr vertieft wurde, denn so konnten die
beiden noch ein wenig über das Gesagte nachdenken und vielleicht fiel es auf
fruchtbaren Boden. Wir waren nun schon über vier Wochen in dieser Epoche und
mit der Zeit bekam ich große Sehnsucht nach Hause. Ich hätte nichts dagegen
gehabt, wenn unser Auftrag morgen erledigt und wir wieder ins 21. Jahrhundert
zurückgereist wären. Hinzu kam, dass es für mich nicht viel zu tun gab. Außer
meiner Aufgabe mich um Raleigh zu kümmern, gab es kaum andere Dinge, die ich in
meiner Freizeit tun konnte. Sicherlich gab es den einen oder anderen Besuch,
den ich den anderen Damen des Hofes abstattete und dann musste ich mich auch
noch um meine vielen Verehrer kümmern. Ich versuchte mich, wo es nur ging,
rarzumachen, doch anscheinend spornte das die Herren nur an. Jeder von ihnen
setzte alles drauf und dran, mich davon zu überzeugen, dass er der richtige
Gatte für mich sei. Damit war ich zwar beschäftigt, aber richtig erfüllend war
das beileibe nicht.
    „Hattest
du einen interessanten Abend?", fragte Phil, als wir von Fackeln tragenden
Lakaien begleitet unseren Heimweg antraten. Frost hatte die Stadt heimgesucht
und die Kälte kroch uns in die Glieder. Bei jedem Atemzug, den wir taten,
stiegen kleine weiße Wölkchen vor uns auf, was uns dazu

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