Einsatzort Vergangenheit (German Edition)
dass er die Nächte jedoch in unserem Haus
verbrachte, beruhigte mich enorm. Schien es doch meine Theorie zu stützen, dass
Elizabeth lediglich Wert auf Unterhaltung legte, sie war nun einmal keine
Katharina von Russland. Allerdings, so flüsterte mir eine kleine, gemeine
Stimme in meinem Kopf zu, war Sex nicht ausschließlich der Nacht vorbehalten.
Der Gedanke daran, was in den Räumen der Königin vor sich ging, oder auch
nicht, erfüllte mich merkwürdigerweise mit Unbehagen.
Dadurch,
dass er fast seine gesamte Zeit mit der Königin verbrachte, sah ich Phil nur
noch zwischen Tür und Angel. Wir hatten uns angewöhnt, am Abend aufeinander zu
warten, um uns von unseren Fortschritten zu erzählen. Viel war bisher noch
nicht geschehen, was uns in unserem Auftrag hätte vorwärts bringen können.
„Und
was gibt es Neues aus den Gemächern der Königin?“, begrüßte ich Phil eines
Abends, als er nach Hause kam. Ich war schon vor einer ganzen Weile nach Hause
gekehrt, da er den Abend in den privaten Räumen Elizabeths verbracht hatte und
sich seine Heimkehr dadurch verzögert hatte. Ich saß mit einem Becher Wein vor
dem Kamin und genoss die Stille sowie die Tatsache, dass ich endlich einmal
alleine war. Den ganzen Tag über war ich von allen möglichen Leuten umgeben,
angefangen von Meg am Morgen, die mir bei der Morgentoilette zur Hand ging,
hinüber zu Phil und allen anderen bei Hofe. Ich war gerne in der Gesellschaft
anderer, doch irgendwann kam auch bei mir der Punkt, an dem ich meine Ruhe
wollte. Und darum war ich dankbar für die Tatsache einmal ein paar Minuten für
mich alleine zu haben, um nur meinen Gedanken nachhängen zu können. Phil kam zu
mir und ließ sich auf den zweiten Stuhl vor dem Kamin fallen. Er sah müde und
erschöpft aus. War es dermaßen anstrengend der Favorit der Königin zu sein?
„Wie
es der Zufall so will, sind wir heute auf das Thema Kolonien gekommen!“ Sofort
hatte er mein Interesse geweckt. Ich setzte mich aufrecht im Stuhl hin und
blickte ihn erwartungsvoll an.
„Und?
Was hat sie zu dem Thema zu sagen?“
„Die
Kurzfassung? Sie will die Kolonien, weil sie keine Lust mehr darauf hat, dass
die Spanier sich alle Reichtümer einstreichen und sie das Nachsehen hat!“
„Das
wissen wir schon und weiter?“
„Sie
zögert Raleigh die Erlaubnis zu geben, weil er schon beim letzten Mal solchen
Bockmist verzapft hat. Und dann gibt es noch Gerüchte, dass Drake auch
lossegeln will.“
„Das
ist auch nicht neu! Was hattest du zu dem Thema zu sagen? Du hast ihr doch
hoffentlich erzählt, dass Raleigh der bessere Kandidat ist?“
„Jein.
Ich wollte nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen. Ich habe ihr nur geraten,
dass es nur jemand sein darf, dem sie unbedingt vertraut. Und wir wissen ja
beide, dass sie dem guten Walter, genauso wie du, sehr zugetan ist.“ Immer
wieder musste er deswegen sticheln, langsam wurde der Gag alt.
„Er
ist ja auch ein netter Mann, außerdem tue ich nur meinen Job. Wie du ja auch!“
„Du
willst aber nicht abstreiten, dass du das bessere Los gezogen hast. Du bekommst
diesen knackigen Seeräuber und ich die böse alte Hexe.“ Seine Bemerkung ließ
mich kurz auflachen, dann wurde ich jedoch wieder ernst.
„Aber
auch die böse alte Hexe ist nicht zu verachten. Sieh zu, dass sie Raleigh das
ok zur Reise gibt und nicht aus Versehen das Patent an Drake aushändigt!“
„Ihr
Wunsch ist mir Befehl, meine Dame!“ Wie gut nur, dass Elizabeth nicht wusste,
dass die folgenden Expeditionen Raleighs auch nicht von Erfolg gekrönt waren.
Zwar würden die ausgesandten Männer sich niederlassen, doch die Phase der
Besiedelung war nicht lange von Bestand, genauso wenig wie die Nächste, aber
davon musste, Lizzie nichts wissen.
Bei
einer Theateraufführung, die für die Königin im Palast veranstaltet wurde, traf
ich erneut auf Raleigh. Irgendeine Komödie wurde aufgeführt, der bei Weitem
jedoch der Charme und Humor eines Stückes von Shakespeare fehlte. Mir war schon
nach kurzer Zeit klar, warum die Bekanntheit des Stücks nicht bis in meine Zeit
gereicht hatte, denn ich fand es schrecklich albern. Die Höflinge schienen sich
jedoch, im Gegensatz zu mir, zu amüsieren und das Gelächter um mich herum war
teilweise ohrenbetäubend.
Das
Stück hatte gerade geendet, da bahnte Raleigh sich seinen Weg zu mir und
verbeugte sich zur Begrüßung. Trotzdem wir doch schon recht vertraut
miteinander waren, erschien mir das Ganze manchmal noch so unwirklich.
Weitere Kostenlose Bücher