Einsatzort Vergangenheit (German Edition)
meinerseits. Sagt gute Frau, Ihr kommt nicht von hier, Euer
Akzent verrät es mir. Was hat Euch in unsere schöne Stadt getrieben und wie
lautet Euer Name?“
Ich
nannte ihm meinen Namen und erzählte ihm die gleiche Geschichte, die Phil schon
unserem Wirt erzählt hatte. Für die Menschen dieser Zeit war ich eine deutsche
Kaufmannsgattin und gemeinsam waren mein Mann und ich nach England gegangen, da
wir hier unseren protestantischen Glauben ungestört ausüben durften. Der Umzug
nach London sollte zusammen mit der Eröffnung eines neuen Geschäfts der Beginn
eines neuen Lebens darstellen.
„Mistress
Berger, ich bin entzückt Eure Bekanntschaft zu machen. Wärt Ihr doch noch zu
haben, ich freite sicherlich um Euch. Ein Blick in Eure rehbraunen Augen, ein
Wort nur von Euren rosengleichen Lippen und ich bin der Eure!“ Das war aber
starker Tobak; wollte um mich freien, während sich seine Frau in
Stratford-upon-Avon mutterseelenallein um die Kinder kümmerte. Was für ein
Schwerenöter! Waren denn alle Männer gleich und hinter jedem sich anbietenden
Rock her? War Sven auch so einer? Trotzdem konnte ich nicht anders als zu
erröten. Der Charme und die Leichtigkeit, die er versprühte, ließen mich wieder
wie einen Teenager fühlen. Und wer wäre nicht geschmeichelt, wenn Shakespeare
persönlich ihn umgarnte?
„Master
Shakespeare, ich fühle mich geehrt, aber mein Herz gehört einzig und alleine
meinem Gatten“, erwiderte ich dennoch. Mit einem Ausdruck des Bedauerns nahm
Shakespeare meine Hand und hauchte einen Kuss darauf.
„Dürfte
ich erfahren, was Ihr da mit meiner Gattin macht?“, ertönte in diesem Moment
eine wütende Stimme. Ich blickte auf und sah Phil vor uns stehen. Zu sagen,
dass er not amused war, wäre noch untertrieben gewesen. Gefährlich blitzten
seine Augen in Shakespeares Richtung und die Hand, mit der er den Knauf seines
Schwerts umklammerte, verriet ganz eindeutig, dass er auch bereit war, es zu
nutzen. Eilig entzog ich Shakespeare meine Hand.
„Geliebter
Ehemann, darf ich Euch vorstellen, das ist William Shakespeare. Er dachte, ich
sei alleine hier und wollte mir lediglich etwas Gesellschaft leisten“, beeilte
ich Shakespeare zuvor zu kommen, bevor dieser etwas sagte, das Phil noch mehr
verärgerte. Eine Wirtshausschlägerei mit Phil und dem guten alten Will, der so
alt gar nicht war, fehlte mir noch.
„Verzeiht
Sir, aber ich wollte Euch nicht beleidigen. Eure Gattin jedoch ist eine solche
Augenweide, dass es eine wahre Freude ist, sie anzusehen. Ich konnte nicht
anders, ich musste mich ihr einfach nähern. Sie ist ein wirkliches Juwel und
ich beneide Euch um Euer Glück.“ Also langsam wurde mir das, was Shakespeare da
von sich gab, zu viel. Ein bisschen weniger dick aufgetragen hätte es für
meinen Geschmack auch getan.
„Ich
muss Euch zustimmen, so eine wie mein Weib gibt es nur einmal.“ Phil hob meine
Hand an. Eben jene, die Shakespeare vor einigen Momenten noch gehalten hatte,
und hauchte einen Kuss darauf. Eine Gänsehaut von Kopf bis Fuß überkam mich und
die Stelle, an der sein Atem meine Haut berührt hatte, schien zu prickeln. Wie
konnte es sein, dass ein und dieselbe Geste verschiedene Reaktionen hervorrief?
Bei Shakespeare fühlte ich mich lediglich geschmeichelt, bei Phil ließ diese
Geste einen wohligen Schauder durch meinen ganzen Körper gehen. Warum war ich
plötzlich so empfänglich für seinen Charme, der hatte mich bisher doch auch
nicht berührt? Was sollte ich tun? Ihm meine Hand entreißen und ihn angiften,
was er sich da rausnahm? Dann glaubte uns aber keiner mehr, dass wir ein
Ehepaar waren. So machte ich gute Miene zum bösen Spiel, lächelte ihn
schüchtern an und ließ meine Hand in der seinen liegen. Phil erwiderte meinen
zaghaften Versuch eines Lächelns mit einem strahlenden Lächeln seinerseits.
„Verzeiht
Master Berger, es lag mir fern Euch zu verärgern. Lasst es mich wieder
gutmachen. Warum kommt Ihr am Donnerstag nicht zum Curtain und seht euch mein
neues Stück an. Es heißt „Romeo und Julia“, eine Tragödie, wie Ihr Sie noch
nicht gesehen habt.“ Wenn er wüsste! Für einen Moment war ich versucht „Es war
die Nachtigall und nicht die Lerche“ zu reklamieren, verwarf aber dann den
Gedanken so schnell, wie er gekommen war. Ich wollte nicht, dass er auf die
Idee kam, dass ich die Näherin oder Sonstiges einer konkurrierenden
Schauspieltruppe war.
„Wir
werden sehen, ob es sich einrichten lässt“, antwortete Phil
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