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Einsatzort Vergangenheit (German Edition)

Einsatzort Vergangenheit (German Edition)

Titel: Einsatzort Vergangenheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Neumann
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Auftrag erfolgreich
beendet!“, versicherte er mir und sah mich dabei direkt an. Unsere Blicke
trafen sich und für einige Sekunden starrten wir uns nur an. Keiner blinzelte
oder wandte sich ab. Die Luft im Raum schien auf einmal zum Zerschneiden dick
und das gesamte Zimmer erschien mir plötzlich viel zu klein für uns beide. Trotzdem
er mich nicht berührte, war er mir viel zu nahe. Seine Augen schienen mit einem
Mal dunkler als sonst, gleich einem stillen, dunklen See. Unergründlich und
geheimnisvoll. Ein merkwürdiges und nicht näher zu beschreibendes Gefühl
überkam mich in meiner Magengrube und schien sich im Rest meines Körpers
auszubreiten. Um den Bann zu brechen, stand ich abrupt von meinem Stuhl auf.
    „Was
sitzen wir hier noch rum? Los, lass uns raus. Wenn wir hier im Zimmer bleiben,
werden wir nie rausfinden, was schief gelaufen ist!“ Für einen kurzen Moment
glaubte ich einen Schatten über sein Gesicht laufen zu sehen, aber das war
vermutlich nur eine Sinnestäuschung gewesen.
    „Außerdem
will ich die Stadt stehen. Ich habe die einmalige Gelegenheit London vor dem
großen Brand zu sehen. Und die London Bridge! Lass uns dahin gehen, bitte!“
Plötzlich war ich aufgeregter als ein Kind an Weihnachten, auf das einen Berg
voller Geschenke wartete.
    „Na
dann komm du Quälgeist, dann will ich dir mal die Stadt zeigen. Einen besseren
Reiseführer als mich wirst du nicht finden. Habe ich dir schon mal erzählt,
dass ich schon mal hier war? Damals war Henry VIII. noch König, aber so viel
wird sich in den paar Jahren nicht geändert haben.“ Er erhob sich ebenfalls,
öffnete die Tür und schob mich zum Gang hinaus.
    „Woher
soll ich denn wissen, dass du schon mal hier warst, wenn ich erst seit kurzer
Zeit weiß, dass Zeitreisen überhaupt möglich sind?“
    „Du
musst wohl immer das letzte Wort haben, oder?“ Amüsiert schaute er zu mir
hinüber.
    „Was
glaubst du denn?“ Woraufhin er netterweise schwieg.

8.
Kapitel
     
    Das
"George Inn" befand sich in Southwark, einem Gebiet, das auf der
anderen Seite der Themse lag und somit kein Teil des elisabethanischen Londons war.
Um in die City zu gelangen, mussten wir die London Bridge überqueren. Mir kam
das sehr entgegen, denn begierig brannte ich darauf dieses einzigartige Bauwerk
in natura zu bewundern. Bereits nach kurzem Fußmarsch hatten wir den Weg
erreicht, der zum Eingangstor der Brücke führte. Am Horizont konnte ich schon
die hohen Häuser und das Dach der Kapelle, die auf der Brücke standen,
ausmachen. Unvorstellbar, dass hier so viele Menschen lebten, dass die Brücke
als eigener Stadtteil galt. Je näher wir kamen, desto dichter wurde der Verkehr
um uns herum. Denn außer dieser Brücke gab es keine weiteren, die über die
Themse führten. Als wir uns dem Tor am Eingang der Brücke näherten, ließ ich
meinen begeisterten Blick über das imposante Bauwerk schweifen, bis ich erschrocken
innehielt. Zwei aufgerissene Augen starrten direkt in meine Richtung,
bedauerlicherweise würden diese Augen niemanden mehr ansehen. Es waren die
Augen einer armen, geköpften Seele, deren aufgespießter Kopf auf dem
Zugbrückentor befestigt worden war. Um diesem grausamen Anblick zu entweichen,
sah ich schnell woanders hin, doch auch hier blickte ich in das Gesicht eines
Geköpften. Die Augen weit geöffnet, den Mund verzerrt, als wolle er mir noch
etwas sagen. In meiner Aufregung die alte London Bridge zu sehen, hatte ich
diese grausame Sitte vergessen, bei der die Häupter von hingerichteten
Verrätern zur Warnung für andere potenzielle Verräter dort aufgestellt wurden.
Meine Augen wanderten über das Tor und zählten die einzelnen Köpfe, mehr als
zwanzig waren dort zur Schau gestellt.
    „Das…das
ist barbarisch“, stotterte ich schockiert.
    „Du
hast Geschichte studiert. Du weißt, dass nicht immer alles eitel Sonnenschein
war, warum erschreckt es dich so?“
    „Vielleicht,
weil ich erst mal damit zurechtkommen muss, dass ich hier bin und somit den
Gedanken an alles Unangenehme verdrängt habe?“
    „Dann
können wir ja froh sein, dass du uns nicht mitten in die Französische
Revolution katapultiert hast, da wäre das mit dem Verdrängen richtig schwer
geworden. Komm, lass uns weitergehen. Wir wollen ja nicht den ganzen Tag hier
verbringen, davon werden die auch nicht wieder lebendig!“ Sehr mitfühlend, Herr
Berger, wirklich sehr mitfühlend, schoss es mir durch den Kopf.
    Zwar
dauerte es nicht den ganzen Tag, dennoch kam es mir wie

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