Einsatzort Vergangenheit (German Edition)
der
Gegensprechanlage. Nun war es zu spät so zu tun, als sei ich nicht daheim. Mir
blieb wohl nichts anderes übrig als den Türöffner zu betätigen und sie
hereinzulassen. Was bitteschön wollte sie jetzt hier? Waren wir verabredet
gewesen und ich hatte es vergessen? Unter normalen Umständen freute ich mich
immer sie zu sehen, aber an diesem Abend hätte ich gut und gerne darauf
verzichten können. Wie sollte ich ihr erklären, was Phil und ich getan hatten,
was das Umstellen der Möbel erforderte, ohne dass es allzu unlogisch und
peinlich wurde? Und was war mit dem Kuss? Was war da eben nur vorgefallen? Wie
hatte das nur passieren können? Und warum hatte ich es so sehr gewollt? Die
Fragen schwirrten nur so in meinem Kopf. Antworten dazu konnte ich keine
finden.
„Hallo
meine Süße, ich hoffe, ich störe nicht. Ich war gerade auf dem Heimweg von
meiner Verabredung und habe gesehen, dass bei dir Licht brennt. Und da wollte
ich mal kurz bei dir vorbeischauen“, plapperte Marie munter drauf los. Sie
wartete nicht darauf, dass ich sie hereinbat, sondern spazierte geradewegs ins
Wohnzimmer.
Bei
Phils Anblick blieb sie stehen, schaute kurz zu mir und grinste. Beim Anblick
der zur Seite geräumten Möbel vertiefte sich ihr Grinsen.
„Ich
störe anscheinend doch.“ Wenn ihre Ohren nicht gewesen wären, hätte sie
vermutlich im Kreis gegrinst. Ihre schmutzige Fantasie schien schneller mit ihr
durchzugehen als galoppierende Pferde.
„Äh
Marie, das ist Phil Berger, mein Kollege. Er ist heute hier, weil…“, Hilfe
suchend sah ich zu ihm hin, in der Hoffnung, dass ihm etwas Plausibles einfiel.
„Tja,
es ist mir etwas peinlich. Es ist so, dass ich am Samstag Trauzeuge auf einer
Hochzeit bin. Von einem Trauzeugen erwartet man natürlich, dass er auch mit der
Braut tanzt. Aber leider habe ich zwei linke Füße. Als ich Laura davon erzählt
habe, hat sie angeboten mir einen kleinen Tanzkurs zu geben, damit ich
wenigstens so tun könnte, als ob.“ Das war genial, dachte ich mir. Er hatte
erklärt, warum das Wohnzimmer so aussah, wie es aussah, ohne dass Marie auf
zweideutige Gedanken kommen musste. Mit einer Ausnahme: Marie wusste von meiner
unrühmlichen Tanzschulvergangenheit, dass das Fragen nach sich zog, war
unvermeidbar. Maries Blick und das sich in ihr Gesicht fest eingegrabene
Lächeln sprachen Bände.
„Ja,
ich erinnere mich noch, mit welcher Begeisterung Laura zu unseren Tanzstunden
ging. Sie konnte einfach nicht genug davon bekommen. Damals wurde eine
Leidenschaft in ihr geweckt, die sie bis heute nicht losgelassen hat!“ Jetzt
trug sie aber ganz gewaltig auf. Ich warf ihr einen bösen Blick zu. Phil schien
zu bemerken, dass er nicht die beste Ausrede gewählt hatte.
„Es
ging auch nur um die Grundschritte, nix besonderes“, versuchte er zu retten,
was zu retten war.
„Die
hat sie dir ganz bestimmt beigebracht!“ Hatte ich noch vor Sekunden gedacht,
dass Maries Lächeln nicht mehr breiter werden konnte, so wurde ich sogleich
Lügen gestraft. Ein Breitmaulfrosch wäre bei ihrem Anblick neidisch geworden.
„Ich
glaube, dass ich verstanden habe, dass es nur darauf ankommt, der Partnerin
nicht auf den Fuß zu treten. Ich lasse Euch dann mal allein, ihr habt bestimmt
noch einiges zu bequatschen. Laura, wir sehen uns morgen in der Schule. Marie,
hat mich gefreut dich kennenzulernen!“, bereitete er seinen Abschied vor. Er
reichte der verdutzten Marie die Hand und machte sich auf den Weg Richtung
Ausgang.
„Warte,
ich bringe dich noch zur Tür“, rief ich ihm hinterher, woraufhin er im Flur
stehen blieb.
„Ich
dachte, dass du nur keine Lust zum Tanzen hast, aber du machst es wirklich
nicht gerne?“, flüsterte er mir an der Haustür zu, was ich mit einem Nicken bestätigte.
„Verstehe
ich wirklich nicht, du bist wirklich gut. Wobei wir die Volta noch mal üben
müssen. Wir beide sind noch nicht fertig, bei Weitem nicht“, fuhr er in
verschwörerischem Tonfall fort. Meinte er damit wirklich nur den Tanz oder doch
den Kuss? Den Kuss, den es leider nicht gegeben hatte. Zu fragen traute ich
mich nicht, da ich Angst vor seiner Antwort hatte. Was, wenn er doch nur den
Tanz gemeint hatte? Und was, wenn er diesen Kuss ebenso gewollt hatte? Welche
der Antworten wäre mir die liebere gewesen. Ich war verwirrt und total
aufgewühlt, wollte ihm das aber nicht zeigen.
„Ja,
lass uns morgen mal schauen, wann wir weitermachen können.“ Das klang doch
unverbindlich, oder? Sollte er doch aus meiner
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