Einsatzort Vergangenheit (German Edition)
verbrachten wir mit harmloser Konversation, wobei es mir teilweise sehr
schwer fiel, ihm die richtigen Antworten zu geben. Vieles, was er mich fragte,
hatte ich gar nicht erlebt, sondern musste ich mir ausdenken. Hoffentlich
konnte ich mich an all die Lügen, die ich erzählte, erinnern. Nicht, dass ich
nicht bei nächster Gelegenheit aufflog und man mich doch noch als spanische
Spionin verhaftete.
Auch
in den nächsten Tagen verbrachte ich viel Zeit mit Walter Raleigh zusammen, was
mir durchaus entgegen kam. Wir unternahmen gemeinsame Ausritte und trafen auf
den Veranstaltungen, die zur Unterhaltung der Königin gegeben wurden, immer
wieder aufeinander. Nicht nur, dass er durch seinen Charme zu bezaubern wusste,
er war auch unglaublich gebildet und unsere Unterhaltungen waren das reine
Vergnügen. Lustig fand ich es, dass er, trotzdem er der perfekte Höfling war,
stets seinem starken Heimatdialekt aus Devon treu blieb. Er schien sich zu
weigern seinen Dialekt abzulegen und sich dem Rest des Hofes anzupassen. Eine
sehr sympathische Eigenschaft, wie ich fand, hob sie doch hervor, was für ein
starker und selbstbewusster Charakter er war. Ich wusste, dass er trotz seines
niederen Standes recht begütert war, so schien er meine Gesellschaft nicht
ausschließlich nur aufgrund meines Erbes zu suchen. Er schien mich wirklich zu
mögen, was Phil nicht müde wurde zu betonen, als sei es ein Wunder, dass ein
Mann freiwillig meine Gesellschaft suchen konnte.
Inzwischen
war es zu einer Art Ritual geworden, dass sobald Phil und ich bei Hofe
auftauchten und Raleigh ebenfalls gegenwärtig war, es nicht lange dauerte und
er in meiner Nähe auftauchte. Etwas, was auch der Königin nicht verborgen blieb
und ihr nicht gefiel. Raleigh war einer ihrer Favoriten und sie sah es nicht
gerne, wenn ihr jemand Konkurrenz machte. Die arme Lettice Knollys konnte davon
ein Lied singen. War sie doch als Gattin von Elizabeths absolutem
Lieblingsfavoriten, Robert Dudley, sogar des Hofes verwiesen worden und durfte
solange die Königin lebte nicht mehr an den Hof zurückkehren. Und nun schien
ich ihr ein Dorn im Auge zu sein oder was konnte es anderes bedeuten, dass sie
mich eines Tages zu einer privaten Audienz rief? Ich hoffte nicht, dass ich das
gleiche Schicksal wie Lady Lettice erleiden musste.
Wie
bei unserer ersten Audienz wurde ich in ihre privaten Gemächer geführt, wo sie
mich, im Gegensatz zum letzten Mal alleine empfing. Keine ihrer vertrauten
Hofdamen umgaben sie dieses Mal. Was hier zwischen ihr und mir besprochen
wurde, sollte keine Zeugen haben. Ich machte mich auf das Schlimmste gefasst.
Hoffentlich würde sie nur mich im Falle eines Falles verbannen, sodass Phil
weiterhin unseren Auftrag erfüllen konnte. Zwar wäre ich somit bei meinem
ersten richtigen Auftrag gescheitert und würde Phil nur in die Hände spielen.
Denn damit hätte sich seine Theorie, dass ich absolut überflüssig war,
bewahrheitet, aber immerhin wäre noch nicht alles verloren.
Sobald
ich den Raum betreten hatte, erwies ich ihr meine Referenz und versank mit
lautem Herzklopfen in einem tiefen Hofknicks. Sie kam mir entgegen und forderte
mich auf, mich zu erheben.
„Majestät
haben nach mir gerufen?“, fragte ich, obwohl ich mir ziemlich sicher war, den
Grund für diese Audienz zu wissen.
„Man
hört viel von Euch in den letzten Tagen. Es scheint so, als ob die Herren bei
Hofe keinen anderen Namen mehr als den Euren zu kennen scheinen. Vor allen
Dingen Walter Raleigh ist sehr angetan von Euch, wie man mir berichtet hat. Wie
gefällt er Euch?“ Das musste man ihr lassen, sie redete nicht lange um den
heißen Brei herum und kam gleich auf das Wesentliche. Was sollte ich da bitte
antworten? Ich ging in meinem Kopf alle möglichen Antworten durch. Doch egal
welche ich wählte, keine davon wäre gut. Wenn ich behauptete, dass er mir nicht
gefiele, beleidigte ich Elisabeth, da er einer ihrer auserkorenen Favoriten war
und würde ihr einen schlechten Geschmack attestieren. Behauptete ich, dass er
mir gefiel, hatte ich ihr offen den Kampf um die Gunst von Raleigh erklärt. Sie
war eine kluge Taktikerin, das musste ich ihr lassen, aber es musste auch einen
Grund geben, warum sie sich solange auf dem Thron gehalten hatte und bestimmt
nicht nur, weil sie solange lebte.
„Sir
Walter ist mir so angenehm, wie jeder Eurer Untertanen dessen Bekanntschaft ich
bisher gemacht habe.“ Eine bessere Antwort war mir auf die Schnelle nicht
eingefallen, doch
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