Einst herrschten Elfen
Ephran folgte ihm, und Pelyn blieb hinten, damit sie die beiden jederzeit im Blick hatte. Die Sonne ging auf, und es wurde heiß, doch am Himmel standen die üblen Farben des magischen Feuers der Menschen und das Gelb von brennendem Holz. Der Gestank der Asche hing schwer in der Luft.
Abseits der umkämpften Bereiche war es in der Stadt merkwürdig ruhig. Die Straßen waren verlassen, die Banden der Linien hielten sich zurück. Die Mehrheit der schockierten Bürger wollte damit nichts zu tun haben. Sie saßen daheim, sofern sie noch ein Heim hatten, oder versteckten sich dort, wo ihre Linie am stärksten vertreten war, und mussten notgedrungen bei denen unterkriechen, deren Handlungen sie verurteilten.
Pelyn seufzte, während sie liefen. Es war schwer zu erkennen, wie man hier eine dauerhafte Lösung finden sollte. Einen zersprungenen Topf konnte man kitten, doch die Risse blieben immer sichtbar, und der Behälter konnte an denselben Stellen leicht noch einmal zerbrechen.
Die Grans waren ein dicht bevölkertes Viertel, das von Waldarbeitern bevorzugt wurde. Es war ein Durcheinander von Häusern und gewundenen Straßen, Sägewerken und ein paar Bauunternehmen. Die Apposan, die Anhänger des ältesten Erdgottes, waren dort seit jeher die zahlenmäßig stärkste Linie gewesen. Sie zeichneten sich als hervorragende Waldarbeiter und Holzfäller aus.
Ebenso bekannt war, dass ihre Linie schon immer sehr aggressiv und intolerant gewesen war. Abgesehen von den Gyalan, mit denen sie über Jahrtausende wegen unendlich vieler Kleinigkeiten gerungen hatten, waren sie auch die kurzlebigste Linie. Als sie aus einer Seitenstraße kamen und Yanners Weg betraten, der in die Grans führte, wurde Tulan langsamer.
»Gestern Abend waren die meisten in Orsans Hof«, erklärte er und deutete über die steilen Dächer hinweg auf eine dichte Rauchwolke. »Jetzt sind sie natürlich nicht mehr da.«
»Warum nicht?«, fragte Pelyn.
»Wir haben sie gestern am frühen Abend überfallen«, gab Ephran zu. »Eine Vergeltung für einen vorhergehenden Angriff am Gardaryn.«
»Wundervoll«, sagte Pelyn. »Dann werden sie euch sicher mit offenen Armen empfangen.«
Tulan ging rasch voraus in die Grans. Dort waren überall Elfen unterwegs. Sie eilten hin und her und holten Wasser, sogar einige spielende Kinder entdeckten sie. Andere gingen ganz alltäglichen Verrichtungen nach. Wer nicht stehen blieb und die Mäntel der Al-Arynaar anstarrte, sorgte sich wohl vor allem wegen der Rauchwolken, die über dem Hafen hingen. Auch in dieser Linie ahnten sicherlich manche, was nun kommen würde.
In der Nähe von Orsans Hof verließ Tulan die Hauptstraße und drang in das Straßengewirr ein. Hinter der letzten Häuserreihe erhob sich der hohe Zaun des Hofs, davor spielten Kinder auf einer kleinen Wiese oder sahen den Bränden zu. Von drinnen drang Gelächter heraus. Es kam offenbar von Herzen, dann brandete lauter Beifall auf. »Noch eine«, riefen viele. Pelyn hielt überrascht inne.
»Man sollte doch meinen, dass sie im Augenblick Wichtigeres zu tun haben, als Geschichten zu erzählen.«
Sie überquerten das offene Gelände und bewegten sich am Zaun entlang nach rechts zum Eingang. Viele Elfen gingen dort ein und aus, Wächter mit scharfen Klingen schützten den Zugang. Sofort hielt man die Neuankömmlinge auf.
»Al-Arynaar, ihr seid hier nicht willkommen«, sagte ein Wächter, ein kleiner Apposan mit muskelbepackten Oberarmen und kräftigen Fäusten, die eine Axt und ein Schwert hielten.
Pelyn ging jetzt vor den Brüdern. Den Mantel hatte sie zurückgenommen, damit das Schwert zu sehen war, doch sie hatte es noch nicht berührt.
»Ihr habt einen meiner Leute. Ich will ihn holen. Ich will keinen Streit mit euch. Die Apposan sind meine Freunde.«
Der Wächter winkte den beiden anderen. Es waren kräftige, stämmige ulas , die zu ihr geschlendert kamen. Er spuckte zur Seite aus.
»Tuali? Und du willst nicht kämpfen? Das hättest du gestern Abend deinen Brüdern und Schwestern sagen sollen. Wir haben acht Tote und zwanzig Verletzte zu beklagen. Trotzdem, jetzt seid ihr nur zu dritt.«
Er wog die Klingen in den Händen und kam näher. Tulan und Ephran traten an ihre Seite. Sie machte eine beschwichtigende Geste und entfernte sich einen Schritt von ihnen.
»Du hast keinen Streit mit den Al-Arynaar«, sagte sie.
»Falsch«, erwiderte der Apposan.
Die letzten zwei Schritte rannte er und hob beide Klingen, um nach ihrem Hals zu schlagen. Pelyn
Weitere Kostenlose Bücher