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Einst herrschten Elfen

Titel: Einst herrschten Elfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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zusammen, während Sildaan unwillkürlich den Kopf einzog und die Hände vor das Gesicht legte. Garan blickte nach oben und konnte mehrere Elfen erkennen. Er winkte ihnen mit gekrümmtem Finger und sprach sie in verständlicher Elfensprache an.
    »Ihr kommt lieber herunter, ehe wir euch abschießen. Ihr könnt uns nicht wehtun, aber wir können euch verletzen. Entscheidet euch.« Er winkte einen Magier zu sich. »Lege einen Schutzschirm über die Kammer. Es ist mir egal, ob sie sich da oben festsetzen oder nicht. Es wird so oder so nicht gut für sie ausgehen.«
    »Ja, Herr.«
    Sildaan blickte zu den Deckenbalken hoch. Von dort oben starrten sie mit hasserfüllten und ungläubigen Augen herab, weil sie den Verrat nicht fassen konnten. Verzweifelte, hoffnungslose Augen.
    »Tut, was er sagt«, rief sie. »Es ist zu spät, um Widerstand zu leisten.«
    Hithuur trat neben sie und betrachtete die teilweise versengten Wandteppiche.
    »Die sollten wir behalten«, überlegte er.
    »Warum denn das?«, fragte Sildaan.
    »Sie sind ein Teil unserer Geschichte.«
    Sildaan gab ein geringschätziges Geräusch von sich und deutete zur Verwaltung und der Registratur hinter der Bühne. Dort ertönten noch Kampfgeräusche, außerdem laute Rufe und flehende Stimmen.
    »Da hinten ist unsere Geschichte. In den Museen findest du unsere Geschichte. Das da … das sind Lügen. Die Erfindungen eines verklärten Geschichtenerzählers. Sie sollen brennen.«
     
    Sildaan saß allein auf der Treppe vor dem Gardaryn. Während der langen Stunden zwischen Sonnenschein und sintflutartigem Regen waren Kiste um Kiste die Aufzeichnungen des Elfenvolks entfernt, auf beschlagnahmte Karren geladen und unter Bewachung zum Shorth-Tempel gebracht worden. Im Laufe des Tages, der nun in eine zornige, bewölkte Dämmerung überging, war die Menge auf dem Platz und allen Zufahrtswegen zum Gardaryn angeschwollen. Die Kunde hatte sich rasch verbreitet, Elfen aller Linien strömten herbei, um zu beobachten, wie ihr geliebtes Gebäude ausgeräumt wurde. Sie hatten versucht, gegen die magischen Barrieren anzurennen, sie hatten Delegationen geschickt, die protestieren und argumentieren wollten. Sildaan hatte mit keinem Einzigen von ihnen gesprochen.
    Jetzt standen die meisten Elfen schweigend da und beteten. Gelegentlich erhob sich ein Singsang, eines der alten Lieder, welche die Ynissul schmähten und Freiheit und Gleichheit forderten. Laute, leidenschaftliche Gesänge aus den Kehlen von fünfzehn- bis zwanzigtausend Elfen. Vergebens.
    Garan setzte sich neben sie. Seine Männer schleppten gerade die letzten Unterlagen herbei, und jede Kiste war eine klare Aussage für die Menge vor ihnen.
    »Wo haben die sich bisher nur alle versteckt?«
    Sildaan zuckte mit den Achseln. »Zu Hause, nehme ich an. Ist es nicht seltsam? Hithuur hatte den Eindruck, die ganze Stadt habe zu den Waffen gegriffen und sich mit dem Pöbel vereinigt, als Takaar geächtet wurde, doch da waren die hier wohl kaum dabei. Die meisten sind daheim geblieben, solange sie nicht zwangsweise ausquartiert wurden, und haben gehofft, es werde alles rasch vorbei sein.«
    »Warum haben sie das geglaubt?«
    Garan schien ehrlich interessiert. Wieder zuckte Sildaan mit den Achseln.
    »Wir hatten auch früher schon Schwierigkeiten. In gewisser Weise sind wir kompliziert, in anderer Hinsicht sehr einfach. Es gab jedoch immer eine Minderheit, die bereit war, einen Aufstand anzuzetteln oder zu marschieren, sobald etwas nicht im Lot war. Einmal waren Nahrungsmittel knapp – kaum zu glauben, da doch das Meer vor uns und der Regenwald hinter uns ist. Wir hatten unbeliebte Gesetze, was Neubauten und Steuern anging, und wir haben strenge Bestimmungen zur Schonung der Umwelt erlassen, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Es gab jedoch immer die Al-Arynaar, die für Ordnung gesorgt haben, und den Gardaryn, wo man protestieren und Regierung und Priesterschaft zur Rechenschaft ziehen konnte. Beide sind nicht mehr da, und jetzt begreifen sie allmählich, dass sich die Dinge endgültig verändert haben. Das trifft die Elfenseele tief, und ich bin sogar überrascht, dass es nicht noch viel mehr überdeutlich spüren. Aber so sind die Elfen eben. Die meisten verschließen die Augen und beten, der Alptraum möge morgen früh vorbei sein.«
    »Dieses Mal nicht«, meinte Garan.
    »Nein, dieses Mal nicht. Wie lange dauert es noch?«, fragte Sildaan.
    »Wir sind fast fertig.«
    »Gut. Ich will nicht, dass uns der Regen das Schauspiel

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