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Einstein, Orpheus und andere

Einstein, Orpheus und andere

Titel: Einstein, Orpheus und andere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samuel R. Delany
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ihre Berge, ihre Dschungel zu wandern, die mutierten Schatten ihrer Flora und ihrer Fauna zu bekämpfen, gejagt zu sein von ihren Millionen Jahre alten Phantasien.«
    »Wir versuchen es«, sagte ich.
    »Ihr seid im Grunde nicht darauf vorbereitet«, fuhr PHEADRA fort. »Aber ich nehme an, ihr müßt die alten Labyrinthe ausschöpfen, ehe ihr in neue übersiedeln könnt. Es ist schwer.«
    »Wenn das bedeutet, daß wir diese – diese Dinge bekämpfen müssen …« Ich wies mit dem Kinn zu dem Kadaver auf dem Steinboden. »Ja, dann ist es schwer.«
    »Nun, es war auch ein Spaß. Ich vermisse die revueltas, die Mädchen, die über die Hörner voltieren und einen Salto in der Luft schlagen und auf dem verschwitzten Rücken der Stiere landen und dann in den Sand springen! Die Menschheit besaß Stil, mein Kleiner! Ihr könnt ihn ja vielleicht noch entwickeln, aber wie die Dinge jetzt liegen, ist euer Charme noch eine recht kindliche Angelegenheit.«
    »Wohin sind sie gegangen, PHEADRA?«
    »Wohin deine Friza ging, nehme ich an.« Etwas Musikalisches ereignete sich im Metall hinter meinem Kopf. »Aber ihr seid nicht menschlich und haltet nichts von deren Regeln. Ihr solltet es nicht versuchen. Wir hier unten versuchen ein paar Generationen lang zu verfolgen, was ihr tut, und es werden Fragen beantwortet, die zu stellen wir nie gedacht hätten. Andererseits hocken wir jahrhundertelang da und warten darauf, offensichtlich äußerst selbstverständliche grundlegende Fetzchen Information über euch zu erhalten, zum Beispiel, wer ihr seid, woher ihr kommt und was ihr hier tut. Ist es dir jemals in den Sinn gekommen, daß du sie zurückgewinnen könntest?«
    »Friza?« Ich richtete mich auf. »Wo? Wie?« La Dires geheimnisvolle Erzählung kam mir ins Gedächtnis zurück.
    »Du bist im falschen Labyrinth«, wiederholte PHEADRA. »Und ich bin das falsche Mädchen, dir das richtige zu weisen. Täusch den Tod eine Weile, führ Kid Death an der Nase herum, und vielleicht kannst du ihn so weit umgehen, daß du deinen Fuß in die Tür stemmen kannst, deinen Finger in die Torte stecken, deine zwei Groschen in den Schlitz, sozusagen.«
    Ich beugte mich auf meine Knie hinunter. »PHEADRA, du verwirrst mich.«
    »Verschwinde«, sagte PHEADRA.
    »In welche Richtung?«
    »Schon wieder. Du hast das falsche Mädchen gefragt. Wollte, ich könnte dir helfen. Aber ich weiß es nicht. Übrigens, du machst dich besser rasch auf den Weg. Wenn die Sonne untergeht und die Flut fällt, wird es hier finster, und die Puppen und Seelchen versammeln sich und kreischen.«
    Ich kam langsam auf die Füße, dann schaute ich zu den verschiedenen Türeingängen. Vielleicht mit ein wenig Logik? Der Stiermensch war aus jenem Eingang dort drüben gekommen. Also ging ich durch eben diesen.
    Das lange, lange Dunkel hallte von meinem Atem und fallendem Wasser wider. Ich stolperte über die erste Stufe. Erhob mich und begann hinaufzusteigen. Schrammte mir die Schulter am Treppenabsatz, tastete umher und merkte schließlich, daß ich in einen viel engeren Gang geraten war, der nicht so aussah, als führe er irgendwohin.
    Ich hob meine Machete und blies den letzten Rest Blut heraus. Die Melodie, die sich jetzt mit mir höher hinaufwand, legte Töne über den Fels wie Glimmersplitter, und das würde genügen, bis ich ans Licht fand.
    Stieß mir die Zehe wund.
    Hüpfte, fluchte, dann ging ich weiter, allein, ganz allein, ganz allein mit den wunderschönen, wundervollen Tönen.
    »He …«
    »… Lobey, bist …«
    »… bist du das?« Junge Stimmen drangen von hinter dem Fels hervor.
    »Ja! Natürlich bin ich es!« Ich drehte mich zur Wand und legte die Hände gegen das Gestein.
    »Wir haben uns wieder zurückgeschlichen …«
    »… um zuzuschauen, und Lo Hawk …«
    »… er hat uns befohlen, in die Höhle hinunterzusteigen und nach dir zu suchen …«
    »… weil er dachte, du hast dich vielleicht verirrt.«
    Ich schob meine Machete in die Scheide zurück. »Fein. Ich habe mich nämlich verirrt.«
    »Wo bist du?«
    »Ganz nahe, auf der anderen Seite von diesem …« Ich tastete wieder über den Fels, diesmal über meinem Kopf. Meine Finger fanden eine Öffnung. Sie war fast einen Meter breit. »Wartet!« Ich hievte mich hinauf, kletterte über den Rand und sah dünnes Licht am Ende eines vier Fuß hohen Tunnels. Ich mußte ihn kriechend durchqueren, er war zu niedrig zum Stehen. Am Ende angekommen, streckte ich den Kopf hindurch und schaute hinunter in die aufwärts

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