Einstein, Quantenspuk und die Weltformel (German Edition)
Massen der Teilchen zu erklären sind.
Der Higgs-Mechanismus erklärt zwar, wie Teilchen zu ihren Massen kommen, aber nicht, weshalb ein Proton massereicher ist als ein Elektron. Wir wissen nur, dass das Proton im Regierungssaal begehrter ist als das Elektron, aber nicht warum. Ebenso ist die Bedeutung des Higgs-Mechanismus noch nicht ganz klar. Beim Higgs-Teilchen handelt es sich gewissermassen um das einzige Wechselwirkungsteilchen, das zu keiner Naturkraft gehört. Wie ist diese Sonderrolle zu verstehen? Ist der Higgs-Mechanismus so etwas wie die fünfte Grundkraft der Natur? Oder verschmelzen Raumzeit und Higgs-Feld miteinander, so dass die Masse eine Folge der Raumzeit wird? Wäre es denkbar, dass das Higgs-Feld nichts anderes ist als eine Eigenschaft der Raumzeit, die dieser nur nicht als solche verstanden oder erkannt worden ist? Wäre es in diesem Fall denkbar, dass sich die Gravitation nur nicht mit dem Standardmodell vereinbaren lässt, weil sie auf eine Art und Weise durch das Higgs-Feld bereits im Standardmodell enthalten ist? Wäre Gravitation demnach nichts anderes als eine Krümmung des HiggsFelds und die Ruhemasse gewissermassen die Grundbeschleunigung oder der Grundwiderstand, der einem unbeschleunigten Teilchen durch das Higgs-Feld beziehungsweise die Raumzeit entgegengesetzt wird?
Aus dem Äquivalenzprinzip wissen wir, dass Gravitation und Beschleunigung von ihrer Wirkung her äquivalent sind und aus dem Bezugssystem heraus nicht unterschieden werden können. Wäre es denkbar, sich Gravitation und Beschleunigung als einen Bodyguard zu visualisieren, der die Präsidentin durch den Saal schiebt? Dadurch wird sie beschleunigt, die sie umgebenden Politiker geben aber nicht freiwillig nach und wirken damit der Beschleunigung entgegen. Das visualisiert in etwa den Effekt, den wir in der Physik als Trägheit bezeichnen. Anstelle des Bodyguards könnte man sich auch eine Schieflage des Festsaals vorstellen, um die Gravitation zu visualisieren. Dabei rutschen die Präsidentin und die sie umgebenden Politiker entlang der Gravitation nach „unten“. Die Trägheit oder Masse bleibt dieselbe, da die Politiker mit der Präsidentin mitrutschen.
Möglicherweise liegt der Schlüssel zur Vereinheitlichung des Standardmodells mit der allgemeinen Relativitätstheorie im Verständnis der Raumzeit. Vielleicht ist das Higgs-Feld tatsächlich nichts anderes als eine bisher unverstandene Konsequenz der Struktur von Raum und Zeit. Demnach wäre das fehlende Puzzleteil möglicherweise in dieser Struktur verborgen und eine Quantisierung dieser Struktur, der Raumzeit, vielleicht der Ansatz, um die Theorie weiterzubringen. Doch überlassen wir diese Spekulationen den Weltformelkandidaten. Die Stringtheorie und die Quantenschleifengravitation bemühen sich mit allen Kräften, die vier Grundkräfte zu vereinen. Gespannt sein dürfen wir auch auf die Auswertung der Daten des LHC-Experiments. Dann erfahren wir vielleicht, ob der Higgs-Mechanismus in der Natur existiert. Damit wird über Sein und Nichtsein des Higgs-Mechanismus entschieden.
4 Die Weltformel
4.1 Die Suche nach dem Bauplan
Die Physiker vereint ein gemeinsamer Traum: Eine Formel zu finden, aus der sich alle Naturgesetze herleiten lassen. Eine Formel, die das Hebelgesetz ebenso erklärt wie die spukhafte Fernwirkung. Bereits Albert Einstein widmete einen beträchtlichen Teil seines Lebens der Suche nach einem solchen Bauplan, auf dem alle Gesetze und Kräfte basieren. Doch auch Einstein scheiterte an diesem kühnen Vorhaben.
Das Problem dabei: Die Quanten- und Relativitätsphysik vertragen sich in einigen Situationen überhaupt nicht. Mit den Quantentheorien kann das Verhalten von Teilchen und Kräften im Kleinen sehr gut beschrieben werden. Die Relativitätstheorie ihrerseits erklärt die Gravitation und die Natur von Raum und Zeit. Nun gibt es aber einige störrische kosmische Phänomene, bei denen sowohl Gravitations- als auch Quanteneffekte massgeblich beteiligt sind. So zum Beispiel im Innern eines Schwarzen Lochs. Wenn wir versuchen, dieses Phänomen mit der heutigen Physik zu beschreiben, erhalten wir Brüche, bei denen im Nenner eine Null steht. Ein Ergebnis, das in jeder pragmatischen Mathematik verboten ist. Oder anders ausgedrückt: Ein Ergebnis, das unendlich ist, was in den allermeisten Fällen auf die Unvollständigkeit der zugrundeliegenden Theorie hindeutet.
Die grundsätzliche Frage ist natürlich, ob die Gravitation überhaupt mit der
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