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Einsteins Gehirn: Kriminalroman (German Edition)

Einsteins Gehirn: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Einsteins Gehirn: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Schmidt
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beliebtesten Gesprächspartner seit Bestehen der Talkshow
erklärt.«
    »Daran erkennt
man, wie blöd die anderen Teilnehmer waren«, grunzte Herbert.
    In der Maschine
begann Anja alle Zeitungen durchzublättern – »durchzuarbeiten« wäre zu viel gesagt.
Und immer wenn sie ein Foto von mir entdeckte, zeigte sie es den Passagieren in
den Reihen vor und hinter uns und erklärte ihnen, dass ich ihr Bruder sei. ES WAR
SCHON SEHR PEINLICH …
    Ich fand,
ich war ziemlich schlecht getroffen auf den Fotos. Ich sah aus wie ein spindeldürrer
Neunjähriger mit hängendem Adamsapfel und hervortretenden Basedow-Augen (Exophthalmus) ,
die durch die lupenartigen Brillengläser in meiner schneeweißen Hornbrille noch
vergrößert wurden. An die ekligen Pickel unter meinen Nasenflügeln konnte ich mich
überhaupt nicht erinnern. Und meine Gesichtsfarbe war irgendwie grüngrau wie die
Haut eines Laubfroschs – Gattung Hyla arborea .
    Ich bekam
sofort wieder einen Asthmaanfall, als ich die Fotos sah. Und diesmal wurden sogar
meine Fingernägel wellig; zuerst liefen sie violett an, mit einem leichten Schimmer
ins Rötliche; dann konnte man zusehen, wie ihre Oberfläche riffelig wurde und sich
im Zeitlupentempo die ersten Wellen aufzubäumen begannen.
    Es war ein
furchterregender Anblick, als würde ich mich gleich in einen Werwolf verwandeln.
    »Was ist
los mit dir, Pottkämper?«, fragte Herbert. »Leidest du etwa an Flugangst?«
    »Nein, ich
bekomme beim Start immer Verdauungsbeschwerden.«
    »Furz dich
aus, Alter«, flachste er. »Furz dich mal richtig aus.« Dabei schlug er mir wieder
krachend auf den Rücken. Es war ein Schlag, dass mir fast die Lungenflügel abfielen.
     
    »Was wollen wir eigentlich auf den
Neuen Hebriden?«, fragte Anja. »Gibst du da auch Konzerte?«
    Wir hoppelten
gerade mit einer kleinen Twin Otter Aircraft über die nach einem Sturm leicht verbeulte
Piste des Port Vila – Bauerfield International Airport .
    »Was will
man schon im Paradies, sich erholen«, sagte Herbert.
    Tatsächlich
war der Blick aus dem Flugzeug auf das blaugrüne Wasser des Archipels atemberaubend
gewesen. Besonders Le Lagon Vanuatu Resort . Als habe jemand eine Ansammlung
makelloser Spielzeughäuser über die Inseln gestreut.
    »In einer
Studie der britischen New Economics Foundation wird das Glück der Einwohner
Vanuatus im weltweiten Vergleich am höchsten bewertet«, sagte ich. »Und zwar sowohl
hinsichtlich Zufriedenheit und Lebenserwartung wie Einklang mit der Umwelt.«
    »Hört, hört.
Unser Herr Klugscheißer hat anscheinend zu allem etwas beizusteuern«, sagte Herbert.
    »Klugscheißerei
ist immer Klugscheißerei für den, der keine Ahnung hat.«
    »Auch nicht
schlecht. Muss ich mir notieren …«
    Vor dem
Ankunftsgebäude bliesen Männer Muschelhorn und in der Halle spielte eine farbenprächtige
Damenkapelle. Die Gipfel der Berge im Hintergrund waren Vulkankegel.
    Auf der
Flughafentoilette warf ich erst einmal meine Brille in den Abfalleimer. Eine weiße
Hornbrille, die mein Alter auf einer Wohltätigkeitsveranstaltung abgestaubt hatte.
Danach ließ mein Asthma sofort nach. Und weil ich vermeiden wollte, dass ich sie
später wieder herausfischen würde, kippte ich vorsorglich den Kübel um und zermalmte
sie mit kräftigen Tritten auf den Bodenfliesen. Es ist nur eine Frage des Willens,
ob man scharf sieht oder nicht …
    Angeblich
war es die Brille des Schlagerstars John Fitzigman. Deshalb sollte sie ein Vermögen
wert sein, als Zeitdokument oder ähnlicher Schwachsinn. Ich hatte von dem Burschen
noch nie etwas gehört.
     
    Schon am Nachmittag des ersten Tages
begriff ich, was Schlagersänger Herbert mit »Paradies« meinte. Wir lagen auf den
Sonnenliegen unseres Luxus-Resorts und das Meer war wärmer als die Außentemperatur.
    Ich trank
den einen oder anderen Margarita und meine großen Zehen spielten mit imaginären
Fliegen – oder ich versuchte durch meine gespreizten Zehen zu erkennen, ob draußen
in der blaugrünen See Segelboote unterwegs waren. Und zwischendurch sah ich den
Zimmermädchen auf den Balkonen zu, wie sie sich die Finger wund arbeiteten.
    Es war schon
verdammt erholsam hier. Wie viel Zeit hatte ich noch vor kurzem mit Büchern und
Fachzeitschriften verbracht! Aber dies hier, Teufel noch mal, war die wirkliche
Welt. Nicht nur ihr Abklatsch, wie ihn geschriebenes Zeug in unserer Vorstellung
zu erzeugen versucht.
    »Pottkämper,
was ist los mit dir? Hat’s dir etwa die Sprache verschlagen?«, erkundigte

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