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Einsteins Gehirn: Kriminalroman (German Edition)

Einsteins Gehirn: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Einsteins Gehirn: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Schmidt
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Polizei dazu sagt?«
    »Ich sehe
vielleicht aus wie 17, aber ich bin seit einem halben Jahr 19.«
    »In den
Zeitungen steht was anderes.«
    »Da siehst
du mal wieder, wie wenig man sich auf die Presse verlassen kann.«
    Harry klappte
seine Brieftasche auf und zeigte mir eine Visitenkarte.
    »Weißt du,
wer das ist?«
    »Nein, sollte
ich?«
    »Kommissar
Mallone vom örtlichen Polizeirevier. Was glaubst du denn, wie schnell euer Liebesnest
aufgeflogen ist, wenn ich ihm einen Tipp gebe?«
    »Wenn du
schon mal dabei bist, unschuldige Menschen anzuschwärzen, dann erzähl ihm doch gleich
auch was von deiner minderjährigen Freundin.«
    »Meiner
minderjäh…?«
    »Das Mädchen,
mit dem du dich heimlich triffst.«
    Harry starrte
mich an, als sei ich so was wie der kleinere Bruder von Orwells Großem Bruder. Man
sah förmlich, wie die Transistoren in seinem Gehirn heiß liefen, um herauszufinden,
wie ich an dieses geheimste aller Geheimnisse gekommen sein könnte.
    »Keine Ahnung,
von wem du redest?«
    »Muss ich
wirklich noch deutlicher werden? Statten wir der Kleinen doch einfach einen Besuch
ab …«
    Dabei machte
ich Anstalten, meine Jacke vom Haken zu nehmen. Aber Harry Miller alias Tennessee
Williams schüttelte nur mürrisch den Kopf und verdrückte sich leise schimpfend in
Richtung Treppenhaus.
    Ich trat
auf die Dachterrasse und sah ihm über das Geländer nach. Er hielt seinen blöden
Humphrey-Bogart-Hut in der Hand und vermied es geflissentlich nach oben zu blicken.
    Wahrscheinlich
ahnte er, dass ich ihm mit meinem Strohhut zuwinken wollte. Es ist schon verblüffend,
mit welch simplen Tricks sich ausloten lässt, ob diese Filmfritzen Leichen im Keller
haben.
     
    Drei Tage nach Hollys Geburtstag
bekam ich einen Anruf aus dem Oval Office. Jemand, der sich mit George soundso vorstellte,
fragte mich, ob ich am nächsten Tag für ein Gespräch mit dem Präsidenten zur Verfügung
stände. Ich sagte, ich fühlte mich sehr geschmeichelt. Worüber der Präsident denn
mit mir reden wolle?
    »Oh, es
ist eine alte Gepflogenheit aller Präsidenten, Menschen einzuladen, die momentan
im Blickpunkt der Öffentlichkeit stehen. Man wird eine kleine Pressekonferenz geben,
wenn Sie einverstanden sind?«
    Am Tag,
als ich mit dem Hubschrauber zum Weißen Haus gebracht werden sollte, ging ich morgens
hinunter in den Central Park und setzte mich an einen der kleinen Seen, um meine
Lage zu überdenken. Es war ein idyllisches Plätzchen mit alten Bäumen. Ich hockte
mich in eine niedrige Astgabel und sah den Reihern zu, die über den See flogen.
Läufer trabten am Ufer entlang und alte Damen watschelten mit Hunden hinter ihnen
her.
    Wahrscheinlich
war ich momentan der berühmteste Vierzehnjährige im Umkreis von tausend Kilometern.
Aber wie sollte es mit meiner Schule weitergehen? Mein Alter würde mir den Hals
umdrehen. Und Holly? Schwer vorstellbar, dass sie die Geduld hatte, vier Jahre auf
unsere Hochzeit zu warten.
    Ich ließ
nachdenklich ein paar Kiesel über die Wasseroberfläche hüpfen. Doch irgendwie bekam
ich nie den richtigen Winkel hin. Die meisten plumpsten einfach ins Wasser.
    Während
ich noch herumprobierte, stand plötzlich ein Pimpf hinter mir. Er sah ziemlich abgerissen
aus und war höchstens fünf oder sechs Jahre alt.
    »So geht
das nicht«, sagte er und nahm einen mittelgroßen Kiesel. »Pass mal auf …«
    »Beeindruckend
…«, sagte ich und verfolgte die fast endlos lange Flugbahn des Steins. Er kam mindestens
drei- oder viermal wieder aus dem See und hüpfte wie von Geisterhand über die Wasseroberfläche.
»Wo hast du das gelernt?«
    »Von meinem
Alten. Aber sonst hat er mir nichts beigebracht.«
    »Hast du
Hunger?«
    »Wer fragt,
der gibt nicht gern.«
    »Gehen wir
hinüber in den Coffee Shop?«
    »Glaubst
du, die werden mich dort hereinlassen – mit meinen Klamotten?«
    »Lassen
wir’s einfach drauf ankommen.«
    Er verputzte
wahrhaftig vier doppelte Hamburger und trank zwei Kannen Kaffee dazu. Ich machte
mir schon Sorgen, er würde gleich einen Schlaganfall bekommen. Aber Koffein schien
ihm überhaupt nichts auszumachen. »Willst du mein Croissant?«, fragte ich.
    »Gern …«
    »Wo packst
du das bloß alles hin?«
    »Hab seit
drei Tagen nichts gegessen.«
    »Wo ist
deine Mutter?«
    »Keine Ahnung,
mit einem Kerl abgehauen.«
    »Und dein
Vater?«
    »Lässt sich
nicht mehr blicken, wegen der Miete.«
    Er sah ziemlich
aufgeweckt aus. Aber in diesem Moloch von Stadt hatte er trotzdem keine Chance.
Ich konnte

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