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Einsteins Gehirn: Kriminalroman (German Edition)

Einsteins Gehirn: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Einsteins Gehirn: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Schmidt
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Feuchtigkeit und Schimmel legten ihren wohltuenden Mantel auch
über all jene politischen Auswüchse, an denen die Dritte Welt vor ihrem Untergang
so reich war. Also Despotismus, Folter, Bürgerkriege, Aufrüstung um den Preis der
Versorgung mit Nahrungsmitteln, Korruption bei der Weitergabe von Hilfsgütern, staatlich
sanktionierter Betrug im Bankgewerbe, in dem man sich zunächst Riesensummen leiht,
von denen man doch schon im Voraus weiß, dass man sie nie zurückzahlen wird.
    Und das
alles, um den Industrienationen ihre sauer erarbeiteten Reichtümer abzujagen! Hieß
es nicht so schön in der Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte vom 26. August
1789, genehmigt vom König, die Unverletzlichkeit und Heiligkeit des Eigentums der
Bürger würde garantiert?
    Man kann
über die Barmherzigkeit einer Methode wie Überschwemmung streiten. Doch man wird
auch zugeben, dass sie in höchstem Maße effektiv war und dass niemand persönlich
für den Anstieg der Temperatur auf dem Planeten verantwortlich gemacht werden kann.
Dies ist der entscheidende Punkt: Es ist das Werk aller – wenn Sie so wollen,
auch eine Reaktion der weisen Natur oder des höchsten Wesens auf die Überbevölkerung
– und jedenfalls kein heimtückisches Komplott.
    Denken Sie
nur an all den getrockneten Kamelmist, den man in den Ländern der Dritten Welt verbrannte,
anstatt die umweltschonendere Solartechnik anzuwenden. Und beteiligte man sich etwa
nicht mit riesigen Brandrodungen und Abholzen der Regenwälder am Treibhauseffekt?
    Ich fand
in der Literatur einen durch vertrauenswürdige Zeugen belegten Hinweis, dass ein
Dorf in Somalia nur deswegen die Errichtung eines Windrads ablehnte – es hätte Strom
für örtliche Präfektur liefern sollen –, weil man aus abergläubischen Gründen annahm,
mit seiner Kraft solle die Lampe bei den Polizeiverhören versorgt werden. Na und?
Dienen denn Verhöre nicht der Wahrheitsfindung? Ich möchte also nachdrücklich geltend
machen – Professor Amont wies mich bei meinem Briefing darauf hin –, dass die Verweigerung
von Hochtechnologie in der Dritten Welt, ihr Verhaftetsein dem traditionellen Schlendrian,
ihre immerwährende Müdigkeit, die so leichten Herzens dem Klima zugeschrieben wird,
ihr Festhalten an vorsintflutlichen Arbeitsweisen schließlich den Boden vorbereitete
für den eigenen Untergang.
    Ein Land
wie die Niederlande, dieses bienenfleißige Volk der Holländer, konnte sich schützen,
weil es die Findigkeit besaß, Deiche und Dämme zu bauen wie niemand sonst auf der
Welt. So ließ sich selbst Amsterdam dank ausgeklügelter Schleusentechnik und hoher
Betonwälle retten. Und wer hier geltend macht, dass diese Arbeiten zum größten Teil
von billigen Gastarbeitern aus den Überschwemmungsgebieten Javas und Borneos verrichtet
wurden, die man dann wieder in ihre feuchten Heimatländer zurückschickte, darf doch
nicht verkennen, wie leuchtende Augen diese Menschen angesichts der zivilisierten
Welt bekamen, wie froh sie waren, für ein paar Wochen dem Hunger, den verdorbenen
Ernten, dem verseuchten Wasser, das die Überschwemmungen mit sich gebracht hatten,
zu entrinnen.
    Sie werden
vermutlich aus dem Programm der Revolutionsfeiern erfahren haben, dass ich in einem
Genlaboratorium aufgewachsen bin. Was bedeutet: Ich habe die Welt außerhalb der
Anstaltsmauern bisher nur durch meine Studien kennengelernt. Professor Amont sah
es als zweckmäßig an, dass ich sozusagen um des »reinen und unvoreingenommenen Blickes«
willen in Abstinenz gehalten wurde. Er präsentiert mich Ihnen also heute als jemanden,
der die zivilisierte Welt mit genauso leuchtenden Augen wie jene armen Menschen
aus Java und Borneo wahrnimmt. Und ich kann Ihnen versichern, dieser Eindruck ist
schon eine Reise wert!
    Im Übrigen
war man bestrebt, wie alle Kritiker wissen dürften, während der Überschwemmungsperiode,
und hier besonders zu jener Zeit, als die Polkappen abzutauen begannen, von jeder
menschlichen Rasse mehrere Exemplare zu retten und für die völkerkundlich interessierte
Öffentlichkeit in mobilen Galerien – keinen Zirkuswagen, wie ein paar Lästermäuler
wissen wollen – zugänglich zu machen. Sie haben auch während der Festlichkeiten
wieder Gelegenheit, auf den Champs-Elysées Molukken, Bantus, Eskimos, Indios und
andere farbige Volksgruppen in ihren komfortabel ausgestatteten Käfigen zu besichtigen.
Die Wagen verfügen über fließend kaltes und warmes Wasser und elektrisches Licht
und es gibt Nahrung in

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