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Einsteins Gehirn: Kriminalroman (German Edition)

Einsteins Gehirn: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Einsteins Gehirn: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Schmidt
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Gehirn vor.
    Also streckte
ich nur meine Füße aus, wackelte erwartungsvoll mit den Zehen und harrte der Dinge,
die da kommen würden.
    Irgendeine
Apparatur rappelte, als wolle sie sich aus der Verankerung losreißen. Danach zeigte
mir Bullets Assistentin Farbbilder, die gerade aus dem Drucker kamen. Sie hielt
sie mir dicht unter die Nase, damit ich in der schummrigen Röhre erkennen konnte,
wie mein Gehirn aussah.
    »Was sind
das für violette Felder um meinen Kortex?«, fragte ich.
    »Die sogenannte
latente Hemmung – eine Filterfunktion des Gehirns – ist bei Ihnen wie bei allen
Kreativen deutlich weniger ausgeprägt.«
    »Latente Hemmung , ha ha …«
    »Würden
Sie uns zum Schluss noch eine Frage beantworten? Das Messergebnis ist nur aussagekräftig,
wenn Sie spontan antworten.«
    »Falls es
nicht meine Intimsphäre verletzt?«
    »Einem Vater
wurden sechs Töchter geboren. Jede Tochter hat einen Bruder. Wie viele Kinder hat
der Vater insgesamt? Bitte antworten Sie sofort …«
    Großer Gott,
dachte ich. Sie wollten tatsächlich herausfinden, ob nicht doch noch in einem Winkel
meines Gehirns der Schwachsinn residierte.
    »Sieben
…«
    In diesem
Moment kam Professor Bullet herein. Auf seinem Gesicht lag ein geradezu überirdisches
Leuchten. Er trug einen Packen Diagramme unter dem Arm und schien ziemlich aufgekratzt
zu sein. Für Leute seines Schlages sind wissenschaftliche Entdeckungen aufregender
als Sex.
    »Unsere
Rechner arbeiten noch an den Ergebnissen«, erklärte er, während ich aus der Röhre
kletterte. »Soviel steht jetzt schon fest. Ihr Gehirn ist nicht von dieser Welt,
Albert.«
    »So, na
ja. Vielleicht stamme ich ja in direkter Linie von Albert Einstein ab? Mein angeblicher
Vater ist nämlich manchmal so weggetreten, dass er sich jeden Tag ein Ohr abschneiden
könnte.«
    »Die Länge
aller Nervenbahnen im Gehirn liegt bei etwa sechs Millionen Kilometern. Sie dürften
ungefähr neun Millionen Kilometer haben. Man kann zwar die Quantität nicht eins
zu eins in Leistung umrechnen. Kürzlich fand man bei einem Franzosen nur zehn Prozent
der üblichen Hirnmasse und trotzdem einen IQ von etwa 80 Prozent. Aber es handelt
sich um ein starkes Indiz für intellektuelle Kapazität. Dass Sie deswegen gleich
von Aristoteles oder Einstein abstammen, lässt sich aus den Messergebnissen allerdings
nicht ableiten«, erklärte er grinsend.
    »Und was
nutzen mir so viele Kilometer?«
    »Praktizieren
Sie irgendeine Form von Meditation? Hatten Sie schon einmal mystische Erlebnisse?«
    »Die innerste
Kammer ist leuchtend weiß und leer – und beherbergt doch die ganze Fülle …«
    »Nehmen
Sie Modafinil ?«
    »Sie meinen,
wie Ihre Soldaten im Irak-Krieg? Ich brauche keine Aufputschmittel, um meine kognitive
Leistungsfähigkeit zu verbessern.«
    »Ihr Gehirn
produziert Gamma-Wellen, wie sie nur hochtrainierte buddhistische Mönche mit mindestens
20.000 Stunden Meditationspraxis zustande bringen. Sie wissen, was Gamma-Wellen
sind?«
    »Signale
im Frequenzbereich 31 bis 70 Hertz, die bei kognitiven Höchstleistungen auftreten.«
    »Manchmal
nimmt dieses Wellenmuster bei Ihnen so stark zu, dass alle Neuronen synchron schwingen.
Das ist zum Beispiel bei spirituellen Erfahrungen der Fall. Dann differenziert man
nicht mehr zwischen Subjekt und Objekt. Haben Sie manchmal das Gefühl, die ›Quelle
Ihrer Gedanken‹ wahrzunehmen – und zugleich Herr darüber zu sein, ob Sie einen Gedanken
denken wollen oder nicht?«
    »Wenn ich
in der Badewanne sitze und die Kachelmuster betrachte …«
    »Außerdem
fanden wir elektrische Zehntelsekunden-Impulse, die das Denken repräsentieren. Bei
Ihnen dauern solche Impulse während eines Ruhe-EEGs 15 Prozent länger als bei normalen
Versuchspersonen. Die höchsten bisher gemessenen Werte bei tibetanischen Mönchen
waren zehn Prozent.«
    »Und welchen
Schluss ziehen Sie aus Ihren Messungen?«
    »Dass Sie
über ein erweitertes Bewusstsein verfügen. Oder anders ausgedrückt: dass Sie erleuchtet sind, Albert. Was wir im EEG und beim Neuroimaging gefunden haben, ist nach dem
gegenwärtigen Stand der Forschung das neurologische Korrelat von Erleuchtung. Falls
es wissenschaftlich überhaupt Sinn macht, von einem solchen Zustand zu sprechen.«
    Ich suchte
in seinem Gesicht nach Hinweisen, ob er mich auf den Arm nehmen wollte.
    Er grinste
verhalten, doch es war mehr ein Grinsen aus Freude darüber, dass er auf ein so seltenes
Exemplar der menschlichen Gattung wie mich gestoßen war.
    »Wie

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