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Einsteins Gehirn: Kriminalroman (German Edition)

Einsteins Gehirn: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Einsteins Gehirn: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Schmidt
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womöglich hätte der Redakteur mir nur
geantwortet, dann würde er mein Interview eben in der Frankfurter Allgemeinen lesen.
    Diese Zeitungsfritzen
halten sich für Freigeister und irgendwo schwingt bei ihnen immer das Bedürfnis
mit, nicht unter Druck gesetzt zu werden – obwohl wir alle von Geburt aus abhängig
sind.
    Anja war
nirgends zu entdecken. Mein Gefühl sagte mir, dass sie nicht mehr kommen würde.
Welche Frau lässt sich schon einen Kerl wegschnappen, ohne deswegen nicht wenigstens
einen mittelgroßen Krieg vom Zaun zu brechen?
    In der Abflughalle
entdeckte ich einen Mann, der ein Schild um den Hals trug, auf dem zu lesen stand:
     
    ANDERSDENKENDE BITTE FERNBLEIBEN!
     
    Hübsche Idee. Die besten Einfälle
überzeugen durch ihre Einfachheit. Man kann auch sagen, das Wesen großer Kunst besteht
darin, die Dinge auf den Punkt zu bringen.
    Ich bin
selbst schon seit langem der Meinung, dass Andersdenkende einen zu großen Teil der
menschlichen Rasse ausmachen …
    Der Mann
war etwa zwei Meter 20 groß und dünn wie eine Bohnenstange. Als er mich neugierig
aus seinen geröteten Augen anblickte, sagte ich:
    »Stellen
Sie sich mal vor, wir würden alle das Gleiche denken?«
    »Wie bitte
…?«
    »Ohne in
Verdacht geraten zu wollen, ein Klugscheißer zu sein, aber die Einheit des Denkens
unter den Menschen ist leider ein nicht zu verwirklichendes Ideal. Dann würden Sie
mir nämlich jetzt mein Flugticket nach Rom spendieren.«
    »Wieso das
denn?«, fragte er.
    »Weil Sie
die gleichen Wünsche und Bedürfnisse hätten wie ich. Dann wäre ich gar kein Andersdenkender
mehr für Sie.«
    »Verdammt,
sagte er. »Da ist was dran …«
    »Insofern
stimmen wir allerdings überein.«
    »Verstehe
ich dich richtig, dir fehlt das Geld für deinen Rückflug nach Europa? Wie viel kostet
denn ein Ticket?
    »690 Dollar.«
    »600 …«,
sagte er. »Jetzt haben wir das Gleiche gedacht, oder?«
    »690 …«
    »Also nur
partielle Gedankengleichheit.«
    Ich war
nicht ganz sicher, worauf er hinauswollte. Menschen, die mit einem Schild um den
Hals durch Abflughallen laufen, ist alles zuzutrauen.
    Er zog seinen
roten Kinderrucksack von der Schulter, und was er aus dem Ding beförderte, war wahrhaftig
ein Packen Fünfhundert-Dollar-Noten. Sie wurden von einem gehäkelten weißen Strumpfband
zusammengehalten, an dem noch das Preisschild klebte. Er blätterte den Dollarstapel
kurz auf, fischte mit spitzen Fingern in den Banknoten und schenkte mir zwei davon.
Dann legte er den Kopf schief, lächelte kurz und verschwand wortlos in der Menge

    So sind
die Amerikaner. Entweder befreien sie Europa oder brechen mal eben einen Krieg vom
Zaun – ODER SIE SCHENKEN EINEM TAUSEND DOLLAR!
    Damit eröffneten
sich mir völlig neue Möglichkeiten. Ich hatte noch etwas Zeit bis zur Audienz beim
Papst und würde erst einmal nach Nizza fliegen.

31
     
    Vom Aéroport Nice-Côte d’Azur nach
Saint-Vallier-de-Thiey sind es rund 40 Kilometer. Ich zählte vorsorglich meine Barschaft
und kam zu dem Schluss, dass ich auf keinen Fall mit dem Postbus durch die Berge
der Provence rumpeln würde. Jacques Trousson hatte sich etwa 15 Kilometer nordwestlich
von Grasse auf einem Hochplateau niedergelassen.
    Stattdessen
spazierte ich die lange Schlange geschäftstüchtig grinsender Taxifahrer entlang,
die in der Einfahrt des Flughafens warteten, um sich den größten Blödmann von Touristen
herauszuangeln. Danach kommt die zweite Reihe mit Fahrern, die längst ihre Raubtierkrallen
eingezogen haben, weil sie nicht mehr daran glauben, dass noch jemand auf ihre Fantasiepreise
hereinfallen könnte.
    Dann kommt
die dritte Reihe. Das sind Burschen, die ohne Lizenz auf dem Bordstein parken, mit
kaputten Rücklichtern und durchschlagenden Stoßdämpfern – arme Kerle, die einfach
bereit sind, sich mit dem Fahrpreis zu begnügen, den ihnen ein gütiges Schicksal
übriggelassen hat.
    Mein Mann
in der dritten Reihe sah trauriger drein als ein Gitarrenkönig aus der Camargue,
dem man die Klampfe weggenommen hatte. Er trug ein verwaschenes braunes Jackett
und stand an der Fahrertür eines verbeulten Citroën.
    »Die Hälfte«,
sagte ich. »Höchstens die Hälfte von dem, was Ihre Kollegen am Haupteingang verlangen.«
    »Einverstanden
…«
    Am Hippodrome
de Cagnes-sur-Meer bogen wir scharf nach rechts ab. Die Polsterung wippte und
die Federn arbeiteten sich langsam durch die zerschlissenen Bezüge.
    Danach geht
es in diese verfluchten Hügel der Provence, bei denen sich einem

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