Einzelkaempfer
rauer See und Doppelschichten auf einem rostigen Plateau zu schuften, noch nicht. Als nächstes werde ich mir mal ernsthaft überlegen, meinem Treiben etwas Offizielles zu geben, vielleicht mit Gewerbeschein oder ähnlichem. Doch dazu brauche ich genauere Daten, wie Verdienstmöglichkeiten und Kosten für die Versicherungen oder Überschneidungen mit der Handwerksordnung. Man hört ja da so einiges, unter anderem, wie durch die neuen Gründungsinitiativen Arbeitslose aus der Statistik fallen und dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet wird. Ich sollte mich beraten lassen. Ob mein farbloses Bürschlein auf dem Amt, das seit kurzem für die Verwaltung meiner Wenigkeit verantwortlich ist, sich damit auskennt? So sinniere ich und träume, während die Spülstraße den Job macht, den vor ihr zwei Menschen erledigt haben. Die krummen Zeiger der großen schmucklosen Uhr über der Tür rücken in Zeitlupe auf die verblasste Zwei. Noch eine Stunde und mein Engagement beim falschen Hasen ist beendet. Am Montag hat er mich noch direkt nach der Schicht bezahlt, doch all die anderen Tage wollte er mir heute in einer Summe abgelten. Noch ist er nicht aufgetaucht für heute. Ich beginne um meine paar Kröten zu fürchten. Das sähe dem so ähnlich, mich um diesen lächerlichen Betrag zu betrügen. Und geschähe es mir nicht recht? Trotz eines unguten Gefühls unterlag ich der Begierde des Geldes, im Hinterkopf die kommenden Rechnungen.
Der Zweifel ob des Erscheinens des Bosses werde ich schnell enthoben. Mit einem irren Schwung fliegt die Tür zur Küche auf und der falsche Hase hastet mit wehenden Mantelaufschlägen zu mir. Kleine Schweißtropfen bilden sich auf seiner Stirn als er dicht vor mir stehen bleibt und ich glaube in seinem Atem Angst zu riechen. Er klimpert mit dem Schlüssel seines Porsches. »Sie haben einen Führerschein?« Ich nicke deutlich. »Sie wollen Ihr Geld und sich noch was dazu verdienen?« Ich nicke nur noch andeutungsweise, denn das ungute Gefühl meldet sich wieder. Der falsche Hase steckt mir die Hälfte meines Verdienstes zu, verspricht mir einen Hunni und drückt mir die Schlüssel seines Wagens in die vom scharfen Reiniger schrundige Hand, wobei er sie fest mit der seinen kalt und nass umklammert hält. Die Form des Playboy-Anhängers drückt sich schmerzhaft in die Rillen meiner Lebenslinie. »Hör genau zu«, sagt er, als wären wir alte Freunde, die sich einer gemeinen Verschwörung erwehren müssten, »ich sag das jetzt nur einmal. Du fährst jetzt sofort nach Rotterdam, dort lässt du den Wagen im Hafen am Willemsplein stehen. Dann verschwindest du für eine Stunde, mach ’ne Hafenrundfahrt oder so und dann kommst du zurück.« In meinem Hirn schrillen sämtliche Alarmglocken und noch ehe ich Fragen stellen oder protestieren kann, verschwindet der falsche Hase genauso wie er gekommen war. Die Mantelaufschläge wehen durch die Schwingtür und nur der Geruch seines Styling-Gels vermischt mit der Angst und ein Luftstrom verraten, dass jemand hier gewesen ist. Außer mir ist niemand in der Küche den ich fragen könnte, ob der Boss wirklich da war, oder ich eine Erscheinung hatte, da ich von den Spüldämpfen vielleicht einen an der Waffel habe. Doch der 911er Schlüssel in meiner Hand und die Bunnyabdrücke darin wiegen die Zweifel an meinem Geisteszustand auf. Der fehlende Lohn tut ein Übriges und ein Hauch von Abenteuerlust lässt mich die Schürze entschlossen in die Ecke werfen und zum Parkdeck eilen, bevor ich es mir anders überlege.
11
Da steht er, ein Traum in Silbermetallic. Der Porsche 911 SC, Baujahr 1980 scheint mir zuzuzwinkern. Kaum sitze ich im Wagen, überlege ich es mir jedoch anders, noch bevor meine Hände das lederne Dreispeichenlenkrad berührt haben. Nein, die Sache ist nicht sauber, vergiss das Geld und sieh zu, dass du Land gewinnst. Gerade als ich aussteigen will, hält mir ein Typ, welcher der Bruder des falschen Hasen sein könnte, die Tür von außen zu. Meine schreckgeweiteten Augen spiegeln sich in seiner monströsen Sonnenbrille, für deren Tragen es in einer Tiefgarage keinen logischen Grund gibt. Der finstere Fiesling bedeutet mir mit einer kreisenden Handbewegung, die Scheibe herunter zu fahren. Mein Blick sucht nach der Kurbel, der Schlüssel fällt mir in den Fußraum und ich ärgere mich für meine Trotteligkeit. Diese Modellreihe hatte offensichtlich bereits elektrische Fensterheber. Der Typ macht sich auch noch lustig, das sehe ich an der Art wie er
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