Einzelkaempfer
ich nicht an meine zweifelhafte Mission gedacht und an den Schlamassel, in dem ich sitze. In einer Frauenzeitschrift, die las ich mal beim Zahnarzt, da die Automagazine von zwei Junges mit Beschlag belegt waren, stand, dass Männer sich nicht auf mehrere Dinge gleichzeitig konzentrieren können – welch Glücksfall, denn sonst hätte ich die Augenblicke des Porschefahrens nicht so intensiv genießen können. Doch schon jetzt erweist sich die These für mich als nicht generell anwendbar. Der erste Kick ist weg und macht Platz für das Desaster.
Das glaubt einem doch niemand. Um meine Gedanken zu sammeln, beginn ich ein Gespräch mit einem Unbekannten. Ich stelle mir einen Juristen als Gegenüber vor, Richter, Anwalt oder so und nenne ihn den Advokat. Ich sehe mich auf einem alten Holzstuhl an einem verkratzten Tisch sitzend, stinkend und unrasiert. Eine fleckige Neonröhre flackert ihr fahles Licht und eine darin gefangene Motte kämpft um ihr Überleben. Mir gegenüber der gelackte, frisch geduschte und gebügelte Advokat. Milde, mehr ungläubig lächelnd hört er sich meine Geschichte an. Ich beginne meine Erzählung kurz vor Arnheim. Es kann ja nichts schaden jetzt schon mal den Ernstfall zu proben und die Sache auf Schwachstellen zu prüfen. Wie ich in die Gesellschaft des falschen Hasen geraten bin, kann mein Phantasie-Gegenüber noch nachvollziehen. Den ersten deutlich ungläubigen Blick ernte ich an dem Punkt, an welchem der falsche Hase mir seinen 911er Schlüssel übergibt. Warum sollte der Café-Besitzer ausgerechnet mir langhaarigem Arbeitslosen seinen Porsche anvertrauen? Der Advokat schenkt sich die Nachfrage, weil er ein Schulterzucken meinerseits vorausschaut. Ich berichte unbeirrt weiter, vom Unbehagen einerseits, meinen offenen Rechnungen andererseits und der Verlockung die von einem 911 SC ausgeht. Auf seiner Stirn erscheint mir eine Leuchtschrift: Der arme Heini. Ich überlege, ob ich weiterreden soll. Da muss ich jetzt durch. Ich erzähle wie mich die Neugier weitertreibt und wie ich beschließe nur mal zu gucken. Wo ich dann schon mal vor dem Wagen stehe, kann ich mich auch einmal reinsetzen. Warum haben Sie nicht sofort die Polizei gerufen? Was sollte ich ihr denn sagen? Mein Chef drückt mir seinen Porscheschlüssel in die Hand und nötigt mich nach Rotterdam zu fahren. Das ist doch nicht strafbar! Eins zu Null für mich. Den mysteriösen Unbekannten nimmt er mir nicht ab, noch nicht, in Gedanken habe ich ihn bereits portraitiert. Der wird wohl kein unbeschriebenes Blatt sein. Jetzt hätte ich doch die Polizei rufen können. Ausgleich. Auf der Stirn des Advokaten erscheint: Armer Trottel. Eine Vollbremsung des Gespanns vor mir bringt mich ruckartig in die Echtzeit-Realität. Ich steige beherzt in die Eisen und komme knapp hinter dem Hobby zum Stehen. Ein hastiger Blick in den Rückspiegel lässt meinen Atem erneut stocken. Mit einem Affenzahn, in der Zeitung würde man ›mit nicht angepasster Geschwindigkeit‹ lesen, kommt ein GTI herangeprescht. Hoffentlich knallt der mir nicht hinten drauf. Unwillkürlich ziehe ich den Kopf zwischen meine Schultern. Leichenblass ist der Fahrer, als er schätzungsweise eine Haaresbreite hinter dem 911er sein Geschoss stoppen kann. Der mittelalte Fahrer des Gespanns, weißes Polo-Shirt, blaue Windjacke, karierte Hose und eine Baseball-Kappe mit dem Schriftzug eines Fun-Parks, kommt auf mich zu, stellt sich vor und fragt mit leichtem holländischen Akzent, ob alles okay ist. Mittlerweile mit dem Fensterheber vertraut kann ich souverän bleiben, nicke gelassen und beteuere ihm, dass ich bester Gesundheit bin und gerne meine Fahrt fortsetzen würde. Nein, es ist wirklich nichts passiert und es ist nicht nötig die Polizei zu alarmieren. Der GTI Fahrer scheint noch unter Schock zu stehen, während wir uns mühen das Gespann an den Straßenrand zu bugsieren, denn der Motor seines alten Benz scheint sich überhitzt zu haben. Der freundliche Mann bedankt sich bei mir überschwänglich und lässt sich nochmals bestätigen, dass es nicht nötig sein wird, die Gesetzeshüter zu rufen. Es sei nichts geschehen. Mit quietschenden Reifen und einer Dose Red-Bull am Hals braust der immer noch blasse GTI Fahrer aus Gummersbach an uns vorüber.
Interessiert schaut sich Ad van Daam den Porsche an. Er hätte vor einigen Jahren auch mal so einen besessen. Ein tolles Auto stellt er mit Bestimmtheit fest und am liebsten würde er eine Probefahrt unternehmen, doch ich
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