Einzelkaempfer
erkläre, dass der Wagen nicht mir gehöre, zu meinem größten Bedauern. »Aus Siegen«, sagt er und blickt vom Kennzeichen wieder auf. »Kenn ich«, fügt er an. »Da ist doch dieser Maler her, sagt man. Drei Städte haben sich um seine Herkunft gestritten, Köln, Siegen und Antwerpen. Rubens.« »Ja genau, der mit den rundlichen Weibern«, ergänze ich und gebe mich ahnungsvoll. »Richtig gelebt hat er wohl nicht dort. Siegen ist lediglich seine Geburtsstadt, heißt es. Und Sie waren mal da?« »Ja, erst kürzlich in dem Museum für Gegenwartskunst und an der Uni.« »Hatten Sie dort beruflich zu tun«, plaudere ich weiter, um ja nichts von mir erzählen zu müssen. »Ja, auch«, gibt er knapp Auskunft. Offensichtlich will er wie ich nicht zu viel preisgeben. Ich werde die Gelegenheit für eine Pause nutzen und gemeinsam fahren wir schweigend, dem Motor lauschend auf den nächsten Rastplatz, von dem Ad seinen Schwager, der Automechaniker ist, anrufen möchte. Ich parke nah am Eingang und der Niederländer stemmt sich aus dem bodennahen Sportwagen in die Höhe. Wie das Pech es will, klebt der blöde Post-It jetzt an Ads Hinterteil und mit dem Zettelchen am Po verschwindet er in der Raststätte, kommt natürlich ohne wieder heraus. Ich lasse Ad am Lenkrad sitzen und er kommt ins Schwärmen. Was ich in Rotterdam will, fragt er und ich erkläre, dass ich schon immer den weltgrößten Hafen besichtigen wollte. Ich müsse unbedingt eine Rundfahrt auf dem Pfannkuchenboot machen, das wäre ein Genuss, sagt er, während seine Hände zärtlich über die Ledersitze streicheln. Ich lasse Ad keinen Moment aus den Augen, denn meine Sinne sind scharf wie die Chilisoße vom Mexikaner in Puebla. Irgendwie scheint mir Ad zu freundlich. In meiner Phantasie sehe ich, wie er einen Peilsender in der Mittelkonsole verschwinden lässt und sein Schwager mit Hundestaffel nebst einem Aufgebot der Drogenpolizei um die Ecke braust. Mich sehe ich im Kittchen bei Wasser und Brot und ich freue mich, dass ich in Europa in den Schlamassel geraten bin statt in Marokko. Bei seinem Versuch den Kofferraum zu öffnen scheitert er und ich ahne Übles. Doch wer wird schon Drogen in die Niederlande einführen, der übliche Weg ist ein umgekehrter. Mein Name ist Hase, ich weiß von nichts. Nur der falsche Hase wird es wohl wissen, denn sonst wäre nicht ich hier. Ad gibt mir seine Visitenkarte und sagt, ich solle ihn besuchen. »Klar, wenn ich noch mal in der Gegend bin«, sage ich und will endlich aus der Reichweite des freundlichen Mannes. Auch will ich den Zettel wieder finden. Je länger ich hier mit ihm smalltalke, desto geringer meine Chance, an die verdammte Handynummer zu gelangen. Das Anspringen eines Reisebusses aus Tschechien übertönt seine Worte und durch die schwarze Dieselrußwolke kann ich seine Mimik nicht weiter deuten. Wahrscheinlich hat er so was wie gute Reise gesagt. Ich müsse mal ums Eck verabschiede ich mich gestikulierend von ihm und starte, den Blick starr auf den Boden gerichtet, meine Suche. Erfolglos, wie sich nach fünfzehn Minuten herausstellt. Was erwarten die denn von mir?! Mist, vermaledeiter. Vielleicht ist es ja auch besser so. Jetzt kann man keine Verbindung zwischen mir und den mutmaßlichen Verbrechern herstellen.
Ad scheint schon abgeholt worden zu sein, denn als ich zu dem Wagen komme, ist er nicht mehr dort. Sicherheitshalber gucke ich in der Mittelkonsole nach, taste auch unter dem Lenkrad und lasse selbst eine Untersuchung der Fuchsfelgen nicht aus. Es scheint mir so, als wäre nichts dort, was nicht dahin gehört. Warum ich denn nicht jetzt die Polizei angerufen hätte? Die Deutsche, die Niederländische – brülle ich den Advokaten an – warum sollte ich denn jetzt anrufen, wo ich bisher darauf verzichtet hatte! Da kenne er mich aber schlecht. Wenn ich etwas anfange, dann bringe ich es auch zu Ende. So oder so. Es tat gut, den bornierten Typ im Geiste anzuschnauzen. Ich fühle mich ein bisschen wie ein Detektiv. Genau so würde ich vorgehen: wenn ich Genaueres weiß, werde ich die Polizei alarmieren und Schluss mit der Debatte.
Ob Holländer, besser gesagt Niederländer, Einladungen so meinen wie Amerikaner, frage ich mich auf dem Weg nach Rotterdam. Es sind nur noch 20 Kilometer bis zum Ziel. Immer wieder schaue ich in den Rückspiegel, doch ich kann keine Verfolger ausmachen. Von zahllosen Krimi-Folgen weiß ich, dass die Polizei sowieso ihre Verfolgerwagen ständig wechseln würde.
Zum ersten
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