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Einzelkaempfer

Einzelkaempfer

Titel: Einzelkaempfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sinje Beck
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Mal in meinem Leben spüre ich Stiche in der Brust. Mir wird heiß und kalt und ich beginne zu hyperventilieren. Ruhig bleiben, sag ich mir, du hast es gleich geschafft. Noch 10 Kilometer bis Rotterdam. Ich wünschte, ich hätte den Willemsplein schon gefunden und könnte endlich den verfluchten Wagen abstellen. Ich halte es vor Spannung nicht mehr lange aus und sehe mich eines Infarktes erliegen. Die Detektiv-Stimmung ist schnell dahin. Ich hab Schiss. Ruhig bleiben Heiner, ganz ruhig. Tief ein- und ausatmen. Vor allen Dingen ausatmen. Die Luft muss raus, vielleicht ist es nur so eine Art Seitenstechen, wie man es aus dem Schulsport kennt, wenn einen die verhasste knöchrige und burschikose Sportlehrerin zum dreißigsten Mal durch die öde Halle jagt. Ich beginne ein Lied zu summen: I am sailing, I am sailing hmmhmhmmhmmm, Rod Steward. Das Lied verfehlt seine Wirkung nicht, meine Atmung normalisiert sich wieder, so auch das Gefühl in der Brust. Mein Herz wummert, aber nichts sticht mehr. Es war wohl die falsche Atmung, beruhige ich mich und denke an die vielen Kreise, die ich als Schüler in der miefigen Schulsporthalle gezogen habe. Immer im Kreis herum. Im Kreis scheine ich mich auch zu bewegen, stehe ich schon wieder vor einem Kreisel, der mir irgendwie bekannt vorkommt. Hier war ich schon mal, wenn sonst nichts sicher ist, so viel ist sicher. Okay, ich entscheide mich für ›Alle Richtingen‹. Wie es manchmal in Träumen üblich ist, gelangt man an einen Ort, den man aufzusuchen beabsichtigt hatte, ohne zu wissen warum und wie man dorthin gelangt ist. So ergeht es mir, als ich endlich den 911 SC, ein Traumauto, das mir zum Albtraum wird, irgendwo am Niewe Waterweg auf dem Willemsplein abstelle.
     

12
    Mittlerweile ist es dunkel geworden und ich bezweifle, dass noch eine Hafenrundfahrt angeboten wird. Steif und starr, wie in den Sportsitz geklebt, kann ich mich kaum rühren. Rod Stewart ist längst fertig mit seinem Lied und ich versuche mich mit der Titelzeile: And I like it, I like it, I like it, I lalalalalalalike it, lalalalike it, here we goooo, rocking all over the world von Status Quo zu motivieren, weiter auf dem unbestimmten Pfad der möglichen Kriminalität zu wandeln. Sie sind nicht vorbestraft, das könnte Ihr Strafmaß mildern, spricht der Advokat. Status Quo hebt zur zweiten Strophe an und ich steige aus, schließe ab und stehe in der kühlen Brise, die mir vom Hafen entgegen weht. Gigantisch, wie erhobene Zeigefinger der Mahnung ragen die schwarzen Kräne in den dunklen Himmel. Himmelarschundzwirn – der Lehrer von einst meldet sich jetzt auch noch zu Wort und fragt, was ich hier mache. Und wie schon oft in der Schule fühle ich mich ertappt und werde ganz klein, ziehe den Kopf ein und denke, es wäre besser nicht hier zu sein. Gute Idee, nichts wie weg von dem Wagen. Was hatte der falsche Hase instruiert, sollte ich offen lassen? Nee, das hätte er ausdrücklich sagen müssen, denn einen 911 lässt man nicht unverriegelt. Da ich nicht so recht weiß wohin, bewege ich mich in einem Radius von 50 Metern um den Wagen rum. Ich will wissen, was jetzt abgeht und wofür ich im schlimmsten Fall bestraft werden könnte, außerdem habe ich keine Lust mich zu verlaufen, was typisch für mich wäre. Ja, Mann, ich gestehe es ungern, ich habe wenig Orientierungssinn und bei mir greift die These nicht, dass Männer sich deshalb besser durch das Straßenwirrwarr navigieren können, weil sie früher durch die Steppe hechteten, auf der Jagd nach Büffeln und Wildschweinen. Ich tröste mich mit dem Gedanken, dass ich eine Stufe weiter durch die Evolution bin, als die Querfeldein-Artgenossen von der Bundeswehr, beispielsweise, die immer zu wissen haben, wo der definierte Feind steht. Das weiß ich nun wirklich nicht.
     
    Diffuse Überreste eines Urinstinkts scheinen noch vorhanden, denn ich fühle mich beobachtet. So genau ich auch gucke, ich kann niemanden entdecken. Wahrscheinlich bin ich völlig überspannt. Hunger und Durst plagen mich auch, zudem kriecht eine feuchte Kälte unter meine Jacke. Ich will nach Hause! Und gehe in Deckung hinter einem Touristen-Informations-Schild, als sich verdächtige Gestalten dem Porsche nähern. Einer der Männer winkt einen Abschleppwagen herbei und ich beobachte, wie sie den Wagen auf die Rampe ziehen. Das darf doch nicht wahr sein, habe ich etwa im Halteverbot geparkt? Nein, mir passieren bisweilen einige Pannen, aber die Parkverbotszonen erkenne ich. Auch sehe ich im

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