Einzelkaempfer
Scherzkeks. Ich trinke aus, zahle und verlasse die Bar. Draußen ist es sternenklar, drinnen erklingen Eurythmics Sweet Dreams und aus dem zuckenden Augenwinkel erkenne ich, wie der Barkeeper zum Telefon greift.
Was hat er gesagt? Rechts, dann 500 Meter geradeaus, an der Ampel die Straße überqueren, danach die zweite links. Ich fühle mich allein, die Straße wirkt verlassen, doch so allein bin ich nicht. An die Ampel gelehnt, auf der anderen Seite, steht ein junges Mädchen. Freie Fahrt für freie Bürger, auch hier. Es ist, als wäre das grüne Männchen eingeschlafen, entführt worden, gestorben. Es zeigt sich nicht. Das Mädchen, gut sichtbar angestrahlt von einer gespenstisch, bläulich illuminierten Reklametafel, fast so, als wäre sie dort eigens für diesen Zweck aufgebaut, schlenkert lässig das eine Bein vor das andere. Sie streckt sich ein wenig, Schultern nach hinten, Brust raus, Bauch rein, das Kinn lasziv ein wenig vorgereckt, Blick gesenkt, gelangweilt. Sie zeigt mir ihre Schokoladenseite, so als wäre ich der große kleine Lagerfeld. Eine Verwechslung. Sie probt und hofft auf ihre Entdeckung. Die Szene lässt mich an im Original ausgestrahlte französische Filme mit minimalen Dialogen und noch sparsameren Untertiteln denken, akzentuiert beleuchtet, irgendwie geheimnisvoll, letztendlich mir oft unverständlich. Ich lauere auf das grüne Männchen. Endlich, der Strichjunge zeigt sich, leuchtet und erlaubt mir die Seite zu wechseln. Das Mädchen bleibt stehen. Auch eine Taktik. Nichts tun und warten. So, jetzt links und ah, da ist sie. Die Stelle an der die Bedürfnisse der Reisenden und ihrer Vehikel gestillt werden. Vom Sonntagsbrötchen bis zum Ölwechsel. Der Frostschutz reicht noch für vierzehn Monate sibirischen Winter, schön, dass mir das mal einer gesagt hat. Damals, als ich mit Marie nach Sizilien fahren wollte, den Wagen checkend, das Gepäck schon verstaut. Die Angetraute kaute Reste des Vierkorn-Toastes. Immer fällt dir das im letzten Moment ein. Das hättest du doch auch gestern schon machen können. Ja, ja, krümle weiter, ich werde den Urlaub genießen, ganz egal was geschieht, der Motor wird nicht überhitzen.
»Dank u wel.« Der Stadtplan in der Hand gibt mir Halt. Ich verlasse den Shop und hocke mich zwischen die Hochleistungssauger und Reifendruckmesser, entfalte das Papier, patentgefalzt und schrecke hoch. Wenn das da eben nicht die Stimme des krummbeinigen Komplizen Blackys war. Der sachte Wind weht Wortfetzen zu mir herüber. Ich verlasse den Lichtkegel und schlendere den Plan vor der Nase so unauffällig wie möglich – bohr ein Loch hinein – nein Kalle, das ist jetzt wirklich zu albern, um die Zapfsäulen, um die Waschanlage, um die Kloecke und da steht er vor mir: Porsche 911 SC. Juchhee! Ich hab ihn. Nur die beiden Männer im Hintergrund halten mich von einem Freudentänzchen ab. Ich drücke mich an die Damenklotür mit ausgewiesener Wickelmöglichkeit. Bleib jetzt ganz ruhig. Nichts überstürzen, vielleicht sind die bewaffnet. Bestimmt, der Advokat nickt heftig. Du musst den Wagen zurückklauen. Klauen ist nicht meine Stärke. Erst mal die Lage peilen. Was geht hier ab? Annahme eins, arbeitet sich der Anwalt an das Thema heran, der Krummbeinige soll das Auto hier übergeben und es ist eine Absprache unter Verbrechern. Der zweite Mann winkt ab und lässt den mir bekannten stehen. Der flucht, tritt unwirsch gegen einen Stein. Annahme zwei, der Krummbeinige soll den Wagen verschwinden lassen und zwar im Hafenbecken oder auf dem Schrott, wittert ein Nebengeschäft und will das Auto verkloppen. Krummbein ruft den zweiten Mann zurück: »Okee«. Der dreht auf dem Absatz, als hätte er damit gerechnet, greift in seine Manteltasche und zählt dem Verkäufer Geld in die Hand. Viele kleine Scheine. Annahme drei, hier läuft eine ganz ordinäre Geldwäsche. Ich glaube, der Advokat schweift ab.
Falt den Plan zusammen! Heiner, du bist gemeint. Jetzt, du musst jetzt die Fahrertür aufreißen, dich hinters Lenkrad klemmen und, hol schon mal den Schlüssel aus der Tasche, du darfst keine Zeit verlieren. Ein Ablenkungsmanöver, du brauchst ein Ablenkungsmanöver. Verdammt, was soll ich denn machen? Die zählen immer noch, rechnen nicht mit mir, stehend hinter dem Auto auf der Beifahrerseite. Wedle mit dem Plan und ruf was, rät Kalle. In dem Moment als ich Hallo rufe, springt die Waschanlage an. Die Autoschieber drehen sich zu mir um, ich drehe mich zur Waschanlage,
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