Einzelkaempfer
ähnlich erschrocken. Drei rotierende, riesige Rollen nähern sich mechanisch einem nachtschwarzen Chevy-Pickup. ›Bad Boys – bad Toys‹, prangt wie eine erklärende Überschrift auf dessen Frontscheibe. Das Rollen-Vorspiel ist beendet und die nassen Fasern beginnen ihren schmutzauflösenden Job. Als ich wieder zum Porsche schaue, sind die Typen verschwunden. Ein unkalkulierbares Risiko, wie der ganze Plan. Deine Chance, lauf los, sagt Kalle. Zögerlich, die Maskerade des hilflosen Touristen aufrechterhaltend, näher ich mich dem Porsche, rufe noch mal Hallo. Die Kerle sind nicht in Sichtweite. Ich vielleicht in ihrer, aber egal, nur noch zwei Schritte trennen mich vom Wagen. Nicht umschauen, rein und weg. Noch ein Schritt, sie kommen. Ich rein, Schlüssel nicht fallen lassend, Schlüssel rein, hoffentlich klappt das jetzt, Boxer an und los. Ein Hubbel, ich bin über einen Hubbel gefahren. Es war ein Fuß. Krummbein liegt auf dem Boden, wälzt sich und heult. Der Käufer reißt ihn auf die Beine, schüttelt das Geld aus ihm heraus, nehme ich an, denn ich muss jetzt weiter fahren, nach vorne blicken. Der Motor jault auf, schalten wäre echt ne gute Idee, murmelt der verhinderte Fahrlehrer in mir. Ich schieße über die Kreuzung, das Mädchen steht immer noch so da, die Ampel grün für freie Bürger.
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Die Polizei würden die Kerle bestimmt nicht informieren, vielleicht ihre Komplizen. Aber, beruhigt mich der Advokat, gehen wir von Annahme zwei aus, dann hast du erst mal nichts zu befürchten.
Doch Quo Vadis, wo gehste, wie mein früherer Blechschlosser Kollege aus dem Ruhrpott fragte. Fahrend würde ich nicht lange weiterkommen. Die Tankanzeige gibt beunruhigende Signale. Mein Portemonnaie ist ähnlich leer wie mein Kopf. Das Auge zuckt noch immer. Die einzige Konstante in der Gleichung mit zu vielen Unbekannten. Besinn dich, halt an, ja, dahinten, unter der Baumgruppe. Ein Fest für Hunde, denn es war die erste Baumgruppe, die mir auffiel. Musst ja nicht aussteigen. Kot im Sohlenprofil ist nur was für Leute, die sich nervlich in der Lage befinden, das zu verkraften – nur so eine Theorie.
Zu viele Unbekannte, sinniert der Advokat, überleg mal, wen du hier in der Nähe kennst. Vielleicht können wir da unterkriechen. So weit sind wir schon, er sitzt mit mir im gleichen Boot. Ich bringe die 188 PS zum Stehen, hoooo. Kenne ich überhaupt jemanden, bei dem ich unterkriechen könnte. Meine Schwester wohnt derzeit in Den Haag, zu weit, auch weiß ich nicht wo genau. Nur, dass sie da zusammen mit ihren aktuell drei leiblichen, zwei Pflegekindern, ihrem Mann und seinen zwei Söhnen haust. Geht’s mir gut, meistens. Die Visitenkarte in meiner Tasche fällt mir ein und die alte Frage, ob Niederländer ihre Einladungen so meinen, wie sie sagen. Wer, wie, was, der, die, das, wieso, weshalb, warum, wer nicht fragt bleibt dumm ... saust mir das Lied aus der Sesamstraße durchs Hirn. Ich fahre zu Ad, soweit das Benzin reicht. Der nun nicht mehr patentgefalzte Plan gibt mir Auskunft über meine einzuschlagende Fahrtrichtung. Es heißt, die halbe Stadt zu durchqueren. Dann wollen wir mal. – Tausend tolle Sachen, die gibt es überall zu sehen ...
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Verdammt dunkel hier, wenn nicht gleich ein Straßenschild kommt, bin ich eben falsch abgebogen oder Schildblind. Mein Augenlid zuckt noch immer, unregelmäßig, mal heftig, mal sacht. Ich werde noch 50 Meter in diese Richtung fahren, um sicher zu gehen, falsch zu sein, dann umkehren und die andere Straße nehmen. Wie ich das hasse! Viele Irrwege kann ich mir nicht mehr erlauben. Die Tankanzeige hat aufgegeben, ich glaube der Wagen fährt per Vakuum. Er müsste rappelleer sein. Ich fahre ein Wendemanöver, wie ich es immer schon mal vor, aber nie gewagt hatte: Handbremse. Wow, das war scharf. Scharf an der hohen Bordsteinkante vorbei, meckert der Advokat. Kalle hingegen gluckst vor Vergnügen. Den Stadtplan habe ich längst auf den Rücksitz geworfen und mir einige Straßennamen gemerkt, die in Ads Wohnnähe liegen. Jetzt müsste ich gleich da sein. So viele Möglichkeiten kann es hier nicht mehr geben, zum Kuckuck. Der Porsche ruckelt, der Motor gibt Spucklaute von sich und leise rollt der Wagen am Straßenrand aus. Shit. Stille ringsum, noch nicht einmal ein Vogel zwitschert. Okay Trapper, zu Fuß weiter! Es ist bedrückend, so leise. Vorsichtig schließe ich die Tür des Porsches. Sie verursacht nur ein verhaltenes Wuff, was in meinen Ohren und dieser
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