Einzelkaempfer
kann nur durch seine Jugend entschuldigt werden, aber so Unrecht hat er mal wieder nicht. Ich werde meinen Teilzeitboss direkt anschnauzen, was er sich denn dabei gedacht habe, mich hierher zu schicken, wo er doch genau wusste, dass ich den Wagen nicht zurückbringen kann, der Betrüger der. Um meine paar Kröten wolle er mich prellen. Aber, da habe er sich den Falschen ausgesucht. So nicht, nicht mit mir. Das wird ein Nachspiel haben. So, oder so ähnlich würde ich verfahren und ihm keine Gelegenheit zum Kontern geben.
Nach dem dritten Läuten geht jemand dran, der nur ein ›Ja-Bitte‹ von sich gibt. Ich ziehe es vor mich nicht mit Namen zu melden, weiß der Kuckuck, wer gerade am Hörer ist. Am besten ich lasse jetzt schon laut werden, dass mit mir nicht zu spaßen ist und belle ins Telefon, dass ich sofort den Boss sprechen will. Er sei verhindert sagt mir Mr. Noname, worum es gehe. Kauzig gebe ich zur Antwort, dass das nur den Boss und mich betrifft und er mich jetzt nicht länger hinhalten soll. »Hier spricht Kommissar Schneider, geben Sie mir Ihren Namen und ...«, weiter höre ich nicht zu, denn als hätte das moderne Mobilteil des Siemens Telefons mir ein Loch in die Hand gebrannt, lasse ich es, wenn auch mit Vorsicht, auf den Tresen fallen.
Na, Kalle Neunmalklug, damit hast du auch nicht gerechnet. Ist doch ganz einfach, mischt sich der Advokat ein, die Sache ist erledigt, vom Tisch, du bist aus dem Schneider. Nein, ich bin dem Schneider jetzt bekannt. Ich rechne sekündlich damit, dass das Telefon läutet. Ob der Kommissar damit rechnet, dass ich damit rechne, denn es bleibt ruhig. Er wird die Nummer checken lassen, bevor er anruft. Das Zucken meines Augenlides drängt sich wieder in mein Bewusstsein. Wenn ich wüsste was passiert ist, was der falsche Hase der Polizei gesagt hat, wenn er was gesagt hat. Die BMW-Staffel kommt mir in den Sinn, die während ich die Parkgarage verließ hineinfuhr. Es werden die Bullen gewesen sein. Jede Menge Zeit war seither vergangen, genug, um die verlogensten Geschichten des falschen Hasen zu protokollieren. Der würde seine Hände in Unschuld baden. Ich war es, der ihm den Arsch gerettet hat, durch das Beiseiteschaffen der Beweise – welche auch immer ihren Platz im Kofferräumchen gefunden hatten. Himmel Heiner, lass dir was einfallen, sagt meine Schwester mit jener Verzweiflung in der Stimme, wie ihn ältere Schwestern so an sich haben, wenn ihr kleiner Bruder was angestellt hat, in der Zeit als sie auf ihn achten sollten, stattdessen aber mit der ersten Liebe geknutscht haben. Henriette, genannt Henne, damals süße 16, wurde doch glatt beim ersten Mal schwanger, während sie empfing klaute ich, zehneinhalb, meinen ersten und einzigen Mars-Riegel und wurde glatt dabei erwischt. Ich sehe ihn noch vor mir, den rotgesichtigen Inhaber des kleinen Lädchens auf dem Heidenberg, seine Nase an meiner Nase, er brüllt mir feucht ins Gesicht und schüttelt meinen Namen aus mir heraus. Gesagt hatte ich ihn nicht, er purzelte aus meinem Anorak. Auf der Aufhängeschlaufe stand in meiner kindlichen Schrift Heiner Himmel geschrieben. Damals war mir zu Hause nichts Strafmilderndes eingefallen und es setzte für Schwesterchen und mich eine ordentliche Tracht Prügel, bei der ein Kochlöffel und ein letzter Rest Achtung für die Person, die uns auf die Welt gepresst hatte, zu Bruch ging. Kommissar Schneider ruft nicht an, das Telefon schweigt beharrlich und der Barkeeper schaltet das kleine tragbare Fernsehgerät an. Dort läuft eine Reportage über das Schaffen Vincent van Goghs, der 2003 sein 150-jähriges Jubiläum feierte und die Niederlande mit ihm. Ein Bild wird eingeblendet. Ein strubbeliger Herr erzählt etwas dazu. Zu viel Text, den ich nicht verstehe. Ich wende mich ab, starre in die Kaffeeschwärze. Wenn man nur eines dieser Gemälde besäße, hätte man durch den Verkauf die nächste Zeit ausgesorgt. Schweif nicht ab, mahnt der Advokat – immerhin hält meine Mutter jetzt die Klappe – du kannst nicht hier rumhocken und nichts tun. Du brauchst einen Plan, ergänzt Kalle. Klar, einen Stadtplan, dann könnte ich mich gezielter auf die Suche nach dem Porsche begeben. Jedenfalls muss ich hier weg. Denn wenn der Kommissar anrufen sollte, will ich nicht mehr hier sein. Ich frage nach einem Plan von Rotterdam, der Barkeeper hat einen, den er aber behalten will. Er zeigt mir den Weg zur nächsten Tankstelle, die so viele Pläne haben, dass sie die verkaufen, der
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